WHO-Metastudie Fleischkonsum
Kritik an WHO-Metastudie: "Fleisch ist nicht gleich Fleisch!"
Unser weltweit wachsender Appetit auf Fleisch verursacht nicht nur Umweltschäden durch Massentierhaltung und führt zu Monokulturen von Futterpflanzen - er ist auch nicht gesund. So lautet auch das Urteil einer kürzlich veröffentlichen Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Das Risiko an Gesundheitsschäden wachse mit der Menge und Regelmäßigkeit des Verzehrs von Wurstwaren und rotem Fleisch.
Diese Einschätzung erhält deutschlandweit große Aufmerksamkeit, aber aus Sicht von Slow Food Deutschland ist eine kritische Beurteilung des WHO-Gutachtens dringend notwendig. Hanns-Ernst Kniepkamp, Leiter der Qualitätskommission von Slow Food Deutschland e. V. und Diplom-Chemiker, erklärt: "Ob Fleisch oder Wurst - jedes Produkt weist in vielerlei Hinsicht erhebliche Unterschiede auf. Fleisch ist nicht gleich Fleisch, sondern in hohem Maße abhängig von Zucht, Haltung und Fütterung der Tiere. Dazu kommen die unterschiedlichen Auswirkungen von Zubereitungsarten. So müsste man genauer untersuchen, ob der Verzehr von gesottenem Fleisch dasselbe Gesundheitsrisiko birgt wie der von gegrilltem Fleisch. Gibt es Unterschiede im Gefährdungspotenzial zwischen Rind, Schwein und Lamm, oder ist Schwarzgeräuchertes mit besonders hohem Risiko behaftet, wären beispielsweise weitere Fragen, die beantwortet werden müssten."
Bei den unterschiedlichen Wurstarten sei das nicht anders, erläutert Kniepkamp weiter. Vor allem bei der Herstellung von Würsten komme der Frage nach Zusatzstoffen eine besondere Bedeutung zu. Ob Fleisch oder Wurst, für beide gilt: Die Herkunft der Tiere und die Art der Zubereitung (Fleisch) oder Weiterverarbeitung (Wurst) sind mitentscheidend für mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit.
Bild oben: Typisches Gericht in Argentinien - ein großes Steak. Das südamerikanische Land ist laut Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung mit 59,7 Kilogramm pro Kopf Weltmeister im Rindfleischverbrauch (Stand 2012). | © Katharina Heuberger
"Diese Ergebnisse entziehen sich derzeit einer fachlichen Bewertung."
Die Untersuchung der WHO wurde anhand der Auswertung von 800 Einzelstudien gemacht, deren Fragestellungen jeweils einem ähnlichen Muster folgten. Daraus ergebe sich zwar ein großer Datenpool, eine differenzierte Aussage aus wissenschaftlicher Sicht lässt dies aber nicht zu, stellt Kniepkamp fest, der lange Zeit beruflich im medizinischen Bereich tätig war. Sein Fazit: "So lange diese differenzierten Fragen nach Herkunft, Verarbeitung und Zubereitung nicht beantwortet werden können, entzieht sich die Studie einer fachlichen Bewertung."
Slow Food plädiert bei allen Lebensmitteln für die Wahl guter, sauberer und fairer Lebensmittel, bei denen die Herkunft, Herstellung und Zusatzstoffe nachvollziehbar sind. Gerade beim Fleischverzehr kommt es eben auf die Dosis an: Fleischverzehr in Maßen ist nicht nur ökologisch nachhaltiger, sondern auch besser für die Gesundheit. "Weniger ist mehr, das gilt gerade bei Fleisch und Fleischprodukten," so Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. "Der Verzehr von Fleisch steht in engstem Zusammenhang mit ökologischer Nachhaltigkeit und menschlicher Gesundheit - das sagt Slow Food schon seit langem. Unsere Ernährung muss abwechslungsreich sein mit wenig, aber gutem Fleisch und Wurstwaren aus Fleisch von Tieren aus artgerechter Haltung."
Quelle: Pressemeldung von Slow Food Deutschland vom 29. Oktober 2015
Mehr Informationen:
Pressemeldung der Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) lesen