Sechs Jahre Kinderkochclub Stuhr Moordeich
Slow-Food-Bildung: Kinderkochclub in Stuhr Moordeich im Interview
Marcel Kotrc führt die Regie, er ist Sozialpädagoge und gelernter Koch und hat sein Handwerk im Bremer Parkhotel gelernt. Dabei wird er unterstützt von Wolfgang Rung, Lehrer an der Lise Meitner Schule – inzwischen im Ruhestand, und von Hans Schüler von Slow Food Diepholz. Frei nach dem Motto von Carlo Petrini: “Lerne die Geschichte einer Speise kennen“ gehen alle mit Spaß an die Sache ran. Neben den monatlichen Kochtreffs, bei denen auch schon einige Mütter und Väter die Küchen ihrer Heimatländer vorgestellt haben, gibt es Produzentenbesuche auf Bauernhöfen, wo u.a. bei der Ernte geholfen wird. Der Kinderkochclub hat sich auch an Kochwettbewerben beteiligt und an Geschmacksschulungen teilgenommen. Um den Kindern auch Aspekte des Fairen Handels nahe zu bringen besteht eine Zusammenarbeit mit der Initiative „Stuhr Fair“.
Bild oben (v. l. n. r.): Marcel Kotrc und Wolfgang Rung. | © Team Jugend Stuhr
Fragen an die „Macher“ Marcel Kotrc und Wolfgang Rung, die von Beginn an dabei waren.
Warum kommen die Kinder?
Der Kochclub wird als außergewöhnliches AG-Angebot wahrgenommen. Ende der 4. Klasse, wenn die Kinder der Grundschulen ihre neue Schule an einem „Schnuppertag“ kennenlernen, wird ihnen im Jugendtreff „NoMoor“ die Koch-AG vor Ort vom Mitarbeiter-Team vorgestellt und mit einem kleinen Einblick in einen Kiko-Nachmittag „schmackhaft“ gemacht. Vielen ist der Kinderkochklub aber auch schon aus Presseberichten bekannt, denn die Teilnahme am Kinderkulturfest, dem Kochduell und Schlemmermahl in Kooperation mit „Stuhr Fair“ findet in der regionalen Berichterstattung große Beachtung.
Kommen die Kinder aus Familien, in denen schon auf gute Ernährung geachtet wird?
Es ist auffällig, dass für viele unserer Kinder genussvolles Essen einen hohen Stellenwert hat. Die Mahlzeiten werden zu Hause oft frisch zubereitet, die Kinder werden einbezogen und daher sind einige Zubereitungstechniken vertraut. Auch Väter sind vielfach an der Alltagsküche in allen Phasen beteiligt, was die Akzeptanz für alle Küchenaktivitäten fördert: Vorbereitung, Zubereitung, Servieren und Aufräumen.
Was ist bei euch anders als bei anderen Kochaktionen mit Kindern?
Wir haben für unsere Menüs zwar einen Rahmenplan, der sich an regionalen und saisonalen Erzeugnissen orientiert, planen aber alles zusammen mit den Kindern, und dabei finden Lieblingsspeisen besondere Beachtung. Oft können auch Eltern einbezogen werden, die ihre Heimatküchen präsentieren. In den letzten Jahren hatten wir u.a. kroatische, badische, polnische, russische und südamerikanische Kochevents und haben dabei neben vielem anderen Palatschinken, Pelmeni, Badische Kirschplotzer und Quinoa-Suppe authentisch zubereitet. Einmal hat uns ein Teilnehmer aus seinem Sommerurlaub bei den russischen Großeltern selbst geerntete Kartoffeln im Flugzeug mitgebracht, was uns ein besonderes Geschmackserlebnis ermöglicht hat.
Verwendet ihr regionale, fair gehandelte und Bioprodukte?
Die wichtigsten Einkaufsquellen sind die Hofläden in der Gemeinde Stuhr (u.a. Mahlstedt und Hohnhorst), bei weiteren Einkäufen achten wir auf die zertifizierten Bio- und Fairtrade-Siegel.
Kommt Fleisch auf den Teller?
Wir sind keine Vegetarier, kochen aber immer so, dass jeder Vegetarier zu seinem Recht kommt. Der Fleischanteil wird im Laufe der Zeit immer geringer, da die Kinder erleben, wie man geschmackvolle Speisen auch ohne Fleisch zubereitet. Eine Gruppe hat sich fast vollständig auf vegetarische Speisen verständigt und Fleisch taucht nur noch als gelegentliche Beilage auf.
Habt ihr etwas von den Kindern gelernt?
In allen von uns betreuten Gruppen wurde immer schnell deutlich, dass das gemeinsame Kochen ein sehr geselliges Vergnügen ist. Die Arbeitsteilung und die gemeinsame Freude am guten Gelingen fördern den sozialen Zusammenhalt. Durch gemeinsame Planungen haben wir überdies auch Rezepte kennengelernt, die die Kinder aus dem Urlaub mitgebracht haben oder die als Familienrezepte besondere Spezialitäten darstellen.
Wie nachhaltig ist der Kinderkochclub?
Auch nach Ablauf der AG-Zeit, die pro Gruppe auf 2 Jahre geplant ist, zeigen die Teilnehmer Interesse an weiteren Treffen. Im Verlauf der Zeit haben alle viel gelernt im Umgang mit Nahrungsmitteln, sind u.a. durch Besuche bei Erzeugern sensibilisiert für regionale und saisonale Angebote, haben Einblick gewonnen in die Substanz einiger Lebensmittel, z.B. bei der Herstellung von Nudeln, Eis oder verschiedenen Teigsorten, haben sich einige Handwerkstechniken angeeignet und viele Anregungen erhalten. So sind sie in der Lage, bei Bedarf auch zu Hause für die Familie zu kochen.
Die Fragen stellte Milena Schulte, Newsletter-Redakteurin und Mitglied von Slow Food Diepholz.
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