„Zu wissen, woher Fleisch kommt, gehört zur Bildung.“
Auf dem Akademie-Programm standen die Besichtigung der Hohnhardter Demeterhöfe, die Milch, Käse, Fleisch und Wurstwaren herstellen, der Besuch der Dorfkäserei Geifertshofen, die Besichtigung des Schlachthofs der BESH und ein Workshop zur Wurstherstellung. Ein großes Problem des traditionellen Metzgereihandwerks ist es, Nachwuchs zu finden. Daniel Rögelein hat den Beruf in einer kleinen Metzgerei in Mittelfranken erlernt, als Basis, um in der Lebensmittelbranche zu arbeiten. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung als Diätassistent in München. Seit September 2018 arbeitet er als hauswirtschaftlicher Leiter eines Integrations-Kindergartens in Riem bei München. Dort kocht er jeden Tag gesunde Gerichte für die Kinder, in erster Linie vegetarisch, Fleisch gibt es nur alle zwei Wochen. Daneben führt er Bildungsprojekte mit den Kindern durch, um sie an die Lebensmittelerzeugung und ans Kochen heranzuführen. Anfang des Jahres wurde Daniel unter 70 Bewerbern für die Slow Food Akademie 2019 ausgewählt.
Daniel, was hat dich motiviert, an der Slow Food Youth Akademie teilzunehmen?
Mein Ziel und meine Leidenschaft sind es, das Lebensmittelsystem zu ändern. Die Slow-Food-Philosophie ist die perfekte Lösung, da sie die ganze Wertschöpfungskette abdeckt – von der Produktion über den Handel bis zum Konsumenten. Ich möchte mich immer weiterentwickeln, vor allem, damit ich mein Wissen weitergeben kann. An den verschiedenen Akademie-Wochenenden bekommt man einen weiteren Überblick über viele Lebensmittelbereiche. Ich freue mich auf jedes einzelne weitere Wochenende.
Das Thema des zweiten Akademie-Wochenendes war „Tierwohl auch für Gaumen und Umwelt“. Was hat dich an dem Thema interessiert?
Mich interessiert prinzipiell alles, was mit einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu tun hat, aber als gelernter Metzger natürlich besonders das Thema Fleisch. Im Vergleich zu den anderen Teilnehmern hatte ich viel Vorwissen. Am interessantesten fand ich deshalb, wie die Akademie-Teilnehmer bei der Besichtigung des Schlachthofs reagiert haben – der zu dem Zeitpunkt nicht in Betrieb war. Es roch aber nach Schwein und Blut. Ein Teilnehmer bekam Kreislaufprobleme. Meiner Meinung nach gehört aber zum Fleischverzehr, zu sehen, woher das Fleisch kommt und wie geschlachtet wird. Ich bin mit Hausschlachtungen aufgewachsen. Auch ein kleines Kind sollte meiner Meinung nach mal ein totes Tier oder einen Schlachtkörper gesehen haben. Auch viele Erwachsene kennen das nicht. Ich finde, das ist eine Bildungsfrage. Wenn man langfristig etwas ändern will, muss man bei den Kindern mit Ernährungsbildung anfangen.
Gab es einen Unterschied zu der Metzgerei, wo du gelernt hast?
Wir waren nicht Bio aber viel kleiner als die BESH. Wir haben sechs bis acht Schweine in der Woche geschlachtet, die BESH schlachtet rund 4.000. Die Gerätschaften sind aber überall mehr oder weniger gleich.
Wie hat dir als Metzger der Wurst-Workshop der Akademie gefallen?
Was ich toll fand, war die große Begeisterung der Teilnehmer. Die Leute beschäftigten sich mit dem untergehenden Handwerk, das ich so schätze, und die waren dabei richtig glücklich. Das hat mir mega gut gefallen.
Was war für dich das Besondere an dem Wochenende?
Die Leidenschaft und das Herzblut der Menschen, die Lebensmittel handwerklich herstellen. Mich fasziniert ihre Liebe zur Natur und zum Produkt und wie sie sich nicht vom herrschenden Lebensmittelsystem unterkriegen lassen, sondern etwas dagegen setzen. Ich habe allerhöchsten Respekt vor diesen Leuten, die so engagiert eine Lebensmittelwende vorantreiben.
Was hast Du für die Zukunft mitgenommen?
Ich habe die Bestätigung bekommen, dass es Lösungsansätze gibt – vom Anbau bis zum Verbrauch. Man kann sehr viel verbessern, auch in der Metzgerausbildung; zum Beispiel fehlen aktuell Hintergrundinformationen über Nachhaltigkeit bei der Haltung und Fütterung der Schweine, über Antibiotikabehandlungen und allgemein über Fleischqualität. Interessant fand ich auch das Thema, wie man nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich in einem größeren regionalen Raum zusammen arbeiten kann. Die BESH ist ein gutes Beispiel dafür. So etwas sollte ebenfalls in die Ausbildungsberufe im Lebensmittelhandwerk einfließen.
Hast Du Anregungen für die nächste SFY-Akademie?
Einmal fände ich es interessant, zusammen ein Schwein zu schlachten. Zum anderen fände ich es interessant als Akademie-Projekt die Bevölkerung hier in der Gegend zu befragen, welche Art der Fleischerzeugung sie besser finden, die der BESH oder – nur zehn Kilometer entfernt – die von VION. Das ist ein internationaler Fleischproduzent und der größte Schlachtbetrieb in Süddeutschland, mit Massenschlachtungen – 21.000 in der Woche – und vielen Arbeitskräften aus Südosteuropa, die im Akkord arbeiten. Pro ausgebeinter Schulter bekommt man soundsoviel Cent, dann Messer wechseln und weiter. Ich konnte diesen Schlachthof ebenfalls besichtigen und versuchte vergeblich, darin etwas Positives zu finden. Mich würde brennend interessieren, welche der beiden Fleischproduktionsmethoden, handwerklich oder industriell, hier in der Region beziehungsweise überhaupt mehr Akzeptanz hat und warum.
Das Interview führte Katharina Heuberger
Porträt-Bild: Daniel Rögelein
Teaserbild: Slow Food Youth Akademie