Markthelden 2019 „Zeit ist unser fünfter Rohstoff.“
Herr Tauscher, Sie sind seit mehreren Jahren Aussteller auf dem Markt des guten Geschmacks – die Slow Food Messe. Welche Produkte aus Ihrem Sortiment nehmen Sie dieses Jahr mit nach Stuttgart?
Wir stellen unsere drei Biobiere vor: Das Keller-Pils, das mein Vater und mein Onkel schon 1993 auf den Markt gebracht haben; das See-Weizen, ein helles unfiltriertes Hefeweizen und die Hopfenkrone, ein Pils, das zusätzlich kalt gehopft wird.
Wie würden Sie Ihre Qualitätsphilosophie beschreiben?
Wir brauen natürlich nach dem Reinheitsgebot, nur mit Wasser, Hopfen, Malz und Hefe und wir verwenden keine weiteren Hilfsmittel. Aber wir gehören zu den ganz wenigen Brauereien, die weder mit Hopfenpellets noch mit Hopfenextrakt, sondern mit ganzen Hopfendolden arbeiten. Wir sind Tettnanger, mitten im Hopfenanbaugebiet – wir lieben Hopfen und geben ihn deshalb in seiner natürlichen Form zu. Die Dolden werden nur getrocknet.
Warum verwenden Sie keine Pellets oder Extrakt?
Die naturbelassenen Dolden geben ein ursprünglicheres, feineres und komplexeres Aroma an das Bier ab. Bei der Verarbeitung des Hopfens entsteht immer Druck und Wärme. Wenn man die Dolden zermahlt, dann riecht es wunderbar nach Hopfen. Aber alles was da nach Hopfen riecht, hab ich dann nicht mehr in den Pellets oder im Extrakt. Das Aroma verflüchtigt sich bei dem Prozess.
Wenn das Aroma der Dolden besser ist, warum werden dann in erster Linie Hopfenpellets und Hopfenextrakt verwendet?
Mit ganzen Dolden zu brauen ist aufwändiger, weil man die Rückstände des ausgekochten Hopfens händisch aus dem Sud heraussieben und entsorgen muss. Das geht in einer großen vollautomatisierten Brauerei nicht. Auch bei der Lagerung und Haltbarkeit gibt es Unterschiede. Doldenhopfen in Säcken brauchen mehr Platz als Pellets in Beuteln. Sie müssen außerdem bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gelagert und vor Sauerstoff geschützt werden. Man braucht also Kühlfläche, um den Hopfen übers Jahr zu bringen. Pellets kann man zwei, drei Jahre aufheben, Extrakt bis zu zehn Jahre, der braucht nicht einmal Kühlung.
Welche weiteren Qualitätsmerkmale ergeben sich aus der handwerklichen Herstellung bei Ihnen im Unterschied zu industriellen Brauverfahren?
Moderne Sudgefäße in durchautomatisierten Brauereien werden über Wasserbäder oder Dampf beheizt. Das ergibt am Pfannenboden Temperaturen von 102 bis 105 Grad Celsius. Wir arbeiten mit direkter Befeuerung der Pfanne, in der die Würze kocht. Der Pfannenboden wird so 130 bis 140 Grad heiß. Das ergibt markantere Biere, denn es findet immer eine leichte Karamellisierung des Malzzuckers statt. Der Geschmack des Biers wird so intensiver. Das Bier erhält ein charaktervolleres und kräftigeres Aroma. Je nachdem wie lange wir kochen, wird es dazu leicht süßlich.
Handwerkliche Herstellung zeichnet sich oft auch dadurch aus, dass die Produkte mehr Zeit für ihre Reifung erhalten. Ist das beim Bierbrauen auch so?
Wir sagen immer, die Zeit ist unser fünfter Rohstoff! Aber die Zeit geben wir dem Bier nicht primär im Sudhaus. Da brauchen wir zwar auch ein bisschen länger, weil wir traditionell brauen und nicht alles durchgetaktet ist. Aber wo man es an der Qualität wirklich merkt, ist bei der Gärung und Lagerung.
Wie läuft das dann konkret ab?
Das Bier wird innerhalb von acht bis zehn Stunden im Sudhaus gebraut, dann wird die Würze mit Hefe versetzt und vergärt dann. Diese Gärung findet bei uns ganz klassisch bei acht Grad statt. Das ist bei Bier inzwischen recht kalt und dauert entsprechend länger, wir gären sieben bis acht Tage im Gärkeller. Dann findet die Nachgärung bei uns im Gewölbekeller statt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Hier lagert das Bier für weitere sechs bis acht Wochen. Eine große industrielle Brauerei braucht nicht zwei Monate zum Bierbrauen, sondern zehn bis zwölf Tage. Die peitschen das Bier durch die Brauerei durch. Wir geben dem Bier Zeit auszureifen. Wir brauchen die Nachgärung, damit sich die Kohlensäure in das Bier einbindet.
Woher beziehen Sie Ihre Rohstoffe?
Wir arbeiten in einem klassischen Hopfenanbaugebiet und brauen in unserer Kronenbrauerei mit der klassischen hiesigen Landsorte Tettnanger. Uns beliefert der einzige Bio-Hopfenbauer in Tettnang. Der schaut immer darauf, dass wir als regionale Brauerei mit Biohopfen versorgt sind. Auf der Malzseite sieht es ähnlich aus. Wir arbeiten seit mehreren Generationen mit der gleichen Mälzerei zusammen, die etwa 70 Kilometer entfernt liegt. Die Gerstenfelder für das Malz befinden sich in einem Umkreis von etwa 60 bis 70 Kilometer um die Brauerei. Die Hefe erhalten wir von einer befreundeten Brauerei in der Nähe.
Das Interview führte Katharina Heuberger.
>> Mehr Informationen zu den diesjährigen Qualitätsrichtlinien der Messe sowie den Markthelden.
Bilder (c) Tettnanger Krone