Neue Passagiere in der Arche des Geschmacks: Münsterbirne und Diepholzer Gans
Zwei neue Arche-Passagiere: Diepholzer Gans und Münsterbirne
Galt die Diepholzer Gans in den 1980er-Jahren als fast ausgestorben, gewinnt sie in jüngster Zeit wieder an Popularität in der Region Diepholz. Die Diepholzer Gans ist ein Weidetier und eine der wenigen noch existierenden Landgänserassen in Deutschland. Sie wird heute ausschließlich von Hobbyzüchtern gehalten, von denen nur wenige mehr als 50 Tiere besitzen. In den Handel gelangt sie deshalb derzeit noch nicht. In den Genuss des zarten Fleischs kommen damit zumeist Gänseliebhaber, die sie von Kleinzüchtern als Martins- und Weihnachtsgans erwerben.
Die Diepholzer Gans zeichnet sich durch ihre hohe Widerstandsfähigkeit, ausgezeichnete Marschfähigkeit, Futterdankbarkeit sowie Fruchtbarkeit aus. Das prädestiniert sie für nachhaltige Geflügelhaltung. Für eine extensive Haltung ist ihr jedoch der passende Lebensraum abhandengekommen: Gemeindeweiden wurden abgeschafft, Moorweiden kultiviert. Ihre wirtschaftliche und agrarische Bedeutung in Zeiten von Hochleistungszucht und Gewinnmargen ist gering. „Für den konventionellen Fleischhandel wiegt die Diepholzer Gans nicht schwer genug. Bei reiner Weidehaltung mit geringer Zufütterung erreicht sie knapp fünf Kilogramm“, so Hudson. „Heutige Hybridgänse werden mit Kraftfutter gemestet und erzielen rund zehn Kilogramm,“ berichtet Hudson.
Als Arche-Passagier wird die Diepholzer Gans von Slow Food Diepholz unterstützt.
Bild oben: Gans mit Gösseln. | © Wolbert Schnieders-Kokenge
Langlebiger Baum mit mächtiger Krone und kleinen, süß-aromatischen Früchten
Die Münsterbirne ist seit Mitte des 17. Jahrhunderts im Großraum Aachen heimisch. Ihr Baum mit mächtiger Krone erreicht mehr als 15 Meter Höhe, und wird bis zu 200 Jahre alt. Ende August bis Anfang September sind die Birnen pflückreif, genussreif sind sie dann nach zwei bis drei Wochen. Die klassischen Standorte der Münsterbirne sind große Garten- und Wiesenflächen, angrenzend an landwirtschaftliche Gehöfte. Flächen, die in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen sind. Aber es lässt sich auch eine positive Entwicklung verzeichnen: Im Rahmen landschaftsrechtlicher Kompensationsmaßnahmen und Biotopverbesserungen wurden neue Münsterbirnen gepflanzt. Das Slow Food Convivium Aachen schätzt den Bestand auf einige hundert Exemplare, wobei die Sterberate weiterhin um ein Mehrfaches höher ist als die Rate der Neupflanzungen.
Vom Erwerbsobstbau wird die Münsterbirne verschmäht, denn die Höhe der Bäume erfordert eine arbeitsintensive Erntetechnik per Hand. Der konventionelle Handel kann zudem die kurze Haltbarkeit der Frucht bis zum Verzehr und zur Verarbeitung aufgrund mangelnder Flexibilität nicht handhaben. Optisch scheitert sie am Raster des glattpolierten, gewachsten Plantagenobsts. „Mit der Aufnahme in die Arche bauen wir Strukturen auf, die den Erwerb der Münsterbirne fördern. Die Menschen können so ihren außergewöhnlich süßen, aromatischen und würzigen Geschmack wieder genießen“, erklärt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.
Als Arche-Passagier wird die Münsterbirne von Slow Food Aachen unterstützt.
Bild oben: Die Münsterbirne wird traditionell als Hochstamm veredelt und ist an ihrer charakteristischen Wuchsform gut zu erkennen. | © Hans-Jürgen Serwe
Quelle: Pressemeldung von Slow Food Deutschland e. V. vom 18. Dezember 2017
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