Bauer und Prinz
Filmtipp: Der Bauer und sein Prinz
Haben Sie auch schon mal in einem Vorstellungsgespräch einfach ja gesagt und wussten nicht, was auf Sie zukommt? So ähnlich ging es David Wilson, dem charismatischen Farmmanager von Prinz Charles. Vor dreißig Jahren fing er allen Unkenrufen zum Trotz an, die ökologische Vision seiner königlichen Hoheit in die Tat umzusetzen. Inzwischen pilgern Bauern aus ganz Großbritannien zur „Duchy Home Farm“ in Cotswold (südlich von Oxford), um zu erfahren, wie man im Einklang mit der Natur wirtschaftet. Slow Food Deutschland ist ideeller Partner des Films. Ira Schneider hat den Film in einer Preview gesehen und stellt ihn vor.
Eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und Persönlichkeiten
Der 80-minütige Film des renommierten Filmmachers Bertram Verhaag über eine der bekanntesten Biofarmen Europas besticht nicht nur durch eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und persönliche Gespräche mit dem „Bauern und seinem Prinzen“ über Nachhaltigkeit, sondern zeigt auch einen Prinz Charles wie man ihn noch nicht kennt. Ein Mann mit Tweedmütze, Schutzbrille und Handschuhen schneidet Äste zurück. Als er die Brille abnimmt, erkennt ihn jeder zweifelsohne als „Royal mit dem grünen Daumen“, den britischen Thronfolger Prinz Charles. Am Beispiel der lebenden Hecke erklärt die Königliche Hoheit den Aspekt Kulturlandschaftsschutz und Artenvielfalt, der ihm seit dem Kauf des Landsitzes „Highgrove“ in den 1980er Jahren auch praktisch am Herzen liegt. Mit einem Landgut, das er von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umstellte, wollte er ein Exempel statuieren.
Als 1985 der Farmmanager David Wilson im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs mit der Vision des Prinzen konfrontiert wird und in Aussicht auf eine Anstellung leichtfertig beteuert, dass eine Realisierung der Idee machbar sei – kann das Experiment mit dem Duo „Bauer und Prinz“ an der Spitze starten. Dass aller Anfang schwer ist, verschweigen die beiden der Kamera von Filmemacher Bertram Verhaag nicht. Offen sprechen sie über Missgeschicke in den ersten Jahren und ihren Willen, die Dinge trotz Rückschlägen weiterzuentwickeln und die Farm gewinnbringend zu führen.
Prominente Wegbegleiter: Vandana Shiva und Auma Obama
Zwischen den Außenaufnahmen blendet die Kamera immer wieder in die Küche der Familie Wilson, wo „im Kleinen“ große Dinge vorbereitet und ausgetüftelt werden. So backt David Wilson vom hofeigenen Getreide Brot, um die Qualität zu überprüfen. Ebenso schwenkt das Kamera-Auge auch in eine Mühle, die von der Farm beliefert wird und stellt prominente Wegbegleiter wie Vandana Shiva oder Auma Obama vor. Diese berichten von der Arbeitsweise in der ökologischen Landwirtschaft an sich und den Treffen mit Prinz Charles. Der Initiator und Producer des Films Bernward Geier, der 18 Jahre lang Direktor des Bio-Weltdachverbands IFOAM war, ist seit vielen Jahren mit Farmer David Wilson befreundet und konnte auch die Kontakte zu Prinz Charles herstellen.
Dokumentarfilmspezialist Bertram Verhaag ist es gelungen, über den Zeitraum von fünf Jahren Drehzeit ein ehrliches Portrait der Menschen auf und rund um die Duchy Home Farm einzufangen und dabei die besondere Arbeit im ökologischen Landbau, seine Ziele und Sinnhaftigkeit für jedermann verständlich rüberzubringen.
Auch wenn die Naturbilder zwischen den Interview-Sequenzen verklärend schön sind, so zeichnet der Film keineswegs das Bild einer entrückten Welt, sondern einen Gegenentwurf zum Sog der Masse, welcher zum Innehalten anregt.
Da der Film außerhalb von Europa und in England nicht gezeigt werden darf, erwartet das deutsche Publikum erst recht ein exklusiver Film-Genuss, der zum Weiterdenken anregt.
Text: Ira Schneider, freie Journalistin und Mitglied im Slow Food Convivium Bergisches Land
Fotos: © Denkmal-Film
Interview: "Dickste Bretter bohren"
Neun Jahre hat es von der Idee über den ersten Kontakt bis zur Fertigstellung des Films gedauert. Nicht jeder Filmemacher behält die Lust an einem solchen Projekt, finanziert es auf eigene Kappe und verfolgt sein Ziel ähnlich ausdauernd wie „der Bauer und sein Prinz“ die Bio-Landwirtschaft. Anlässlich des bundesdeutschen Kinostarts unterhielt sich die Journalistin und Slow-Food-Aktivistin Ira Schneider mit dem Filmemacher Bertram Verhaag (BV) und dem Initiator sowie Producer Bernward Geier (BG).
slowfood.de: Worin bestanden die besonderen Schwierigkeiten – einen Dokumentarfilm wie diesen zu realisieren?
BG:Nach viel bürokratischem Aufwand und mit Finesse gelang es mir vom königlichen Pressebüro eine exklusive Drehgenehmigung für einen Film über die Farm zu bekommen. Mit dieser einzigartigen Drehgenehmigung und den visionären Protagonisten Prinz Charles und seinem Farmmanager David Wilson versuchte Bertram TV-Sender zu interessieren, was ihm nicht gelang. Bertram begann also ohne Förderungen und Fernsehbeteiligung die Dreharbeiten – auf eigene Faust und vor allem auf eigene Rechnung – denn wer würde so eine Drehgenehmigung in den Wind schießen?
Welche weiteren Hürden gab es bei den Dreharbeiten zum Film?
BG: Bei den Dreharbeiten auf dem Hof waren bei allen Tonaufnahmen Vertreter des königlichen Pressebüros anwesend, die zwar auf jedes Wort achteten, aber im Hintergrund blieben und praktisch nicht eingriffen. Wenn man einen Film über die Bio-Farm von Prinz Charles und seine Visionen macht, ist es unausweichlich auch ein Interview mit dem Prinzen zu drehen. Das Pressebüro blockte drei Jahre lang ab und gab uns keinen Termin mit Prinz Charles. Das war natürlich für mich eine Herausforderung und bedeutete das Bohren dickster Bretter. Zu einem offiziellen Auftritt von Prinz Charles flogen wir nach England wo ich mit einem Trick dem Prinzen persönlich und vor allem ohne „Hofstaat“ sprechen konnte. Das war erfolgreich, denn eine Woche später war die heiß ersehnte Drehgenehmigung für ein exklusives Interview da. Für den zweiten Drehtermin mit ihm brauchte ich dann kein halbes Jahr.
BV: Wir führten zwei Interviews mit Prinz Charles. In beiden spricht er in einer Deutlichkeit über seine Sicht auf die Landwirtschaft, die der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt und atemberaubend ist. So entwickelte sich aus dem Rohdiamanten ein schillernder, mit vielen Facetten funkelnder Brillant, der aber leider außerhalb Europas und insbesondere in England nicht gezeigt werden darf – eine Order ohne Begründung vom königlichen Pressoffice – das vermutlich verhindern will, dass sich Charles als „grüner Prinz“ weiter profiliert. Im deutschen Fernsehen sind zwar einzelne Redaktionen begeistert von dem Film, aber immer noch unsicher, ob sie ihn zeigen können, denn er mag sich so gar nicht in die vorgegebenen Sendeformate pressen lassen. Trotz diesen Unwägbarkeiten sind wir stolz, dass der Film nun endlich in die deutschen Kinos kommt und ihn viele Menschen sehen können. Es ist mit Filmen eben manchmal so wie in der biologischen Landwirtschaft – ein Schritt folgt dem nächsten und am Ende setzt sich Qualität durch.
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere am Film?
BV: Der Film begleitet ein Mitglied der englischen Königsfamilie, das die Vision hat, die Welt ökologisch zu ernähren und die geschundene Natur zu heilen. Dieses Ziel verfolgt Prinz Charles mit seinem charismatischen Farmmanager David Wilson bereits seit über 30 Jahren. Der Film zeigt mit poetisch eindrücklichen Bildern, wie ökologische Landwirtschaft funktioniert und welcher Nutzen und welche Heilkraft von ihr ausgehen. Der Film beobachtet die beiden Visionäre über einen Zeitraum von fünf Jahren durch alle Jahreszeiten hindurch. Das Ergebnis ihrer Vision und Arbeit ist die „Duchy Home Farm“. Bauern aus ganz Britannien und auch aus dem Ausland pilgern an diesen Ort und holen sich dort die Zuversicht und das Wissen, ihre eigene Landwirtschaft umzustellen. Prinz Charles erscheint in einem gänzlich ungewohnten Licht, das den Zuschauer anhält, Vorurteile gegenüber ihm und der ökologischen Landwirtschaft über Bord zu werfen.
Was ist die Vision von Prince Charles?
BG: Schon vor 35 Jahren setzte Prinz Charles seine Vision von Landwirtschaft um, die inzwischen viel beachtet und beispielhaft für England und die gesamte Welt ist. Der Prinz setzt auf Landwirtschaft ohne Kunstdünger, Gifte und Gentechnik, mit artgerechter Tierhaltung und beweist, dass durch Förderung der Bodenfruchtbarkeit und der Biodiversität eine finanziell rentable Farm funktioniert.
BV: Diese Vision von Landwirtschaft entwickelte er zu einem Zeitpunkt, als wir noch nicht mal das Wort „nachhaltig“ kannten und „biologisch“ mit „Müslijüngern“ in Verbindung brachten. Eine Seite, die man nicht von dem Prinzen kennt, der normalerweise als ewiger Thronanwärter von der Presse verhöhnt wird. Insgesamt drehten wir fünf Jahre viele einzigartige Situationen in und um die Farm mit dem charismatischen Farmmanager David Wilson, der uns mit seinem unverwechselbaren Humor die Tragweite der Vision des Prinzen nahebrachte.
Also darf sich der Zuschauer auch auf den Britischen Humor freuen?
BV: Ja, in der Tat. Der Film ist durchaus auch unterhaltsam und witzig, obwohl das nicht im Vordergrund dieses Dokumentarfilms stand.
Bertram Verhaag
macht laut Eigendarstellung "seit mehr als 30 Jahren Dokumentarfilme und er ist einer der wenigen Filmemacher, die sich konsequent, beharrlich und nachhaltig nur politischen, umweltpolitischen oder sozialen Themen verpflichtet fühlen. Seine vielfach preisgekrönten Filme sind Beiträge zur demokratischen Kultur und ‚Erziehung‘ im weitesten Sinne, indem er immer wieder Menschen porträtiert, die sich bei gesellschaftlichen Fragen einmischen. Sie machen Mut, sich nicht dem Ohnmacht suggerierenden Dogma ,da kann man sowieso nichts machen' zu unterwerfen."
Bernward Geier
Studium von Kulturgeschichte und Anthropologie in Mexiko und Landwirtschaft an der Uni Kassel. Als Dozent und Wisssenschaftler am dortigen Institut für biologischen Landbau tätig. Danach 18 Jahre lang Direktor des Weltdachverbandes der biologischen Landbaubewegung (IFOAM). Seit 2005 Direktor von COLABORA-let's work together. Schwerpunkte der Agentur sind Veranstaltungen Kommunikation und Filmprojekte.
Weitere Informationen:
Der Film „Der Bauer und sein Prinz“ läuft ab 20. November 2014 bundesweit in 30 Kinos an.
Zur Website des Films
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b.geier@colabora-together.de