Agrardemo in München
München-Demo: Allianz gegen Flächenfraß und Agrarindustrie
11.7.2013 - „Mir hams satt!“ – Eine breite Bürgerbewegung ruft zur Teilnahme an Großdemonstration am 13. Juli auf dem Münchner Odeonsplatz auf. Auch Slow Food Deutschland ist vertreten.
Aus der Pressemitteilung der Organisatoren vom 11. Juli 2013:
In einer ungewöhnlichen Allianz rufen Bauern, Umweltschützer, Entwicklungs- und Verbraucherverbände gemeinsam mit Bürgerinitiativen vor den Wahlen im Herbst zu einer Großdemonstration am Samstag den 13.7., ab 11.00 Uhr in München, Odeonsplatz, gegen Agrarindustrie und die Zubetonierung der Landschaft auf.
„Wir wollen Taten statt leerer Versprechungen. Denn Bayerns Landschaft ist in großen Bereichen längst nicht mehr artenreich, die weitere Zerschneidung durch Verkehrsinfrastruktur trifft alle Regionen. 18 Hektar werden täglich zubetoniert, mehr als 1000 Bauernhöfe müssen jedes Jahr aufgegeben, 25 Prozent der Ackerfläche sind „vermaist“ und die Industrialisierung der Tierhaltung macht auch vor Bayern nicht halt“, so die Veranstalter.
Die Bilanz knapp fünf Jahre nach den letzten Wahlversprechungen sei ernüchternd. Auch aus Sicht der entwicklungspolitischen Organisationen hat die EU Agrarpolitik die internationalen Auswirkungen nach wie vor nicht berücksichtigt.
Mehrere tausen Teilnehmer erwartet
Zur Großdemonstration in München rechnen die Veranstalter mit mehreren tausend Menschen. Wichtigste Forderungen sind der Umbau der Agrarsubventionen, weg von Großbetrieben und Intensivlandwirtschaft, hin zu bäuerlich umweltgerecht wirtschaftenden Betrieben, ein Stopp für Großmastställe und Weltmarktorientierung, Schutz des Essens vor gentechnisch veränderten Pflanzen und ein endgültiges Ende für flächenverbrauchende Großprojekte, wie der dritten Startbahn am Flughafen München und vieler Straßenplanungen in allen Regionen Bayerns.
Die wichtigsten Forderungen im Detail:
Bauernhöfe statt Agrarindustrie
Der bayerische Weg darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Wenn es nicht gelingt, die Agrarsubventionen von den Großbetrieben und der Agrarindustrie in Richtung der kleinen und mittelständischen bäuerlichen Betriebe und für Leistungen für Tierschutz und Natur in Bayern umzulenken, wandern Tiere in immer größere Stalleinheiten und es entstehen monotone Ackerlandschaften und Einheitsgrün.
Ohne ausreichendes Einkommen für Milchbauern werden die Kühe von den Weiden verschwinden. Ohne bunte Vielfalt auf Äckern und Wiesen fehlt die notwendige Nahrungsgrundlage für Insekten, Vögel und Wildtiere. Ohne Nahrung für Bienen und Hummeln geht die Bestäubungsleistung zurück und biologische Systeme verlieren ihr Gleichgewicht.
Jetzt steht die Umsetzung der noch taufrischen Reform der EU-Agrarpolitik in Deutschland an. Wie schon auf EU-Ebene versucht CSU- Bundesministerin IlseAigner wiederum alles, um den Reform-Ansatz der EU-Kommission für ein echtes "Ökologischer und Gerechter" nun in Deutschland zu unterlaufen. In Ihrem Vorschlag zur nationalen Umsetzung wirft Ministerin Aigner ein paar Brosamen hin, die für Unbedarfte nach Stärkung bäuerlicher Landwirtschaft klingen sollen. In der Substanz aber bedient sie wiederum die Interessen flächenstarker Großbetriebe in Ostdeutschland, versucht das Greening mit einer bürokratischen Flut an Ausnahmen zu durchlöchern und lässt die spezifischen Förderprogramme für die natur- und umweltverträglich wirtschaftende Bauern, für den artgerechten Umbau der Tierhaltung sowie für ländlichen Gebiete verhungern. Bayern und ganz Deutschland braucht eine Agrarpolitik, die sich gezielt und mit ganzer Kraft für eine bäuerliche-ökologische Landwirtschaft und lebendige und lebenswerte ländliche Gemeinden einsetzt. Wir wehren uns dagegen, in Bayern die gleiche verfehlte Entwicklung nachzuahmen, die in Ost- und Norddeutschland zum Aus für Hunderttausende bäuerlicher Betriebe und verarmte Regionen geführt hat.
Nein zu Megaställen
Agrarinvestoren beherrschen heute in Bayern nicht nur das Geschäft mit der Hähnchenmast, sondern steigen auch in Schweineproduktion ein. Sie wissen um den Widerstand in der Bevölkerung gegen solche agroindustriellen Komplexe und greifen deshalb auf schon lange genehmigte und bisher nicht verwirklichte Bauvorhaben zurück. Die Anlage für 1000 Muttersauen die gerade in Tapfheim bei Donauwörth gebaut wird, ist in den Augen der Investoren sicherlich nur der Anfang. Für 3000 Sauen liegt schon eine Genehmigung vor. Von den holländischen Investoren weiß man aber, dass sie in ganz anderen Dimensionen denken und diese Ziele mit allen Mitteln und hartnäckig verfolgen. Wir Bürger wollen einen Stopp der industrialisierten Tierhaltung.
100 Prozent Gentechnikfreies Essen
Monsanto, Bayer oder Dow wollen weiterhin auch in Europa Saatgut und Spritzmittel im Paket verkaufen. Aktuelles Beispiel: Smart Stax, ein gentechnisch manipulierter Mais, der sechs verschiedene Insektengifte produziert und gegenüber zwei Unkrautvernichtungsmitteln resistent ist soll als Futter- und Lebensmittel zugelassen werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Führung von Agrarministerin Ilse Aigner enthält sich bei den EU Abstimmungen und unterstützt damit die Zulassung.
Da wird wieder deutlich: die Bayerische Staatsregierung spricht von einem gentechnikfreien Bayern und der Berücksichtigung des Verbraucherwillens, doch gleichzeitig kniet Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner vor den Konzerninteressen nieder und erteilt durch ihre ständige Enthaltung auf EU-Ebene Freibriefe für genmanipulierte Pflanzen in Futter und Essen, auch für Bayern.
Recht auf Nahrung
Wir sind auch in Bayern von Importfuttermitteln abhängig. Für diese werden Wälder und Savannen großflächig zerstört und Menschen von ihrem Land vertrieben. Mit diesen Futtermitteln sind wir in der Lage, mehr Fleisch als wir selbst brauchen, zu erzeugen. So stören wir mit billigen Fleischexporten afrikanische Märkte und Kleinbauern. Wir brauchen eine Eiweißstrategie, die sowohl den lokalen Anbau von Eiweißpflanzen als auch den effizienten Umgang mit vorhandenen Proteinquellen umfasst.
Kirchliche Organisationen wie Misereor, Mission EineWelt, Brot für die Welt, oder die Menschenrechtsorganisation FIAN kämpfen deshalb an der Seite von alternativen Bauernverbänden und Umweltorganisationen für die Beachtung des Rechts auf Nahrung, eine Reduktion der Sojaimporte, die Abkehr von der Exportorientierung und einen jährlichen Bericht zu den internationalen Auswirkungen der EU-Agrarpolitik.
Stopp dem Flächenverbrauch
Täglich werden 18 ha unserer Landschaft zubetoniert. Das ist zu viel. Bürgerinitiativen bayernweit wollen keine neuen Gewerbegebiete, unnötige Straßenausbauten und schon gar kein neuen Flughafenausbauten wie in München oder Memmingen.
- 400 Straßenprojekte hat Bayern für den neuen Bundesverkehrswegeplan (2015 – 2030) angemeldet. Weder die Finanzierbarkeit, noch der Natur- und Landschaftsschutz oder die Einbindung in ein Verkehrsgesamtkonzept wurden berücksichtigt. Fehlanzeige auch bei den vom Bundesverkehrsministerium vorgegebenen Zielen zur Verkehrsentlastung und zum Lärmschutz.
- Die 3. Startbahn bei München wird von der bayerischen Staatsregierung trotz des "Nein" im Bürgerentscheid der Münchner weiter verfolgt und soll sogar als Ziel in das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP) aufgenommen werden. Berücksichtigung von Bürgerinteressen sieht anders aus. Im Aktionsbündnis AufgeMUCkt sind über 80 Bürgerinitiativen vereint, welche nicht nur die rund 300.000 von einer 3. Startbahn unmittelbar Betroffenen vertreten sondern aus ganz Bayern stammen. Sie fordern von der neuen Regierung ein Umdenken und eine Beendigung dieser unnötigen, Natur, Klima und Menschen verachtenden Fehlplanung.
Foto: Demo "Wir haben es satt!" im Januar 2012 in Berlin | © Luca Cosimato
Mehr Informationen:
www.mir-hams-satt.de