EU-Farm to Fork Strategie: Die wichtigsten Infos auf einen Blick
Was ist die "Farm to Fork"-Strategie und wen betrifft sie?
Die "Farm to Fork"-Strategie (F2F) ist ein neuer umfassender Zehnjahresplan, der von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde, um den Übergang zu einem fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystem in Europa voranzutreiben. Es ist der erste ernsthafte Versuch der EU, eine Lebensmittelpolitik zu entwerfen, die für jede Stufe der Lebensmittelwertschöpfungskette, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verbrauch, Maßnahmen und Ziele vorschlägt, um die europäischen Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu gestalten. Jeder EU-Mitgliedsstaat muss ihr folgen, indem er sie auf nationaler Ebene umsetzt und so zum Erreichen der EU-Ziele beiträgt.
Die "Farm to Fork"-Strategie steht im Einklang mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) und zielt auch darauf ab, durch internationale Zusammenarbeit und Handelspolitik die Standards weltweit anzuheben, damit ihr ökologischer Wandel nicht durch die Externalisierung nicht nachhaltiger Praktiken in anderen Regionen ausgeglichen wird.
Was sind die wichtigsten Ziele dieser Strategie?
- Gewährleistung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion
- Gewährleistung von Ernährungssicherheit
- Förderung nachhaltiger Praktiken in der Nahrungsmittelverarbeitung, im Groß- und Einzelhandel, im Gastgewerbe und in der Gemeinschaftsverpflegung.
- Förderung eines nachhaltigen Lebensmittelkonsums und des Übergangs zu gesunden, nachhaltigen Ernährungsweisen
- Verringerung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung
- Bekämpfung von Lebensmittelbetrug entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette
Es werden einige Leitziele genannt, die als wesentlich für das Erreichen der Ziele angesehen werden und von denen einige auch die EU-Biodiversitätsstrategie widerspiegeln:
- Bis 2030 den Einsatz und das Risiko chemischer Pestizide um 50 % verringern und die Verwendung gefährlicherer Pestizide um 50 % reduzieren
- Reduzierung der Nährstoffverluste um mindestens 50%, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass es zu keiner Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit kommt. Dadurch wird der Einsatz von Düngemitteln bis 2030 um mindestens 20% reduziert
- Verringerung der Gesamtverkäufe von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und Aquakultur in der EU um 50% bis 2030
- 25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche bis 2030 mit biologischer Landwirtschaft zu bewirtschaften.
Hatte die EU schon einmal eine "Farm to Fork"- oder umfassende "Food"-Strategie?
Es ist das erste Mal, dass die EU eine "Farm to Fork"-Strategie für nachhaltige Lebensmittelsysteme vorschlägt, mit dem Versuch, eine umfassende Politik rund um Lebensmittel zu schaffen. Bisher wurden Fragen im Zusammenhang mit Lebensmitteln durch getrennte (und oft unvereinbare) Politiken in den unterschiedlichen Ressorts wie Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Handel usw. separat behandelt.
Slow Food fordert seit Jahren eine gemeinsame Lebensmittelpolitik, da ein ganzheitlicher Ansatz für einen radikalen Wandel im Lebensmittelsystem unerlässlich ist, indem nicht nur die Lebensmittelproduktion, die Landwirtschaft und der Handel, sondern auch die Lebensmittel- und Umweltqualität, die Gesundheit, die Ressourcen- und Landbewirtschaftung, die Ökologie, die sozialen und kulturellen Werte sowie die gesamte Agrar- und Lebensmittelkette koordiniert angegangen werden.
Ist die F2F-Strategie für die EU-Mitgliedstaaten verbindlich umzusetzen?
Die Farm to Fork Strategie ist insgesamt nicht bindend. Sie wird jedoch durch die Umsetzung der in der Strategie festgelegten Ziele und Vorgaben durch die Mitgliedsstaaten eine bindende Macht erlangen. Die Ziele und Vorgaben werden durch verschiedene gesetzgebende Maßnahmen, die Schaffung neuer Politiken und die Anpassung bestehender Politiken, wie z.B. der Gemeinsamen Agrarpolitik, umgesetzt.
Wie werden die Ziele der "Farm to Fork"-Strategie erreicht?
Ehrgeizige Ziele reichen nicht aus, wenn sie nicht von konkreten Unterstützungsmaßnahmen begleitet werden, um sie zu erreichen. Wissen, Ausbildung und eine Verlagerung der finanziellen Unterstützung werden der Schlüssel dazu sein, alle Akteur*innen im Lebensmittelsystem in die Lage zu versetzen, nachhaltiger zu wirtschaften und zu arbeiten, indem sie Alternativen zu chemischen Pestiziden entwickeln, Kennzeichnungssysteme einhalten usw. Die Strategie schlägt mehrere Reformen der bestehenden Politiken vor, um die Ziele zu erreichen: unter anderem eine Überprüfung Tierschutzverordnung und der Richtlinie über die nachhaltige Nutzung von Pestiziden. Darüber hinaus müssen sich die neuen Ziele und Vorgaben auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik widerspiegeln, und zwar durch ehrgeizige nationale Strategiepläne, die derzeit von den einzelnen Ländern entwickelt werden. Bis 2023 wird die Kommission einen Legislativvorschlag für einen Rahmen eines nachhaltigen Lebensmittelsystems vorlegen, um dazu beizutragen, die nationalen Politiken aufeinander abzustimmen und die Kohärenz aller lebensmittelbezogenen Politiken zu gewährleisten.
Wie wird sich die Strategie auf die europäische Landwirtschaft und die Lebensmittel, die wir kaufen und essen, auswirken?
Die "Farm to Fork"-Strategie soll der europäischen Landwirtschaft helfen, sich in den nächsten Jahren auf nachhaltigere Praktiken umzustellen, indem sie den Einsatz von externen Inputs (wie chemische Pestizide und Düngemittel) reduziert und bei der Produktion unserer Lebensmittel mehr im Einklang mit der Umwelt arbeitet. Die Lebensmittelkette wird für die Verbraucher*innen transparenter sein, indem durch eine bessere Kennzeichnung mehr Informationen über die Ernährungsaspekte und die Herkunft der Lebensmittel bereitgestellt werden. Die Strategie schlägt einige Maßnahmen vor, um gesunde und nachhaltige Lebensmittel für jedermann wirtschaftlich und physisch zugänglicher zu machen; öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser werden dank strengerer Standards im öffentlichen Beschaffungswesen nachhaltigere Lebensmittel anbieten müssen. Schließlich werden Unternehmen Maßnahmen ergreifen müssen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und ihre Lebensmittelprodukte im Einklang mit den Richtlinien für gesunde und nachhaltige Ernährung neu zu formulieren.
Wie wird diese Strategie die Landwirt*innen und Fischer*innen in der EU unterstützen?
Die "Farm to Fork"-Strategie zielt darauf ab, diejenigen Landwirt*innen, Fischer*innen und andere Akteur*innen entlang der Lebensmittelkette zu belohnen, die bereits den Übergang zu nachhaltigen Praktiken vollzogen haben und die andere Betriebe bei Anpassungen unterstützen können. Es ist wichtig zu betonen, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) Schlüsselinstrumente bleiben werden, um den Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen zu unterstützen und gleichzeitig ein menschenwürdiges Leben für Landwirt*innen, Fischer*innen und ihre Familien zu gewährleisten. Die "Farm to Fork"-Strategie bleibt vage hinsichtlich der konkreten Schritte, die Landwirt*innen unternehmen müssen, um die Unterstützung zu erhalten. Unklar ist auch, welche Instrumente den Übergang ermöglichen sollen.
Kann diese Strategie geändert und verbessert werden?
Bei der Strategie handelt es sich um einen langfristigen Plan für die nächsten 10 Jahre, der sich auf die Umsetzung und Überarbeitung einer großen Zahl spezifischer Politiken stützt. Während die Kernverpflichtungen wahrscheinlich so bleiben werden, wie sie sind, wird es für die Zivilgesellschaft entscheidend sein, die Umsetzung der "Farm to Fork"-Strategie genau zu beobachten und beratend zu den verschiedenen politischen Reformen zur Seite zu stehen.
Wie ist die Position von Slow Food zu dieser Strategie?
Insgesamt ist Slow Food der Ansicht, dass die "Farm to Fork"-Strategie die Gelegenheit bietet, den transformativen Wandel in Gang zu setzen, den wir brauchen, um nachhaltige Lebensmittelsysteme aufzubauen und unsere Umwelt, die Bauern und unsere Gesundheit zu schützen. Die Strategie berührt viele wesentliche Aspekte wie die Förderung der Agrarökologie, nachhaltige Ernährung und die Notwendigkeit, zu weniger und besserem Fleisch überzugehen. Dies sind die Ideen, für die Slow Food seit Jahren eintritt und für die es sich einsetzt.
Slow Food bedauert jedoch, dass trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs ein Konzept neuer GVO in die "Farm to Fork"-Strategie aufgenommen wurde. Slow Food ist auch der Meinung, dass die Ziele zur Reduzierung der Pestizide um 50% noch zu niedrig sind, um die beispiellose Aussterberate der Bestäuber umzukehren.
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Slow Food ist Teil der Europäischen Bürgerinitiative "Rettet Bienen und Landwirte", die ein Reduktionsziel von 80% bis 2030 und einen vollständigen Ausstieg aus synthetischen Pestiziden bis 2035 fordert. Sie können die Initiative unterstützen, indem Sie sie >>hier unterschreiben. Jede Unterschrift zählt.
Lesen Sie hier mehr über unsere Position zu den neuen EU-Strategien "Farm to Fork" und biologische Vielfalt >>hier.