Arche-Kandidat: Alter fränkischer Satz
7.12.2015 - Der "Alte fränkische Satz" wartet derzeit auf den Passagierschein für die Arche des Geschmacks, einem internationalen Projekt der Slow Food Stiftung für Biodiversität. Es schützt und fördert traditionelle Nutztierrassen, Kulturpflanzen und Lebensmittel, die vom Verschwinden bedroht sind und trägt so zur Rettung unseres kulinarisch-kulturellen Erbes bei. Der Arche-Passagier "Alter fränkischer Satz" wird von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe unterstützt.
Der Antrag auf Aufnahme wurde von der Arche-Kommission von Slow Food Deutschland befürwortet und vom Vorstand bestätigt. Sofern bis zum 4. Januar 2016, dem Ablauf der Widerspruchsfrist, kein Einspruch aus dem Verein erfolgt, geht der Kandidat als offizieller Passagier an Bord der Slow Food Arche des Geschmacks und verlängert die deutsche Passagierliste auf 56 Mitreisende.
Der Alte fränkische Satz
Der „Alte fränkische Satz“ entspricht einer über lange Zeiträume hinweg praktizierten Anbaumethode für Weinberge. Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts war diese Anbaumethode nicht nur in Franken, sondern in allen deutschen Weinbaugebieten verbreitet, da sie geeignet war, auch in ungünstigen Jahren einigermaßen gesichert Weine zu erzeugen. Das Prinzip war, durch Anpflanzung von unterschiedlichen Weinsorten in einem Weinberg das Risiko des Totalausfalls der Weinernte zu minimieren. So war gewährleistet, dass, auch wenn durch Spätfröste einige Weinsorten erfroren, andere dies überstanden und so noch eine Traubenernte durchgeführt werden konnte.
Eine andere Besonderheit dieser Anbaumethode ist es, die Trauben aller Weinsorten zum gleichen Zeitpunkt zu ernten und gemeinsam zu vinifizieren. Dies führt im Gegensatz zu Weincuvées, bei denen die unterschiedlichen Weinsorten getrennt gelesen, vinifiziert und erst am Ende verschnitten werden, zu einer großen geschmacklichen Vielfalt, die von Weinberg zu Weinberg und von Jahr zu Jahr die unterschiedlichsten Weine hervorbringt. In Franken gibt es aktuell noch siebeneinhalb Hektar dieses "Alten fränkischen Satzes", wobei einzelne Weinberge ein Alter von über 50 Jahren aufweisen, aus wurzelechten Sorten bestehen und in alter fränkischer Kopferziehung als Pfahlweinberg in mühevoller Handarbeit gepflegt werden.
Für den Arche-Passagier "Alter fränkischer Satz" wurde zusammen mit der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau ein Sortenprofil erstellt. Der Anteil an historischen Sorten sollte bei mindestens 20 Prozent liegen, die Mindestzahl der Sorten mindestens fünf betragen. Außerdem besteht die Pflicht zu gemischter, statistisch verteilter Pflanzung der Reben und gemeinsamer Lese und Vinifizierung. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, den Arche-Kandidaten „Alter fränkischer Satz“ als Passagier in die Arche des Geschmacks aufzunehmen, damit diese Anbaumethode erhalten und weiterentwickelt werden und einen Beitrag zur Erhaltung der geschmacklichen Vielfalt leisten kann.
Die Arche des Geschmacks
Die Arche des Geschmacks wurde 1996 ins Leben gerufen, um fast vergessene traditionelle Lebensmittel, die in Gefahr sind, völlig zu verschwinden, zu katalogisieren und bekannt zu machen, nach dem Motto: Essen, was man retten will. Denn was nicht gegessen wird, wird nicht nachgefragt, kann also nicht verkauft werden, und wird deshalb nicht hergestellt. Weltweit beherbergt die Arche derzeit über 2.000 Lebensmittelprodukte, die so genannten Arche-Passagiere, in Deutschland gibt es derzeit 55. Die große Mehrheit der Passagiere sind vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Nutzpflanzensorten. Die kleinere Gruppe sind handwerklich hergestellte Lebensmittel wie Wurst - und Käsespezialitäten, die nur noch von wenigen Produzenten erzeugt werden. Die Arche will die letzten verbleibenden Produzenten dieser Spezialitäten unterstützen und das traditionelle Wissen – Teil unseres wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erbes – bewahren.
Bild oben: Pfahlweinberg Ickelheimer Schlossberg, der mit der Anbaumethode "Alter fränkischer Satz" in einem Projekt von Slow Food Mainfranken-Hohenlohe bewirtschaftet wird. | © Gerd Sych
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