Arche des Geschmacks: Luikenapfel
Neuer Arche-Passagier: der Luikenapfel aus Württemberg
Der Luikenapfel zeichnet sich durch eine sehr späte und lang andauernde Blüte aus und ist deshalb auch für rauere Lagen und Höhenlagen mit Spätfrösten geeignet. Der Apfelbaum kann ein hohes Alter erreichen und gilt als einer der größten in Deutschland. Wegen seines starken Wuchses und Größe hat der Baum eine landschaftsprägende Wirkung. Er könnte künftig einen wichtigen und nachhaltigen Beitrag zum Erhalt der für den Raum Stuttgart charakteristischen und ökologisch wertvollen Streuobstwiesen leisten.
„Der Luikenapfel verdient es, weiterhin auf unserem Einkaufzettel zu stehen. Nicht nur wegen seines einzigartigen Geschmacks sondern auch wegen seines regionalen Kultstatus. Er ist ein wesentlicher Bestandteil der schwäbischen Mostkulturgeschichte,“ sagt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. „Schon jetzt verlieren wir jährlich 27.000 Tierrassen und Pflanzensorten, das sind 72 pro Tag. Deren Anbau, Haltung oder Verarbeitung braucht meistens viel Zeit und ist daher für einen Umgang mit Lebensmitteln, der auf Geschwindigkeit baut, zu aufwändig und arbeitsintensiv. Solche Lebensmittel mit Charakter haben keinen Platz mehr in einem auf Effizienz getrimmten, globalisierten Lebensmittelsystem. Und das Verschwinden der Geschmacks- und Sortenvielfalt auf unserem Teller nimmt weiterhin seinen schnellen Lauf. Mit der Arche des Geschmacks stellt sich Slow Food diesem Trend aktiv entgegen.“
Neben den positiven Auswirkungen artenreicher Ökosysteme auf die Bodenfruchtbarkeit, Bienen und die Tierwelt generell, geht der Erhalt der biologischen Vielfalt eng einher mit dem Erhalt traditioneller Kulturlandschaften, Verarbeitungstechniken und dem kulturellem Erbe einer Region. Slow Food möchte die Arche-Produkte wieder bekannter machen, damit sie nachgefragt, erhalten und verkauft werden können.
In Deutschland gibt es mit dem Luikenapfel nun 62 Arche-Passagiere, weltweit sind es rund 4.400.
Quelle: Pressemeldung von Slow Food Deutschland vom 23. Mai 2017
Bild oben: Luikenapfelbaum mit Früchten.| © Matthias Braun
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15 Jahre Slow-Food-Engagement für Biodiversität
Zum Tag der Biodiversität am vergangenen Montag zog Slow Food Bilanz seiner Aktivitäten der letzten 15 Jahre auf der ganzen Welt zum Schutz der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft und bei Lebensmitteln.
Weltweit war Slow Food die erste mitgliederbasierte Organisation, die beim Schutz der biologischen Vielfalt über den Tierschutz hinausging. Slow Food vertritt den Standpunkt, dass biologische Vielfalt auch die Biodiversität in der Landwirtschaft und bei Lebensmitteln umfasst. Die Gefahr des Aussterbens ist nicht auf wilde Sorten beschränkt, sondern betrifft auch Tierrassen und Pflanzensorten, die sich durch jahrtausendelange selektive Zucht herausgebildet haben.
Was hat Slow Food bisher in punkto Verteidigung der biologischen Vielfalt von Landwirtschaft und Lebensmitteln erreicht?
- 4396 Produkte der Arche des Geschmacks in 143 Ländern, 700 davon sind indigene Lebensmittel. Die Arche des Geschmacks ist ein Verzeichnis traditioneller Lebensmittel, die vom Verschwinden bedroht sind – darunter nicht nur Obst- und Gemüsesorten, oder Tierrassen, sondern auch Käsesorten, Brotarten und Süßigkeiten.
- 514 Slow Food Presidiprojekte in 69 Ländern mit über 17.880 Erzeugern. Die Presidi unterstützen ländliche Gemeinschaften bei der Bewahrung und Aufwertung alter Nutzpflanzensorten und lokaler Tierrassen.
- 59 Märkte der Erde in 17 Ländern, auf denen 1497 Erzeuger ihre Produkte verkaufen.
- 2634 Nutzgärten in 36 afrikanischen Ländern, die von 52.680 Bauern bestellt werden.
- 2706 Lebensmittelbündnisse in 159 Ländern mit 74.208 Mitgliedern.
- 789 Köche der Slow Food Chef Alliance in 17 Ländern.
Die von Bauern in jahrhundertelanger Arbeit geschaffene Biodiversität in der Landwirtschaft und bei Lebensmitteln hat eine grundlegende Bedeutung für unsere Nahrung. Biologische Vielfalt stellt darüber hinaus unsere Versicherung für die Zukunft dar, denn sie ermöglicht es Flora und Fauna wesentlich effizienter, sich an den Klimawandel, an Parasiten und Krankheiten anzupassen, als ein System mit geringer Vielfalt.
Im letzten Jahrhundert gingen 75 Prozent der biologischen Vielfalt von Nutzpflanzen verloren und 17 Prozent aller Nutztierrassen sind inzwischen vom Aussterben bedroht. Über 250.000 essbare Pflanzenarten und über 8.500 Nutztierrassen sind bereits verschwunden. Im Lauf der Geschichte sind immer Arten ausgestorben, aber die Geschwindigkeit der aktuellen Entwicklung ist neu. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stammen heute 75 Prozent all unserer Lebensmittel von nur 12 Pflanzensorten und fünf Tierrassen.
Bild oben: © Slow Food Archiv
Mehr Information:
Internationale Slow Food Stiftung für Biodiversität (Englisch)