Fischgenuss: „Karpfen erfüllen alle Ansprüche moderner Verbraucher.“

31.10.2018 – Der Karpfen stößt als Speisefisch immer noch auf Vorurteile. Zu Unrecht. Nicht nur der Geschmack ist hervorragend, auch die Produktion ist nachhaltig. Die Slow Food Wurzeltour besuchte am Samstag den Fischhof Bächer in der bayerischen Karpfenregion Tirschenreuth im Oberpfälzer Wald, um mehr über den kulinarisch und ökologisch wertvollen Fisch zu erfahren. Auf dem Programm standen Teichführung, Diskussion und Verkostung.

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An der Diskussionsrunde auf dem Fischhof Bächer in Muckental bei Wiesau nahmen teil: Dr. Martin Oberle, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Bereich Karpfenteichwirtschaft; Klaus Bächer, Teichwirt; Lena Bächer, Tochter von Klaus Bächer und stellvertretende Vorsitzende der "ARGE Fisch im Landkreis Tirschenreuth"; Sophia Bächer, Oberpfälzer Teichnixe. Slow Food Deutschland wurde von Vorstandsmitglied Dr. Rupert Ebner vertreten.

Den Auftakt machte Ebner, der erläuterte, dass Slow Food ein großes Augenmerk auf das Thema Fisch lege. „Von den fünf Fischarten die in Deutschland am meisten verkauft werden, gelten inzwischen vier als bedroht. Das sind der Lachs, der Thunfisch, der Hering und natürlich der Seelachs, aus dem Fischstäbchen gemacht werden. Nur die Forelle kann derzeit noch halbwegs bedenkenlos gekauft und verzehrt werden.“ Es sei höchste Zeit, sich Alternativen zu suchen, die nachhaltig und naturnah produziert werden. „Ich bin tief beeindruckt von der Teichführung und der Art, wie hier Karpfen produziert wird. Ich habe selten erlebt, dass ein Lebensmittel so naturnah erzeugt wird.“ In Verbindung mit den kurzen Wegen, die der Karpfen zurücklegt, sei der Fisch im Sinne nachhaltiger Ernährung ein ideales Produkt.

Bild oben: Klaus Bächer mit einem Prachtexemplar aus dem Karpfenteich.

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„Karpfen ist mager, schmackhaft und nachhaltig.“

Die Vorurteile dem Karpfen gegenüber rührten teilweise noch aus einer Zeit vor 1990, in der sehr viel Karpfen aus den sogenannten Ostblockstaaten importiert wurden, erklärt Martin Oberle, von der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft im Bereich Karpfenteichwirtschaft. Damals wurden diese dort teilweise sehr intensiv gehalten, mit Körnermais gefüttert und in einer schlechten Qualität mit hohen Fettgehalten verkauft. Denn der Karpfen sei von Haus aus, wenn er vernünftig erzeugt aus den Teichen kommt, ein sehr schmackhafter und gesunder Fisch. Er ist mager und besitzt wertvolle langkettige Omega-3-Fettsäuren. Oberele ist überzeugt: „Verbraucher finden heute Karpfen von sehr hoher Qualität und werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Geschmack überzeugen lassen.“

Um eine gute Qualität zu erhalten, dürften Teichwirte prinzipiell nicht zu viele Fische pro Hektar einsetzen und nicht zu viel Getreide dazu füttern. Denn bei zu vielen Kohlehydraten würden eben auch Fische fett. Oberle: „Die Eiweißquelle des Karpfens ist die sogenannte Naturnahrung, die aus Wasserflöhen, Hüpferlingen, Insektenlarven etc. besteht. Teichwirte füttern zu. Wenn das in einem guten Verhältnis zueinander steht, hat man beste Qualität. Wir wissen durch Tests, der Karpfen schmeckt dem durchschnittlichen Verbraucher gut, wenn er bis zu zehn Prozent Fettgehalt hat. Steigt der Fettanteil noch weiter, wird das Fleisch glibberig. Aber das liegt eben nicht am Karpfenfleisch selbst, sondern an der falschen Ernährung. Vor 30 Jahren wusste man das alles noch nicht.“

Der Fisch überzeugt heute aber nicht nur durch Geschmack, sondern auch durch seine Umweltverträglichkeit. Oberle zählt die Vorteile auf: „Der Karpfen ist ein Fisch, der alles erfüllt, was der moderne Verbraucher heute erwartet, er ist schmackhaft, gesund, aus nachhaltiger, umweltfreundlicher Erzeugung, er durchläuft kurze, regionale Wirtschaftskreisläufe, wird frisch angeboten und der CO2-Fußabdruck seiner Produktion ist vorbildlich gering.“

Bild oben: Blick in die Küche des Fischstüberls beim Fischhof Bächer

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Karpfen: In der Region geliebt

In den Zentren der Teichwirtschaft in Franken und in der Oberpfalz hat die Karpfenzucht eine mehr als 1.000-jährige Tradition. Die meisten der rund 30.000 - 40.000 Teiche gibt es schon seit mehr als 400 Jahre. In der Region hat man die Vorzüge des Karpfens immer geschätzt und die Nachfrage ist steigend. Deutschlandweit dagegen stagniert diese oder fällt. Lena Bächer vom Fischhof Bächer und stellvertretende Vorsitzende der Vermarktungsbundes „ARGE Fisch im Landkreis Tirschenreuth“ berichtet, dass man Menschen außerhalb der Region im persönlichen Kontakt jedoch schnell für Karpfenfleisch begeistern kann, wenn man ihnen von den aktuellen kulinarischen und ökologischen Qualitäten berichtet. „Die Menschen verstehen, Karpfen ist ein Produkt, das man mit gutem Gewissen essen kann.“

Oberle beklagt aber, dass die finanzielle Wertschätzung für die harte Arbeit der Teichwirte fehle und wünscht sich vor allem eine faire Entlohnung für die Teichwirtschaft, damit auch die Jugend gerne weitermacht. Momentan läge der Deckungsbeitrag beim Speisekarpfen bei etwa 300 bis 500 Euro bei 100 Stunden Arbeitszeit für einen Hektar.

Bild oben: Am Fischhäuserl an den Bächerschen Karpfenteichen in Wiesau-Muckenthal

Regionale Vermarktung

Aktuell reisen 90 Prozent der Bächlerschen Karpfen nicht weiter als 100 Kilometer. Ein Drittel geht an Anglervereine zum Einsetzen und zum Essen, ein weiteres Drittel an Schlachter und Direktvermarkter, ein Drittel bleibt im Betrieb. Im Grunde soll sich nach der Vorstellung der Familie Bächer daran auch nicht viel ändern. Lena Bächer erläutert: „Wir bevorzugen eine regionale Vermarktung und sind dagegen, den Fisch hunderte von Kilometern durch Deutschland oder Europa zu fahren.“ Sie kritisiert außerdem, dass im Supermarktregal die handwerkliche Teichwirtschaft von umweltschädlicher Aquakultur gar nicht mehr zu unterscheiden wäre. „Nach europäischer Deklarationsrichtlinie fallen wir unter den Begriff Aquakultur. Diese schließt leider auch Durchlaufanlagen oder Kreislaufanlagen ein. Dabei gibt es da meilenweite Unterschiede. Intensive Aquakultur ist oft auch nur Massentierhaltung im Wasser,“ erläutert Bächer.

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Karpfen auf dem Teller

Die zahlreichen Informationen, die es rund um den heimischen Fisch gab, mussten dann aber auch kulinarisch erlebt werden. Und hier hatten sich Manuela und Elsa Bächer etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Neben dem Klassiker, dem „Stiftlandkarpfen blau“ und dem allseits beliebten Karpfenfilet im Bierteig gab es auch ein mediterranes Karpfenfilet mit Stiftländer Rapsöl. Vorgestellt wurden die Gerichte von der Oberpfälzer Teichnixe Sophia. Vor allem das grätenfreie Filet hinterließ einen bleibenden Eindruck, da viele der weit angereisten Gäste dies so nicht kannten. Zur Krönung der Veranstaltung ließ es sich Klaus Bächer nicht nehmen, das Filetieren per Hand vorzuführen. Neben großem Applaus für die Familie Bächer waren ein vollkommen leergekaufter Fischladen der Familie die Folge einer weiteren rundum gelungen Veranstaltung der diesjährigen Karpfensaison.

Bild oben: Klaus Bächer beim Filetieren eines Karpfens zum grätenfreien Filet

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Stehend v. l.n.r.: Andrea Lenkert-Hörrmann, Dr. Martin Oberle, Dr. Rupert Ebner

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© Ingo Hilger

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