Schnippeldisko Bochum
Sonne, Beats und säckeweise Kartoffeln
Die Musik während der Veranstaltung kam von den DJs Dynamite und Jan Curtis Flow, für das künstlerische Begleitprogramm sorgte das Schauspielhaus Bochum mit einem parallel stattfindenden Kunst-Happening. Als Schnippelgrundlage dienten rund 650 Kilogramm Gemüse, Obst und Brot, die von den jungen Aktivisten zusammen mit den Organisatoren des Festivals bei Bauern der Umgegend, einem Bochumer Bioladen, einem Großbäcker und den Tafeln in Wattenscheid und Gelsenkirchen eingesammelt worden waren.
Lecker, aber unverkäuflich
Mit der Aktion machte die Jugendorganisation von Slow Food auf die tagtägliche Lebensmittelverschwendung in Deutschland aufmerksam: Eine Studie der Universität Stuttgart spricht von bis zu 11 Millionen Tonnen verzehrbaren Nahrungsmitteln, die jährlich auf dem Müll landen, weil sie nicht den Verkaufsnormen des Handels entsprechen oder von Konsumenten verschmäht werden. Die jungen Aktivisten zeigten, dass auch knubbelige Möhren, kleine Rote Beeten und Äpfel mit Druckstellen einen Wert haben: Sie schmecken, sind nahrhaft und ein Ausdruck von Können und Wissen ihrer Erzeuger – viel zu kostbar also, um "entsorgt" zu werden. Nebenbei zeigte die Aktion auch, wieviel Spaß es macht, zusammen zu kochen und zu essen und sich für ein gutes, sauberes und faires Lebensmittelsystem zu engagieren.
Winterkartoffeln zu verschenken
„Man merkt, dass die Frühkartoffelernte eingefahren ist. Alle wollen frische, neue Kartoffeln zu ihrem Spargel.“ So kommentierte Aktivist und Koch Wam Kat, der die vegane Protestsuppe in seinen riesigen Töpfen zubereitete, die vielen Kartoffelsäcke, die auch nach einem Nachmittag beherzten Schnippelns noch übrigblieben. Die Winterware war dank einer üppigen Ernte im letzten Jahr noch in der Scheune des Landwirts vorrätig, konnte aber in der neuen Saison mit den Frühkartoffeln nicht mehr konkurrieren. Auch knubbelige Möhren, kleine Zwiebeln, abgepackter Knoblauch aus Argentinien und ganz einwandfrei aussehender Brokkoli wanderten kleingeschnippelt in die Suppe. Davon wurden 700 Portionen ausgegeben, einige davon sogar in Behältern nach Hause genommen.
"Das kommt auf den Müll?"
Kartoffeln, Äpfel und Brot, die nicht direkt verzehrt wurden, konnten ebenfalls mitgenommen werden. „Das kommt sonst in den Müll?“ fragten viele Besucher ungläubig, als sie den Tisch mit Brot vom Vortag sahen: Vollkornbrot, Weißbrot, Baguette, Ciabatta mit Oliven und mit Speck, Rosinenstuten und Hefezöpfe – die Auswahl wie beim Bäcker, die Qualität fast ebenso. Nur dem leichten Hefegebäck war die fehlende Frische etwas anzumerken.
Text: Anke Klitzing
Foto oben: Beats und Gemüse – DJ während der Schnippeldisko in Bochum | Slow Food Archiv
Die Besucher lassen es sich schmecken – die Protes(s)t-Tafel auf dem Vorplatz des Bochumer Schauspielhauses | Slow Food Archiv
Und das kam in die Suppe: Frisches, aber unverkäufliches Gemüse vom Bauern und Biomarkt | Slow Food Archiv