Erntetour Potsdam: Praxisorientiertes Lernen auf dem Acker
Erntetour Potsdam: Lernen auf dem Acker
Mit dem Bus ging es ab Potsdam Hauptbahnhof zuerst zur BAUERei Hof Grube in Potsdam, wo Hahn und Gans – im besten Sinne des Tierwohls – frei herum stolzieren und sich bestaunen lassen. Das nächste Ziel des Tages war die Jugendschule am Schlänitzsee. Hier arbeiten Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 10 der naheliegenden Montessori-Schule als Hauptbestandteil ihres Lehrplans ganzjährig draußen auf dem Acker.
Montessori-Pädagogik: Mathematik auf dem Feld
Die Jugendschule am Schlänitzsee ist ein Pilotprojekt des „Erdkinderplans“ der Montessori-Pädagogik, der vorsieht, dass Jugendliche der Jahrgangsstufen 7 bis 10 aus dem klassischen schulischen Kontext des Klassenzimmers herausgenommen werden und hauptsächlich im praktischen Erfahrungsraum eines landwirtschaftlichen Betriebs fächerübergreifend und ganzheitlich lernen. Hier lernen sie Mathematik, Biologie und Erdkunde im praktischen Kontext „auf dem Feld“ genauso wie ganz lebensnahe Praktiken: das Säen, Bestellen eines Feldes, Gärtnern und Ernten. So sind die Schüler zum Beispiel dafür verantwortlich mit einem gegebenen Budget zu wirtschaften und ihre Rechenkünste in der Praxis anzuwenden. Die Arbeitsschwerpunkte der Jugendlichen liegen in den Bereichen Landwirtschaft – Landbaukultur, Landschaftsschutz, mobiles Bauen (Bauwagen, Boote, mobile Küche), Verpflegung (Kochen), Betreuung von Gästen (Führungen und Verpflegung) und kulturelle Ereignisse (Theater, Musik). Das Schaffen praktischer Anwendungsmöglichkeiten gelernter schulischer Inhalte eröffnet SchülerInnen so eine andere Perspektive beim Lernen.
Bild oben: Zwei Schülerinnen in ihrem Klassenzimmer unter freiem Himmel. | © Sharon Sheets
Kartoffelkäfer-Safari
Die Erntegruppe wurde als Gast bei der Jugendschule empfangen und von den Jugendlichen, die die Ackerfläche als Teil des Lehrplans bewirtschaften, betreut, über diverse Themen informiert und in Ernteaktionen eingewiesen. So erfuhren die Teilnehmer zum Beispiel, dass man die Kartoffelkäfer auf den Kartoffelpflanzen im biologischen Anbau suchen und einzeln entfernen muss, da hier ja keine Pestizide angewandt werden. Einige der Besucher probierten dies begeistert aus.
Interessant waren auch die Informationen über die antike Mischkultur Milpa – auch unter dem Namen „Die Drei Schwestern“ bekannt. Es handelt sich hierbei um ein Landwirtschaftssystem, das von den Maya in Mittelamerika seit vielen Jahrhunderten bis heute betrieben wird und auch von den Einheimischen in Nordamerika praktiziert wurde. Dabei werden hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbisse nebeneinander angebaut. Heute sind Monokulturen die Normalität, aber hier in der Jugendschule Schlänitzsee werden die Vorteile dieser Mischkultur anerkannt und geschätzt: Der Mais dient den Bohnen als Rankhilfe und die Bohnen liefern dem Mais Stickstoff, während das Blattwerk der Kürbisse den Boden beschattet und vor Erosion schützt. Nach der Wissensweitergabe von Seiten der Montessori-Schüler ging es abschließend ans fleißige Ernten von Frühlingszwiebeln, Zwiebeln, Erdbeeren und Kräutern.
Für die Suppe am darauffolgenden Aktionstag wurden insgesamt circa 80 Kilogramm Kartoffeln benötigt. Somit ging es als letzte Etappe der Erntetour zum Kartoffelsortieren auf den "Obst- und Gemüsehof Teltower Rübchen" in Stahnsdorf. Kühl und dunkel gelagerte Kartoffeln aus der letzten Saison, die noch essbar und äußerst lecker sind, wurden hier von den TeilnehmerInnen der Slow Food Erntetour nach Brauchbarkeit sortiert.
Bild oben: Der gefräßige Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) muss im Biolandbau von Hand abgesammelt werden. | © Sharon Sheets
Mehr Informationen:
Infoseite: Erntetour und Aktionstag "Potsdam rettet Lebensmittel"
Slow-Food-Aktionstage gegen Lebensmittelverschwendung