Offener Brief zur Europawahl 2014

12.5.2014 - Die Slow Food Bewegung fordert die Kandidaten der Europawahl 2014 dazu auf, sich für eine auf Nachhaltigkeit basierende Gemeinsame Nahrungsmittelpolitik der Europäischen Union einzusetzen. Lesen Sie dazu hier den offenen Brief des internationalen Slow Food Vorstands.

Offener Brief von Slow Food zur Europawahl 2014

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Sehr geehrte Kandidatinnen, sehr geehrte Kandidaten,

Die kommenden Wahlen finden in einer für die Entwicklung unserer Zukunft entscheidenden Phase statt. Wir haben es derzeit nicht nur mit einer auf Wirtschaft und Finanzen beschränkten Krise zu tun, sondern mit einer komplexen, noch nie dagewesenen Krise, die uns gar keine andere Wahl lässt, als neue Wege einzuschlagen – ausgehend von der zentralen Bedeutung gesunder Nahrungsmittel.

Als Antwort auf diese Krise fördert Slow Food die Entwicklung einer EU-weiten, gemeinsamen Nahrungsmittelpolitik, die folgende Aufgaben und Ziele haben muss:

• Betrachtung des Nahrungsmittelsystems mit einem ganzheitlichen Ansatz
• Übergang zu einem guten (gesundheits-, kultur- und geschmacksbewussten), sauberen (umweltfreundlichen) und gerechten (d.h. das die Rechte der Bauern, Züchter, Erzeuger und Verbraucher berücksichtigt) Produktions-, Vertriebs- und Konsumsystem
• Schutz der lokalen Biodiversität (autochthone Pflanzenarten und Tierrassen, verarbeitete Erzeugnisse) ausgehend von der Bedeutung der Kleinerzeuger und der Verbraucher
• Forderung dieser Prinzipien im Rahmen sämtlicher Verhandlungen und Beziehungen mit Drittstaaten (z. B. TTIP)

Aus diesem Grund bittet Slow Food Sie eindringlich, eine nachhaltige, EU-weite, gemeinsame Nahrungsmittelpolitik zu unterstützen und konkrete Verpflichtungen diesbezüglich zu übernehmen.

Recht auf Nahrung
Der Zugang zu gesunder, nachhaltig erzeugter Nahrung muss allen Bürgern garantiert werden, vor allem leichter verwundbaren Gruppen und Gemeinschaften

Unterstützung von Kleinerzeugern
• Entwicklung von Formen der Vereinfachung von Prozessen und von Ausnahmeregelungen der auferlegten Anwendung der europäischen Hygieneverordnungen, um mengenmäßig kleinere, traditionell geprägte Produktionen, die für den lokalen Markt oder den Direktverkauf vorgesehen sind, zu schützen und aufzuwerten. Die Existenz dieser Erzeugnisse wird durch standardisierte Bürokratie und Hygienebestimmungen bedroht, das diese keine Flexibilität für kleine, handwerkliche Betriebe zulässt sondern sie diese gleich der großen Nahrungsmittelindustrie behandelt.

Verbraucherinformation
• Engagement zugunsten der Einführung der obligatorischen Angabe des Herkunftslands für nicht weiterverarbeitetes Fleisch sowie für Erzeugnisse wie Milch, unverarbeitete Nahrungsmittel und Fleisch als Zutat
• Einverständnis zur erweiterten Lebensmittelkennzeichnung mit Informationen über Arten und Rassen, Anbautechniken, Weiterverarbeitung, spezifische Umweltgegebenheiten, Herkunftsregion und Wohlergehen der Tiere

Nahrungsmittelverschwendung
• Förderung einer Politik zum Kampf gegen Nahrungsmittelverschwendung, Sensibilisierung aller Bürger über den Wert von Nahrungsmitteln in allen Entstehungsphasen (Produktion, Vertrieb und Konsum)

Saatgut
• Garantie des Rechts (und der Pflicht) des Landwirts sein eigenes Saatgut erzeugen, eigenzertifizieren (dadurch wird die Nachverfolgbarkeit und Unbedenklichkeit des besagten Saatguts garantiert) und verkaufen zu dürfen
• Ermutigung zur Anmeldung autochthoner Sorten und Arten in öffentlichen Verzeichnissen als Werkzeug zum kulturellen und kommerziellen Schutz des Saatguts und folglich der Biodiversität
• Garantie des freien Austauschs von Saatgut

GVO
- Einsatz für einen totalen Verbot des Anbaus, Verkaufs oder Gebrauchs von genetisch verändertem Saatgut in Europa
- Förderung der Nutzung von GVO-freien Nahrungs- und Futtermitteln
- Stärkung des Prozesses zur Risikobewertung in Bezug auf GVO und diesbezügliche Gewährleistung von Transparenz

Pestizide
• den Einsatz von Pestiziden so weit wie möglich einschränken
• Förderung landwirtschaftlicher Anbausysteme (z. B. biologische und agrarökologische Landwirtschaft), die auf Fruchtfolge, Diversifikation und Schutz von Nützlingen basieren und die Biodiversität schützen

Wohlbefinden der Tiere
• Einführung einer maximalen Transportzeit der Tiere bis zum Schlachthof
• Gewährleistung einer drastischen Verringerung des Einsatzes von Antibiotika bei der Tierhaltung
• Verbot des Handels von Fleisch von geklonten Tieren oder deren Nachkommen


Wenn Sie bereit sind, sich für die dargelegte nachhaltige EU-weite, gemeinsame Nahrungsmittelpolitik einzusetzen, dann setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.

Der internationale Slow Food Vorstand

Quelle: Presseinformation von Slow Food International vom 12. Mai 2014


Im Bild: Europäisches Parlament | © Europäische Union

Weitere Informationen: 
Slow Europe
Slow Food Positionen zur Agrarpolitik

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