Nachernte in Teltow
Mit Petrini zur Gemüse-Nachernte in Teltow
Das Teltower Rübchen ist eine brandenburgische Spezialität. Der Geschmack ist aromatisch, pikant und mit einer gewissen Schärfe, die dem Rettich ähnelt. Napoleons Truppen brachten die Teltower Rübchen als "navets de Teltow" ("Rüben aus Teltow") an den Hof des Kaisers. Gerühmt wurden die Teltower Rübchen von Johann Wolfgang Goethe, Theodor Fontane und Immanuel Kant. | Foto: Stefan Abtmeyer www.fishinheaven.de
8.9.2011 - Am Freitag, 9.September ab 15.00 Uhr, wird in Teltow (Brandenburg) "nachgeerntet" – freiwillige Helfer sammeln und sortieren auf dem Acker Kartoffeln und Gemüse, die wegen kleiner Schönheitsmängel nicht in den regulären Handel kommen. Mit dabei ist Carlo Petrini, Gründer und internationaler Präsident von Slow Food.
Die Slow Food-Bewegung setzt sich auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene für eine Ernährungskultur ein, die dem Konsum- und Wegwerfgedanken der modernen Gesellschaft entgegentritt. Aus diesem Grund ruft Slow Food Deutschland in der diesjährigen Erntesaison zusammen mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst und Brot für die Welt zu einer Aktion gegen die Lebensmittelverschwendung auf. "Mit dieser Aktion wollen wir den Blick lenken auf das, was gewöhnlich aus dem heutigen Ernährungssystem herausfällt. Es ist wichtig, den zentralen Wert des Essens, unserer Lebensmittel, zu unterstreichen und wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen", so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.
Große Tafel am Reichstagsufer
Die gesammelten Produkte werden am folgenden Morgen von Aktivist und Koch Wam Kat zu einer Mahlzeit zubereitet, die am Samstag, 10. September, von 12.00h bis 15.00h an einer langen Tafel auf dem Dorothea-Schlegel-Platz am Reichstagsufer in Berlin verspeist wird. Zwiegespräche zwischen Vertretern von Wirtschaft, Politik, Landwirtschaft und Kirche über verschiedene Aspekte des Themas begleiten die Veranstaltung. Carlo Petrini diskutiert die Sicht der Verbraucher mit der Perspektive der Produzenten, repräsentiert von Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Mit Prälat Bernhard Felmberg, dem Bevollmächtigten des Rates EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union unterhält sich Elisabeth Bünder vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutzn.
Auch die Erzeuger des Südens kommen zu Wort, vertreten von Flavia Buitrón Vda. De Palomino aus Peru, um die globalen Zusammenhänge unseres Ernährungssystems aus ihrer Erfahrung zu schildern. Auch dabei ist Filmemacher Valentin Thurn, dessen Film "Taste the Waste" (ab 8. September in deutschen Kinos) die erschreckende Wirklichkeit der täglichen Lebensmittelverschwendung zeigt aber auch aktive Lösungsvorschläge bietet.
Bei Napoleon und Goethe auf dem Tisch
Die Aktion wird unterstützt von Bauern der Umgegend, die sich aktiv mit diesen Themen auseinandersetzen, wie Axel Szilleweit vom Obst- und Gemüsehof Teltower Rübchen, auf dem die Sammelaktion stattfindet. Das Teltower Rübchen ist eine alte Gemüseart, die schon von Goethe und Napoleon genossen wurde. Der Obst- und Gemüsehof Teltower Rübchen ist der einzige kommerzielle Erzeuger. Die brandenburgische Spezialität hat eine feine Schärfe und eine sehr hohe Nährstoffdichte, da sie nie in die industrialisiert Massenproduktion aufgenommen wurde. Wegen ihrer geringen Größe und kleinen Produktion sind die Rübchen im Laufe des 20. Jahrhunderts als Feldpflanzen fast in Vergessenheit geraten, und haben nur durch die Initiative von privaten Kleingärtnern überlebt. Heute sind sie Passagiere der Arche des Geschmacks, ein internationales Projekt der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt, das weltweit regionale wertvolle Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Vergessen und Verschwinden schützt.
Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland vom 6. September 2011
Weitere Informationen