Handelsabkommen: Sieben Gründe gegen das EU-Mercosur-Abkommen
Gemeinsam mit sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Lateinamerika fordert das Netzwerk "Gerechter Welthandel", dem Slow Food angehört, eine solidarische Welthandelspolitik statt Handelsabkommen im Interesse von Konzernen und weist auf die fatalen Auswirkungen des EU-Mercosur-Abkommens hin.
1. Das EU-Mercosur-Abkommen verfestigt ein Landwirtschaftsmodell, das auf Monokulturen und massiven Pestizideinsatz setzt.
Dies hat dramatische Folgen für Umwelt und Gesundheit der Menschen vor Ort. Das Abkommen senkt oder beseitigt die Zölle auf viele Agrargüter und wird unter anderem den Import von Zucker, Geflügel, Ethanol und Rindfleisch aus den Mercosur-Ländern in die EU stark ausweiten – und den ruinösen Preiskampf in der Landwirtschaft noch weiter verschärfen.
2. Das EU-Mercosur-Abkommen beschleunigt die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes sowie der Savannen und Trockenwälder.
Bereits heute werden immense Waldflächen gerodet, um Flächen für die Rinderhaltung zu gewinnen. Im Juli 2019 lag die Entwaldungsrate so hoch wie seit elf Jahren nicht mehr; die Ausweitung der Rindfleischexporte durch das EU-Mercosur-Abkommen wird die Abholzung noch weiter beschleunigen. Dabei ist der Erhalt des Amazonasgebietes als natürliche CO2-Senke underlässlich, um die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen. Weitere Waldflächen werden für den Anbau von Soja und Zuckerrohr zerstört, die zum Großteil in die EU exportiert und in der industriellen Tierhaltung beziehungsweise für die Herstellung von Agro-Sprit verwendet werden. Diese Exportsteigerungen unterlaufen zudem die Bemühungen der EU, entwaldungsfreie Lieferketten für importierte Agrarprodukte sicherzustellen.
3. Das EU-Mercosur-Abkommen begünstigt den klimaschädlichen Autohandel.
Das Abkommen senkt die Zölle auf deutsche und europäische Autos, 15 Jahre nach Inkrafttreten sollen die Zölle dann komplett entfallen. Damit begünstigt das Abkommen den klimaschädlichen Autohandel: eine weitere fatale Entwicklung in Zeiten der Klimakrise! Zudem sieht das EU-Mercosur-Abkommen die gegenseitige Anerkennung der unzureichenden deutschen Abgastests vor und leistet damit weiterer Luftverschmutzung durch Abgasmanipulation Vorschub.
4. Das EU-Mercosur-Abkommen enthält keinerlei durchsetzungsfähige Vorgaben für Umwelt- und Klimaschutz, Menschen- oder Arbeitsrechte.
Wenn ein Vertragsstaat seine Pflichten aus dem Pariser Abkommen verletzt oder anderen Nachhaltigkeitsbestimmungen nicht nachkommt, muss er weder mit der Rücknahme von Handelspräferenzen noch mit sonstigen Sanktionen rechnen. Das Nachhaltigkeitskapitel im EU-Mercosur-Abkommen ist daher – wie bei anderen EU-Handelsabkommen auch – ein „Feigenblatt für nicht-zukunftsfähige Handelspolitik“.
5. Das EU-Mercosur-Abkommen soll abgeschlossen werden, obwohl im Vertragsstaat Brasilien Menschenrechte massiv missachtet werden:
Die Verfolgung von Minderheiten und Oppositionellen sowie die Vertreibung von Indigenen von ihrem Land gehört unter der Regierung Bolsonaro mittlerweile zum Alltag.
6. Das EU-Mercosur-Abkommen trägt nichts dazu bei, die Situation von Arbeitnehmer*innen zu verbessern.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) setzte Brasilien mittlerweile zum zweiten Mal in Folge auf die Liste der Länder, die die internationalen Arbeitsstandards verletzen, Tarifverhandlungen untergraben und die Arbeit von Gewerkschaften blockieren. Der Internationale Gewerkschaftsbund hat Brasilien dieses Jahr neu in seine Liste der zehn schlimmsten Länder für erwerbstätige Menschen aufgenommen, weil Streiks gewalttätig niedergeschlagen und Gewerkschaftsmitglieder bedroht werden. Die Gewerkschaftsdachverbände des Mercosur lehnen das EU-Mercosur-Abkommen ebenfalls ab, weil es den Sargnagel für die heimische Industrie bedeuten würde. Allein in der verarbeitenden Industrie in Argentinien sollen mindestens 186.000 Arbeitsplätze verloren gehen.
7. Das EU-Mercosur-Abkommen öffnet die lateinamerikanischen Märkte für billigere Produkte aus der EU. Es zerstört damit regionale Wertschöpfung
und beeinträchtigt die industrielle Produktion in den Mercosur-Staaten. Brasilien ist der wichtigste Absatzmarkt für argentinische Produkte, durch das EU-Mercosur-Abkommen würde diese Beziehung nachhaltig geschwächt. Zudem wird das Abkommen den Handel mit Produkten fördern, die bereits im Überfluss vorhanden sind, wie beispielsweise Rind- und Hühnerfleisch in der EU. Diese unnötigen Handelsströme treiben die transportbedingten CO2-Emissionen weiter in die Höhe – dabei wurde bereits 2014 fast ein Viertel aller schädlichen Emissionen durch die internationalen Handelsströme verursacht.
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Ebenso wie TTIP oder CETA stellt das EU-Mercosur-Abkommen damit Freihandel und blinde Marktöffnung über Umwelt- und Klimaschutz, Menschenrechte, Demokratie und soziale Gerechtigkeit und schreibt die Fehlentwicklungen des globalisierten Handels der letzten Jahrzehnte fort: Das Abkommen bedient die Interessen großer Konzerne und reduziert die Möglichkeiten ihrer demokratischen Regulierung im Sinne von Arbeitnehmer*innen, Bäuerinnen und Bauern sowie Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz.
Weiteres Informationsmaterial zum EU-Mercosur-Abkommen: https://www.gerechter-welthandel.org/material/mercosur/
Quelle: Netzwerk Gerechter Welthandel https://www.gerechter-welthandel.org/