Slow Food Messe_Diskussion_nachhaltiger_Fleischkonsum

11.4.2104 - Zum Thema nachhaltiger Fleischkonsum diskutierten am gestrigen Eröffnungstag der Slow Food Messe 2014 die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson, Koch und Gastronom Simon Tress (Rose Bio-Hotel und Restaurant Hayingen-Ehestetten), und der Metzger Georg Schweisfurth (Hermannsdorfer Werkstätten). Der Titel der Veranstaltung lautete: Fleischessen und Achtung vor dem Tier - unvereinbar?

Ist Fleischessen und Achtung vor dem Tier vereinbar?

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Die Bevölkerung in Deutschland isst gerne und häufig Fleisch. Dennoch wissen viele wenig darüber, wie dieses Fleisch eigentlich auf unsere Teller kommt. Der Weg vom Tier zum Schnitzel, Döner oder Nugget ist lang. Viele Menschen sind daran beteiligt, viele Tätigkeiten erforderlich und immer wird ein Lebewesen getötet. Dass Tiere getötet werden müssen, um Fleisch und Wurst zu erzeugen, gehörte früher zum Erfahrungswissen von Erwachsenen, aber auch vieler Kinder und Jugendlicher. Dieses Wissen ist weitgehend verloren gegangen. Heute hat das Fleisch auf dem Teller keinerlei Bezug mehr zum Tier und zum Tötungsgeschehen.

Berichte über Massentierhaltung, unwürdige Schlachtbedingungen und die Auswüchse einer ausschließlich auf Profit gerichteten Agroindustrie lassen die Menschen aufschrecken und führen bei vielen Menschen dazu, dass sie ganz auf Fleisch zu verzichten. Diesem Spannungsboden zwischen Nichtwissen und dem komplettem Verzicht auf Fleisch sollte in der Diskussion nachgespürt werden.

Im Bild oben: Auch in der ländlichen Oberpfalz in Ostbayern sind Hausschlachtungen heute selten geworden. Das Schwein der Familie Falk in Ehenfeld wird für den eigenen Verzehr geschlachtet und verarbeitet. | ©  Katharina Heuberger

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Das Schwein ist getötet, gesäubert und geöffnet. Der Metzger hält die Innereien an einem Stück in der Hand. Diese so genannten unedlen Teile werden bei der Hausschlachtung alle verarbeitet. | ©  Katharina Heuberger

"Wir müssen weg von einer Filet-und-Rücken-Mentalität!"

Die Fragestellung, ob Fleischessen und die Achtung vor dem Tier vereinbar sei, umfasse auf jeden Fall weit mehr als den moralisch schwierigen Tötungsakt, waren sich die Teilnehmer des Podiumsgesprächs einig. Von ebensolcher Bedeutung sei die moralische Pflicht einer artgerechten und ökologischen Haltung, einer Verwertung des ganzen Tieres sowie einer gesellschaftlichen Anerkennung der Leistungen des Lebensmittelhandwerks - finanziell und strukturell, zum Beispiel durch bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Eine Pflicht, der alle gemeinsam nachkommen müssen: Landwirte, Metzger, Gastronomen und Verbraucher. Als unhaltbar wurde der stetig wachsende Fleischkonsum angeprangert. Nicht das Essen von Fleisch an sich, sondern ein Lebensmittelsystem und eine gesellschaftliche Akzeptanz, welche Massentierhaltung, Langstreckentransporte zum Schlachthof und Akkordschlachtungen möglich mache, sei der Kern des Problems.

Georg Schweisfurth, Metzger in der vierten Generation, plädierte für bewussten Fleischgenuss in Maßen und den Sonntagsbraten als Leitbild. "Wir müssen weg von einer Filet-und-Rücken-Mentalität," fügte Koch und Gastronom Simon Tress hinzu. Köche in ihrer kulinarischen Vorreiterrolle sollten auch die sogenannten unedlen Teile der Tiere ebenso wie fleischlose Gerichte "sexy" machen, und durch größere Vielfalt im kulinarischen Angebot den Nachfragedruck auf bestimmte Fleischstücke abmildern.

"Die Wertschätzung der Tiere, der Umwelt und der Arbeit der Lebensmittelhandwerker ist zentral für einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Fleischverzehr," sagte Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. "Dazu braucht es Wissen und Können rund um Lebensmittel, um ihre Herkunft, ihre Verarbeitung, und wie man sie zubereitet - das wollen wir von Slow Food vermitteln, zum Beispiel hier auf der Messe."

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Der Markt des guten Geschmacks - die Slow Food Messe 2014

Die alljährlich im Frühjahr in Stuttgart stattfindende Leitmesse von Slow Food Deutschland bietet neben dem sinnlichen Erlebnis eines Markts ein hochkarätiges und vielfältiges Rahmenprogramm an Podiumsgesprächen, Kochkursen oder Geschmackserlebnissen. Alle Produkte der in diesem Jahr 475 Messe-Aussteller aus dem In- und Ausland haben die strenge Slow-Food-Qualitätsprüfung durchlaufen und werden gemäß der Slow-Food-Philosophie in traditionell handwerklicher Art, frei von gentechnisch veränderten Rohstoffen, frei von Aromastoffen, frei von Zusatzstoffen (bis auf wenige Ausnahmen) sowie umwelt- und ressourcenschonend hergestellt.

Bild oben: Am Donnerstag, dem 10. April 2014, wurde zum achten Mal "Der Markt des guten Geschmacks - die Slow Food Messe" im Rahmen der Stuttgarter Frühjahrsmessen eröffnet. Von rechts: Ursula Hudson, Vorsitzende Slow Food Deutschland; Wolfgang Weber, Vorsitzender Region Stuttgart Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V.;  Roland Bleinroth, Geschäftsführer Messe Stuttgart;  Rainer Lang, Geschäftsführender Vorstand SEZ Baden-Württemberg. | ©  Messe Stuttgart

Quelle: Pressemeldung von Slow Food Deutschland vom 11. April 2014

Weitere Informationen:

Slow Thema: Tiere in der Landwirtschaft

Der Markt des guten Geschmacks - die Slow Food Messe 2014

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