EU-Lieferkettengesetz nimmt letzte Hürde: Paradigmenwechsel beim Menschenrechts- und Umweltschutz
„Die Zeit der Ausreden ist vorbei: Die EU verpflichtet erstmals Unternehmen, in ihren Lieferketten Verantwortung für Mensch und Umwelt zu übernehmen. Der heutige Tag markiert einen Paradigmenwechsel im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung durch Unternehmen. Das ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft und eine gute Nachricht für alle, die unter ausbeuterischen Bedingungen in Lieferketten arbeiten", kommentiert Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz.
„Trotzdem ist die Richtlinie an vielen Stellen hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben. Besonders betrübt uns, dass entgegen der Ambitionen des Europäischen Parlaments keine klimabezogenen Sorgfaltspflichten in ihr enthalten sind. Auch die Vorschriften zum Klimaplan sind trotz inhaltlicher Nachschärfungen bemerkenswert lasch. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass Unternehmen, die ihre Klimapläne nicht umsetzen, zumindest nicht ausdrücklich sanktioniert werden können. Dabei sollte die Richtlinie doch gerade ein Schritt weg von Versprechen und hin zu Taten sein", kritisiert Patrick Rohde, stellvertretender Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Das EU-Lieferkettengesetz geht insbesondere im Bereich der zivilrechtlichen Haftung über das bestehende deutsche Gesetz hinaus: Bei Menschenrechtsverletzungen, die eindeutig von Unternehmen verursacht wurden, erhalten Betroffene zukünftig die Möglichkeit, vor EU-Gerichten Schadenersatz zu verlangen. Die Bundesregierung muss das Lieferkettengesetz an dieser Stelle nachschärfen. In anderen Punkten bleibt die EU-Richtlinie hinter dem deutschen Gesetz zurück: So erfasst sie Unternehmen nur, wenn sie mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen beschäftigen und einen Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro aufweisen – eine Schwelle, die im deutschen Gesetz nicht vorgesehen ist.
Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt: „Die deutsche Bundesregierung muss das Gesetz nun zügig in deutsches Recht überführen und konsequent umsetzen. Gemeinsam mit unseren weltweiten Partnern werden wir den zivilgesellschaftlichen Druck aufrechterhalten und Betroffene von Menschenrechtsverletzungen unterstützen.Wenn europäische Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten Verantwortung tragen, steht den Menschen nun endlich der Klageweg vor europäischen Gerichten offen."
Eine Analyse der Unterschiede zwischen dem europäischen und dem deutschen Lieferkettengesetz und den daraus entstehenden nötigen Maßnahmen der Bundesregierung hat die Initiative Lieferkettengesetz heute veröffentlicht. Das zivilgesellschaftliche Bündnis aus zeitweise mehr als 140 Organisationen hatte sich seit 2019 erfolgreich zunächst für ein deutsches und danach für ein europäisches Lieferkettengesetz eingesetzt.
„In den letzten fünf Jahren war die Initiative Lieferkettengesetz eine entscheidende Stimme für Umwelt- und Menschenrechtsschutz und hat ein erfolgreiches Beispiel für zivilgesellschaftliche Kampagnenarbeit gesetzt. Gemeinsam haben wir viel erreicht - doch es gibt noch viel zu tun. Deswegen wird sich die Initiative Lieferkettengesetz fortan im Rahmen des CorA-Netzwerks für eine gute Umsetzung der Richtlinie in Deutschland einsetzen", erläutert Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung.
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