Presidio Albleisa
"Albleisa" werden Slow Food Presidio
Aus der Pressemitteilung von Slow Food Deutschland:
"Beim Besuch der Slow Food Stiftung für Biologische Vielfalt auf der Schwäbischen Alb im Sommer 2012 konnte die Linse die internationale Stiftungskommission in allen Belangen überzeugen. Die "Albleisa", so der Name im schwäbischen Dialekt, wird nun zum Slow Food Presidio-Projekt. Diese Projekte unterstützen Landwirte und Lebensmittelhandwerker dabei, ihre traditionell hergestellten Produkte in der modernen Wirtschaft zu vermarkten, und so zu erhalten.
Ein Presidio (ital. für Schutzraum) verwirklicht sich als ein Netzwerk von engagierten Landwirten, handwerklich arbeitenden Lebensmittelproduzenten, interessierten Händlern, Köchen, wissenschaftlichen Experten und bewussten Verbrauchern, die sich zusammen aktiv für den Erhalt von besonderen Pflanzensorten, Tierrassen, Lebensmitteln und Kulturlandschaften einsetzen.
Weltweit existieren etwa 400 Presidi in über 50 Ländern, darunter der italienische Culatello di Zibello-Schinken, das österreichische Grubenkraut und die Zulu-Schafe von Südafrika. In Deutschland gibt es neben den neu hinzugekommen Linsen noch vier weitere Presidi: den Schaumwein aus der Champagner-Bratbirne (Presidio seit 2007), die Kartoffelsorte Bamberger Hörnla (2009), den Limpurger Weideochsen (2009) und den Fränkischen Grünkern (2010).
Die Albleisa
Alblinsen zeichnen sich durch einen intensiven, aromatisch-nussigen Geschmack aus. Sie enthalten wie die meisten Hülsenfrüchte relativ hohe Gehalte an Eiweiß und Mineralstoffen. Dadurch wurden sie gerade in ärmeren Regionen, wie es die Schwäbische Alb lange Zeit war, ein Ersatz für Fleisch. Für eine vollwertige Eiweißversorgung müssen Hülsenfrüchte allerdings gemeinsam mit Getreidespeisen verzehrt werden. Diese moderne wissenschaftliche Erkenntnis steckt schon in vielen traditionellen Gerichten, wie z.B. dem Schwäbischen Nationalgericht "Linsen und Spätzla".
Vor 30 Jahren war der Linsenanbau auf der Alb verschwunden, und mit ihm die alten einheimischen Sorten. Die niedrigen Erträge und der große Arbeitsaufwand bei Ernte und Reinigung waren ausschlaggebend für das Verschwinden dieser seit über zwei Jahrtausenden auf der Alb kultivierten Nah-rungspflanze. Heute bauen über 60 Landwirte wieder Linsen an - und zwar ausschließlich nach den strengen Richtlinien ökologischer Anbauverbände. Dementsprechend vielfältig präsentieren sich die Linsenäcker; zwischen den Linsen und ihrem Stützgetreide, meist Hafer oder Braugerste, tummeln sich unzählige Insekten und Kleinstlebewesen; es finden sich zahlreiche Ackerwildkräuter.
Die besonderen Standortsbedingungen auf der Schwäbischen Alb, die traditionelle, biologische Bewirtschaftung, die alten Sorten und deren spezifische Gerichte knüpfen an lokale Traditionen auf dem Feld und in der Küche an. Die Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa (www.alb-leisa.de) und das Presidio werden unterstützt von den Slow Food Convivien Stuttgart und Tübingen.
Das Presidio
2001 gründeten die Linsenpioniere der Familie Mammel die Erzeugergemeinschaft "Alb-Leisa", um Trocknung, Reinigung, Abpackung und Vermarktung zu koordinieren. Seitdem steigt die Zahl der ausschließlich biologisch wirtschaftenden Linsenbauern stetig. Über die Hälfte des gesamten Linsenanbaus stellen dabei die beiden heimischen Sorten Späths Alblinsen 1 und 2, welche man 2006 in St. Petersburg entdeckte und seitdem vermehrt. Das Presidio "Alblinse" verfolgt dabei das Ziel, den Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb weiter zu etablieren, und setzt sich insbesondere für den Schutz und die weitere Verbreitung der beiden autochthonen Linsensorten ein. Die Öko-Erzeugergemeinschaft "Alb-Leisa" vermarktet die Alblinsen möglichst regional in und um das Anbaugebiet. Im Presidio Alblinsen sind nur die Sorten Späths Alblinse I und Späths Alblinse II vertreten. Ein Antrag auf eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) ist in Arbeit.
Das Slow Food Presidio-Projekt
Das Presidio-Projekt wurde im Jahr 2000 von der Slow Food Stiftung für Biologische Vielfalt (www.slowfoodfoundation.com) ins Leben gerufen. Presidi sind konkrete Beispiele einer nachhaltigen Landwirtschaft, die traditionelle und moderne Einflüsse verbindet. Sie erhalten lokale Ökosysteme, regionale Traditionen und unterstützen Lebensmittel von unverwechselbarer Qualität.
Die gemeinsamen Aktivitäten eines Presidio gestalten sich nach folgenden Kriterien:
Einführung verbindlicher Produktionsstandards, welche ökologische und qualitativ hoch-wertige Lebensmittel garantieren
Erhalt der biologischen Vielfalt, lokaler Ökosysteme und einzigartiger Kulturlandschaften
Förderung regionaler Traditionen, Herstellungsweisen und Absatzmärkte."
Quelle: Presseinformation von Slow Food Deutschland vom 29. August 2012
Im Bild: Alblinsen zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Eiweiß und Mineralstoffen aus. | © Simon Reitmeier
Weitere Informationen:
Slow Food Presidi
Arche-Passagier Alblinse