Zukunftsstrategie für die Ökologische Landwirtschaft

20.5.2015 -  Bis Ende 2016 will die Bundesregierung eine Zukunftsstrategie für den ökologischen Landbau erarbeiten. Die Kick-Off-Veranstaltung des zuständigen Landwirtschaftsministeriums (BMEL) in Berlin am gestrigen Montag zeigte allerdings, dass für einen gesellschaftlichen Öko-Konsens noch einige grundsätzliche Hürden überwunden werden müssen.

Agrarminister Schmidt stellt Strategie für den Bio-Landbau vor

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Mit der gestern in Berlin vorgestellten „Zukunftsstrategie Ökologischer Anbau“ will Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt erreichen, dass mittelfristig 20 Prozent der deutschen Landwirtschaftsflächen ökologisch bewirtschaftet werden. Dazu hat sich das BMEL mit dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und anderen Akteuren der Biobranche zusammengesetzt. Schon im Vorfeld wurden acht Handlungsfelder herausgearbeitet, für die in den nächsten Monaten jeweils Arbeitsgruppen definiert werden sollen: EU-Rechtsvorschriften, Koordination und Zusammenarbeit, kohärente und innovative Politikkonzepte, Angebot von Öko-Vorleistungen, Forschung und Entwicklung, Ausbildungs- und Beratungsangebote, Wertschöpfungsketten und Vermarktung.

Wirtschaftliche Vorteile im Zentrum der Betrachtung

Die Initiative stellt einen positiven, zu begrüßenden Schritt dar, lässt aber viele Fragen offen, vor allem wenn man den teilweise kontroversen Tenor der Kick-Off-Veranstaltung berücksichtigt: Bundesminister Schmidt begründete das Ziel des Ökolandbau-Ausbaus hauptsächlich durch die steigende Marktanfrage, um die „Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass sich jeder so ernähren kann, wie er es für richtig hält“. Vornehmlich scheint es dem BMEL um die wirtschaftliche Nutzung dieses wachsenden, lukrativen Marktes zu gehen, auch hinsichtlich des steigenden Interesses an Bio-Saatgut und -Tierprodukten.

Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), wies dagegen nachdrücklich auf die Notwendigkeit eines landwirtschaftlichen Strukturwandels und auf eine langfristig vollständige Umstellung auf biologischen Anbau hin. Die konventionelle Landwirtschaft trage viele negative Folgen mit sich und habe unter anderem schon zum drastischen Verlust der Artenvielfalt geführt. Der Ausbau der Öko-Landwirtschaft sei nach Löwenstein der einzige Weg zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele, ohne die die Landwirtschaft nicht zukunftsfähig sei: Artgerechte Tierhaltung, mehr handwerkliche Erzeuger, faire Preise, rechtliche Rahmensetzung – all dies konkrete, anzugehende Ziele. Zu Löwenstein begrüßte die Initiative der Bundesregierung als „ermutigenden Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen Umbau unseres Ernährungssystems“. Er betonte jedoch, dass „messbare Ziele“ nötig seien.

Nachhaltiger Strukturwandel gefordert

Auch andere Vertreter der Ökobranche appellierten an Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, dass man Landwirtschaft mit neuen Parametern bemessen müsse. So sei ökologischer Landbau dem konventionellen Landbau bezüglich der Nachhaltigkeitsziele wie Energie- und Ressourceneffizienz weit überlegen. Außerdem dürfe man die zwei Arten der Landwirtschaft nicht betriebswissenschaftlich miteinander vergleichen ohne die negativen Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft anzusprechen, die auf Kosten aller – oft durch Steuergelder – aufgefangen werden.

In dem Kontext wurde auch die Forderung laut, politische Maßnahmen loszutreten, die Umweltleistungen honorieren. Viele Bio-Landwirte können es sich finanziell derzeit kaum leisten, ihren Betrieb aufrecht zu erhalten. Eine Diskussion um faire Preise und Prämien für Biobauern und ein Ansatz, der die Notwendigkeit eines Strukturwandels in der Landwirtschaft anerkennt, müssen ebenfalls angestoßen werden, denn die steigende Nachfrage an Bio-Produkten ist nicht automatisch gekoppelt an tatsächliches Verbraucherbewusstsein darüber, warum das Bio-Produkt besser ist als ein Konventionelles. Das aber ist die Voraussetzung dafür, dass Erzeuger faire Preise verlangen können.

Slow Food fordert einen ganzheitlichen Ansatz in der Diskussion um ökologischen Landbau, der sich nicht nur auf den Ausbau zur Deckung des Marktbedarfes konzentriert, sondern die Bedürfnisse der Biobauern in den Mittelpunkt stellt, die Wertschöpfungskette der Bioprodukte verbessert und auch die Notwendigkeit einer Alternative zur konventionellen Landwirtschaft thematisiert.

Quelle: Slow Food Deutschland e. V., Sharon Sheets
Im Bild oben: Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) | © BMEL/phtothek.net/Jörg Sarbach

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Slow Food Thema: Agrarpolitik

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