Archejahr und Terra Madre Tag
Archejahr 2013: Lasst uns retten, was wir essen wollen!
Aus der Pressemitteilung von Slow Food Deutschland:
"Die kommenden zwölf Monate sind ganz besonders der Arche des Geschmacks gewidmet, dem internationalen Slow Food-Projekt zum Schutz der biologischen Vielfalt, durch das der Verein unser wertvolles kulinarisches Erbe bewahren will.
Die Arche des Geschmacks wurde 1996 ins Leben gerufen, um fast vergessene traditionelle Lebensmittel, Kulturpflanzen und Nutztiere, die in Gefahr sind, völlig zu verschwinden, zu katalogisieren und bekanntzumachen. Nach dem Motto: Essen, was man retten will. Denn was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden, und wird deshalb nicht hergestellt.
Kampf gegen den dramatischen Verlust biologischer Vielfalt
Rund 1100 "Passagiere" befinden sich weltweit auf der Arche des Geschmacks, in Deutschland sind es derzeit 34. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein angesichts des dramatischen Verlustes an biologischer Vielfalt, den wir gerade in den letzten 100 Jahren erlebt haben. Die FAO schätzt, dass jede Woche zwei Nutztierarten verschwinden. In hochindustrialisierten Ländern wie bei uns in Deutschland sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts fast 90 Prozent unserer Vielfalt an Nutztieren und Kulturpflanzen verloren gegangen. Im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft und Nahrungsmittelverarbeitung verschwinden Arten und Produkte, die nicht mehr den technologischen und betriebswirtschaftlichen Ansprüchen genügen. Neben dem Verlust an biologischer Vielfalt bedeutet dies auch einen Verlust im sozialen, ökonomischen, kulturellen und landschaftlichen Bereich.
Die schwindende Agrobiodiversität - die Vielfalt an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen - gefährdet zudem die Lebensgrundlagen des Menschen. Die Spezialisierung auf einige wenige Sorten und Arten - Weizen, Mais und Reis decken derzeit 95 Prozent des globalen Kalorienbedarfs - birgt Risiken von verminderter Krankheitsresistenz und Umwelttoleranz, insbesondere im Hinblick auf unvorhersehbare, zum Beispiel durch Klimawandel bedingte, Änderungen der Umweltbedingungen.
Neuer Schwung für das Arche-Projekt
Daher verleiht Slow Food Deutschland dem Arche-Projekt im Jahr 2013 neuen Schwung. Initiativen und Veranstaltungen auf bundesweiter und lokaler Ebene lenken die öffentliche Aufmerksamkeit auf die regionalen kulinarischen Schätze und informieren über die bedrohte biologische und kulturelle Vielfalt. Jeder kann mitmachen bei der Suche nach neuen möglichen Arche-Passagieren. Per Postkarte, die dem Slow Food Magazin Nummer 6 (2012) beigelegt war, oder direkt auf der Website können Vorschläge für neue Arche-Passagiere eingereicht werden. Eine Fachkommission prüft die Aufnahme der Nutzpflanzen, Tierarten oder Lebensmittel in das Projekt nach den internationalen Standards der Slow Food Stiftung für Biologische Vielfalt. Verstärkt sollen auch Kontakte zwischen Erzeugern, Verarbeitern, Gastronomen, Händlern und Verbrauchern geknüpft werden, um die kulinarische und geschmackliche Vielfalt lebendig zu halten.
Passagiere der Arche des Geschmacks erfüllen folgende Kriterien:
- Sie sind in ihrer Existenz bedroht.
- Sie zeichnen sich aus durch einzigartige geschmackliche Qualität.
- Sie haben historische Bedeutung und identitätsstiftender Charakter für eine Region.
- Sie unterstützen die nachhaltige Entwicklung einer Region.
- Die Tiere stammen aus artgerechter Haltung.
- Sie sind frei von gentechnischer Veränderung.
- Die Produkte sind käuflich erwerbbar.
Auch auf dem "Markt des guten Geschmacks - Die Slow Food Messe", die seit 2007 jedes Jahr im April in Stuttgart stattfindet, erhält das Thema der Agrobiodiversität in 2013 besondere Beachtung. Neben Podiumsgesprächen und Informationsveranstaltungen gibt es auch in diesem Jahr wieder die Saatgutbörse, wo die Besucher Saatgut historischer und fast vergessener Sorten erwerben können."
Quelle: Presseinformation von Slow Food Deutschland vom 10. Dezember 2012
Bild oben: Das Ramelsloher Huhn – im Bild Hahn mit Hennen – ist der jüngste Passagier auf der Arche des Geschmacks: Das norddeutsche Federvieh kam im Juli 2012 an Bord. | Thomas Jensen
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