Terra Madre Salone del Gusto 2016: 57 neue Slow Food Presidi
Vor kurzem hat die Slow Food Stiftung einen wichtigen Meilenstein erreicht: die Gründung des 500. Presidio mit der Serrano-Chilischote aus Tlaola in Mexiko. Ein von Frauen organisiertes Presidio, das beispielhaft für den Einsatz der indigenen Frauen und die soziale sowie wirtschaftliche Emanzipation ist, die mit der Wiederentdeckung und Aufwertung der biologischen Vielfalt in der Region einhergeht.
Das diesjährige Thema von Terra Madre Salone del Gusto – die Erde lieben – macht die 300 anwesenden Presidi zu den Flaggschiffen eines Netzwerks, das in den letzten Jahren 500 lokale Produkte, darunter Rohmilchkäse, Tierrassen und tierische Erzeugnisse, Pflanzenarten, Honigsorten, traditionelle Techniken und Fischbestände vor dem Verschwinden gerettet hat.
29 internationale Presidi aus Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika sind zum ersten Mal beim Markt im Valentino-Park vertreten. Italien präsentiert 28 Presidi, darunter das erste landesweite Presidio: das extranative Olivenöl. Alle italienischen Presidi sind in der Via Roma und auf der Piazza San Carlo zu finden.
Foto oben: Das 500. Slow Food Presidio, die Serrano-Chilischote aus Tlaola in Mexiko. | © Slow Food Archiv
Neue internationale Presidi
In Afrika ist das Slow Food Netzwerk in 30 Ländern präsent und setzt sich mit den Presidi-Projekten und 3000 gemeinschaftlichen Nutzgärten und Schulgärten für lokale Lebensmittel und biologische Vielfalt ein. Vier neue Presidi aus Afrika werden bei Terra Madre Salone del Gusto vertreten sein: der Robusta-Kaffee aus São Tomé und Príncipe, ein Kaffee mit duftendem Aroma und ausgeglichenem weichem Geschmack; die kletternde Jamswurzel, eine Knollenfrucht aus Uganda, die dort unter dem Namen Balugu bekannt ist und die man sowohl roh, gekocht als auch frittiert essen kann; das Baleni-Salz aus Südafrika, das ausschließlich von Frauen aus einer Quelle wenige Meter vom Fluss Klein Letaba gewonnen wird; der Honig der Melipona-Biene aus Arusha (Tansania), ein flüssiger Tausendblütenhonig von süßsaurem Geschmack, der von den schwarzen stachellosen Bienen in der Nähe des Dorfes Ngurdoto im Norden des Landes hergestellt wird.
Auch die beiden Amerikas werden mit bedeutenden Beiträgen vertreten sein. Aus Kanada kommt der Sockeye Wildlachs aus dem Fluss Okanagan, der von den indigenen Syilx-Gemeinschaften nach traditionellen Methoden gefangen wird und von dem sämtliche Teile verarbeitet werden, wobei z.B. auch Köpfe und Gräten in Fischsuppen zum Einsatz kommen.
Aus Mexiko stammt nicht nur das 500. Presidio der Serrano Chilischote aus Tlaola, auch das Presidio der nativen Bohnen aus Tepetlixpa wird zugegen sein, mit seinen sieben Bohnensorten, die zusammen mit Getreide, Gemüse und Kräutern angebaut werden und besonders nährstoffreich sind; außerdem die Agave aus der mexikanischen Hochebene, geschätzt für ihre zuckerhaltigen und durststillenden Blätter; das Nacktschwein der Halbinsel Yucatán, seit der Zeit der Maja für sein geschmacksintensives und fettarmes Fleisch bekannt; der Kürbis der Halbinsel Yucatán, dessen Kerne geröstet und gemahlen in traditionellen Gewürzmischungen wie dem Sikil Pak zum Einsatz kommen; sowie die Xunankab-Biene der Halbinsel Yucatán, eine der 16 stachellosen Sorten, die in dieser Gegend leben und grundlegend für die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts der Wälder sind.
Ein neues Presidio aus Kolumbien, das bei Terra Madre Salone del Gusto offiziell präsentiert wird, ist der Porcelana-Kakao der Sierra Nevada de Santa Marta, eine wildwachsende Sorte, die für das intensive Aroma ihrer weißen Bohnen bekannt ist und von Familienbetrieben produziert wird.
Aus Peru kommt der Panela aus Tailin, ein natürlicher Süßstoff aus Rohzucker, der auf über 1500 Höhenmetern angebaut wird; und das kürzlich eingerichtete Presidio des Tarwi, besser bekannt als Lupine. Die Pflanze wird in vielen traditionellen Rezepten verwendet, wie dem Picante, einem Gericht aus Kartoffeln, gelben Paprika, Zwiebeln, Knoblauch, geröstetem Mais, Rocoto-Chili und natürlich Lupinen.
Aus Brasilien werden der Honig der Mandaçaia-Biene aus der Caatinga zugegen sein, der von stachellosen Bienen stammt und sich durch ein lang anhaltendes blumiges Aroma auszeichnet, sowie die Passionsfrucht aus der Caatinga, die roh verzehrt oder zu Saft verarbeitet wird.
Die Vertreter aus Asien sind drei neue indonesische Presidi: der Cingagoler-Honig der Cerana-Biene, dunkelbraun und mit einer Note von Kokosblüten; das Öl der Tengkawang-Nüsse, das aus den Früchten einer typischen indigenen Pflanze aus Borneo hergestellt und auch als grüne Butter bezeichnet wird; die alten Bananensorten aus Yogyakarta, die in einer vulkanischen Gegend der Provinz Java wachsen und die roh, püriert oder getrocknet grundlegend für die traditionelle javanische Küche sind.
Aus Europa hingegen kommen zehn Neuheiten: Kroatien präsentiert den Varenik aus Pelješac, einen zuckerhaltigen Sirup aus gegorenem Traubenmost; Mazedonien ist mit der Mellifera-Biene vertreten, die seit je her in den Trmki gezüchtet wird, kleinen kegelförmigen Bienenkörben aus Stroh, Binsen und Schlamm; sowie mit der Stanushina-Traube, aus der der rubinrote Wein Kominyak und der Madzun gewonnen werden, der traditionellerweise als Medizin diente. Mit dabei sind auch die Rosa Tomate aus Kurtovo Konare aus Bulgarien, die besonders süß und fleischig ist; sowie das Baaßener Schwein aus Rumänien, das durch sein schwarzes Fell mit weißen Borsten auf Rumpf und Vorderbeinen zu erkennen ist. Die Tschechische Republik schickt die Eberesche aus der mährischen Slowakei, deren Früchte getrocknet oder als Konserven, Schnäpse oder Liquöre verzehrt werden können.
Aus Großbritannien kommt der Rohmilch-Stilton, ein runder bläulicher Kuhmilchkäse, der traditionsgemäß aus Rohmilch hergestellt wird. Der einzige Hersteller dieser Käsesorte führt mit Unterstützung von Slow Food einen Feldzug gegen die Änderung des Produktionsprotokolls, das die Verwendung von pasteurisierter Milch statt Rohmilch vorschreibt, weshalb das Presidio nicht den historischen Namen verwenden darf.
Österreich schließlich präsentiert die alten Kirschsorten vom Leithaberg, die sich durch eine dünne Schale und eine intensive rot-braune Farbe auszeichnen und zusammen mit Obstbäumen und Weinstöcken angebaut werden; sowie den Waldstaudenroggen aus dem Waldviertel, einer alten Sorte mit intensivem Geschmack und hohem Vitamin- und Mineraliengehalt, die in einer waldreichen Region angepflanzt wird. Auch mit dabei ist das Waldviertler Blondvieh, einer Kuhrasse, die sowohl auf der Weide als auch in den Wäldern der Region leben kann und sich durch gute Milchproduktion und hohe Fleischqualität auszeichnet.
Quelle: Pressemeldung von Slow Food International vom 1. September 2016
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