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Tausend Gärten - eine Idee von Samuel Karanja Muhunyu

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Samuel Muhunyu (mit heller Jacke) beim Testen einer Wasserleitung | Foto: Necofa

Innerhalb von fünf Jahren ist aus der Gartenidee von Samuel Karanja Muhunyu aus Kenia das große Terra Madre Projekt der Schul- und Gemeinschaftsgärten geworden. Ursula Hudson, stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland, hat den Kenianer in Kassel getroffen. Samuel Karanja Muhunyu ist Agrarwissenschaftler und die treibende Kraft des „Network for Ecofarming“ (NECOFA) in Kenia. Er leitet das Central Rift Convivium und ist Slow Food seit vielen Jahren verbunden. In Kassel war er diesen Sommer, um seinen Kollegen Dr. Sahle Tesfai, den Projektkoordinator der Gesellschaft für Nachhaltige Entwicklung und NECOFA (Uni Witzenhausen) zu treffen.

Ein Bericht von Ursula Hudson, Stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland

Am Rande der Slow Food Mitgliederversammlung in Kassel im Juni hatte ich die Gelegenheit, ein längeres Gespräch mit Samuel Karanja Muhunyu zu führen. Dabei ging es um ein Projekt, dessen Wirkung und Streukraft faszinierend ist und das auf überzeugende Weise den Terra Madre Gedanken umsetzt. Es handelt sich um ein Schulgarten- bzw. Gemeinschaftsgartenprojekt, das Samuel in Kenia begonnen und mittlerweile zu großem Erfolg gebracht hat. Slow Food International hat die Idee aufgegriffen und die Schaffung von solchen Gärten in ganz Afrika zum Terra Madre Projekt 2010 gemacht. Noch vor dem Weltkongress von Slow Food, also vor dem 21. Oktober, sollen solche Gärten in allen afrikanischen Convivien angelegt sein. Ein ambitioniertes Vorhaben: 1.000 Gärten für Afrika.

Schulalltag mit Obst- und Gemüseanbau

Die Anfänge des kenianischen Garten-Projekts reichen in das Jahr 2005 zurück. Es nahm seinen Ausgang von der simplen Beobachtung, dass Lebensgrundlage für große Teile der Bevölkerung in Kenia Ackerbau ist. Die Statistik zeigt, dass die Mehrheit der Schulabgänger früher oder später ihren Lebensunterhalt auf dem Land verdienen muss. Doch sie tun dies in den allermeisten Fällen, ohne Kenntnisse davon zu haben, wie man Böden ertragbringend, gesunde Lebensmittel erzeugend bestellt und dabei nachhaltig bewirtschaftet. Und so reicht die Ernte dieser Arbeit zumeist kaum zum Leben. Der Gedanke, die Schulzeit zur Vermittlung des notwendigen Grundwissens zu nutzen, das nachhaltigen Ackerbau für die lokalen Gemeinschaften auf dem Land lohnend macht, lag nahe. So entstanden die ersten Obst- und Gemüsegärten als Pilotprojekte.
Doch schon bald gab es mehr. Denn die Gärten begannen eine wichtige Rolle für die Gemeinschaften zu spielen. In oder am Rand von Dörfern angelegt, jeweils one acre (ca. 0,47 Hektar) groß, bearbeiten ca. 50 Kinder einen solchen Garten unter der Leitung von freiwilligen Helfern. Bepflanzt ist er mit autochthonen,standortangepassten
Sorten, oft auch bevölkert von Nutztieren, vor allem Geflügel. Die Kinder lernen auf ganz selbstverständliche Weise Vielfältigstes: erstens den Wert, den lokale Lebensmittel
darstellen, schätzen; zweitens alles was zu nachhaltigem Ackerbau und nachhaltiger Tierhaltung notwendig ist, und drittens vor allem auch das häufig nicht einfache Miteinander, das – und wie Samuel betonte – so sehr wichtig ist, weil die Kinder oft aus verschiedenen ethnischen Gruppen stammen.

Alle zusammen - Ethnien und Generationen übergreifend

Mittlerweile sind viele dieser Gärten zu einer Art Gemeinschaftsprojekt geworden, zu Ausbildungsorten für Bauern und solche, die es irgendwann einmal werden. Dorfbewohner aus nah und fern kommen, um sich von den Schulgärtnern unterweisen zu lassen: generationenübergreifendes Lernen, Wissensaustausch einmal anders herum! Die Bedeutung dieser Gärten für die Verbesserung der Lebensgrundlage und Lebensqualität vieler Menschen in Kenia ist nicht hoch genug einzuschätzen. Insofern ist es nur folgerichtig, dass dieses wunderbare Gartenprojekt nun mit Hilfe der weltweiten Slow Food Gemeinschaft wachsen soll. Jedes Lebensmittelbündnis in Afrika soll seinen Garten, seinen landwirtschaftlichen Ausbildungsort bekommen, damit mehr und mehr Menschen gesundes Essen im Einklang mit der Umwelt und unabhängig von Saatgutkonzernen, Herstellern von Düngemitteln für sich und ihre lokalen Gemeinschaften produzieren können. Während des Terra Madre Treffens 2010 in Turin soll das Projekt „Tausend Obst- und Gemüsegärten für Afrika“, die Fortführung der Gartenidee von Samuel Karanja Muhunyu, noch bekannter gemacht werden.

Der Text ist erschienen im Slow Food Magazin 05|2010

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