Mit Slow Food Deutschland beim „Tag der Fische“ im Münchener Restaurant „Broeding“: Einblicke in die nachhaltige Binnenfischerei und Delikatessen aus oftmals vernachlässigten Fischteilen
Dieses Vorhaben spiegelte sich im Programm der Veranstaltung wider: Die junge Fischwirtschaftsmeisterin Elisabeth Huber berichtete über ihre Arbeit im Familienbetrieb „Beim Fischer“ am Starnberger See, den sie in 9. Generation führt. Ihr Betrieb gehört zu einer Genossenschaft, die für alle Mitglieder sehr stringente Anweisungen festlegt, damit die Fischerei nachhaltig bleibt. Dazu gehört, dass Fische nur wild gefangen werden. Zugefüttert wird nicht, Aquakultur ist ausgeschlossen. Hubers Betrieb hat sich auf Fische spezialisiert, für die meist kaum Interesse besteht – beispielsweise 30 Kilo oder sogar noch schwerere Karpfen – und verkauft sie nur an Kund*innen, die die Fische komplett verarbeiten, ohne Abfall. Zu Hubers Abnehmern gehört Broedings Küchenchef Manuel Reheis. Er ist Mitglied der Chef Alliance, eines weltweiten Slow-Food-Netzwerkes, in dem Köch*innen sich zusammengeschlossen haben, um mit kleinen Produzent*innen aus ihren Regionen zusammenzuarbeiten. Er bezieht seinen Fisch nur von solchen kleinen Betrieben, und für die 35 Gäste bereitete er ein Menü vor, das genau diese Ganztiernutzung - ‚nose to tail‘-Philosophie widerspiegelte.
Von der Wallerkopfsülze und der delikaten Renkenleber über Karpfenfilet und Brachsen-„kas“, eine Art Leberkäse aus Fischresten, die nach dem Filetieren übrig bleiben, bis zum Raviolo, dessen Füllung aus Schleien und Rogen von Seibling und Renke bestand: Manuel Reheis zauberte echte Delikatessen aus Fischen, die oftmals gar nicht erst gekauft werden, weil zu grätenreich, oder aus Fischteilen, die ansonsten aus Unwissen entsorgt werden. Einige Auszüge aus Manfred Krieners Bestseller „Fisch in Seenot“, die vorgelesen wurden, sprachen die Ratlosigkeit vieler Verbraucher*innen vor der Fischteke an. Genauso wie beim Fleisch kaufen viele Menschen immer wieder die selben Filets, weil sie nicht wissen, wie mit anderen Fischsorten oder Fischteilen umzugehen ist.
Die Begeisterung der Anwesenden für Manuel Reheis’ Gerichte und die vielen Fragen an Fischwirtschaftsmeisterin Elisabeth Huber zeigten, dass eine Umorientierung möglich ist. Eine Begeisterung, bei der - ganz im Sinne der Slow-Food-Philosophie - Verantwortung für die Umwelt mit Freude am Kochen und Essen einhergeht.