Slow Food Youth Akademie: Neues Wochenende zum Thema „Neue Gastronomie“
Die Slow Food Youth Akademie ist ein aus sieben Themen-Wochenenden und einer Studienreise bestehendes interaktives Trainingsprogramm für junge Auszubildende, Berufstätige sowie Studentinnen und Studenten aus den Bereichen Gastronomie und Lebensmittelproduktion und für Interessierte, die gerne mehr über das Lebensmittelsystem und dessen praktische Prozesse erfahren möchten. „Ich finde, die Gastronomie ist ein essenzieller Bestandteil der Akademie. Doch Gastronomen und Landwirte sind leider am seltensten als Teilnehmer verzeichnet, was wohl an ihren zeitintensiven Berufen liegt. Allerdings ist es ein Muss, dass die theoretischen Ideen und Konzepte der Akademie mit der Praxis abgeglichen und an sie weitergeleitet werden“, erläutert Piwowarsky seine Motivation und die Hintergründe der Veranstaltung in Passau.
Im Bild: Josef Piwowarsky
Zukunft kochen
In das Thema des Wochenendes führten ein die Slow-Food-Vorsitzende Ursula Hudson und Jens Witt, Sprecher der Chef Alliance Deutschland sowie Gründer des Hamburger Bio-Catering-Diensts „Wackelpeter“, mit dem er Schulen und Kindergärten beliefert. Die beiden Vortragenden überschrieben die Veranstaltung folgendermaßen: „Neue Gastronomie – wie die Zukunft gekocht und bekocht wird.“
Für den Gastro-Praktiker Witt liegt diese Zukunft in der Stärkung einer guten, sauberen und fairen Wertschöpfungskette. Konkret: „Die „Neue Gastronomie“ zeichnet sich neben Eigenschaften wie Gastlichkeit und Kulinarik durch Verbundenheit aus. Verbundenheit mit den Bauern, den Hirten, den Fischern oder Gärtnern. Die neue Gastronomie begreift sich als Glied in einer Kette zu deren Stärkung sie beiträgt: Sie ist Vermittlerin und Botschafterin. Die Kategorie ‚lecker’ greift hier viel zu kurz. Verkürzt könnte man es mit einem Anglizismus ausdrücken: CSA Catering supported agriculture oder GSA Gastronomic supported agriculture“.
Im Bild: Jens Witt & Ursula Hudson
Erlebnisse kreieren
In der Einführung wurde weiter deutlich: Genuss beschränkt sich nicht nur auf Geschmack. Er hängt von vielen Aspekten ab: In welcher Atmosphäre esse ich? Wie ist das Erlebnis? Tatsächlich ist es das Ziel der Gastronomie, Erfahrungen zu kreieren, die lange in der Erinnerung der Gäste bleiben. Dies ist nicht nur einem guten, sauberen und fairen Essen zu verdanken, sondern auch den räumlichen Gegebenheiten, der Stimmung und damit der Gastfreundlichkeit des Betriebs.
An die Menschen, die in der Gastronomie eine Führungsrolle einnehmen oder anstreben sind dadurch hohe Anforderungen gestellt. Sie verfügen idealerweise über ein ganzheitliches Ernährungswissen, sie leiten und motivieren ein Team von hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Service, Kundenzufriedenheit und Kosteneffizienz gleichermaßen mitdenken. Um in eine solche Führungsrolle hineinzuwachsen müssen viele Fragen beantwortet werden wie: Wo fange ich an, wenn ich einen Betrieb eröffnen will? Wie gewinne ich Kundinnen und Kunden und wie kreiere ich einmalige Erlebnisse für diese Kunden? Wie motiviere ich meine Mitarbeiterschaft, mit Spaß und Freude dabei zu sein?
Vielfältigkeit leben
Auf Grundlage dieser Fragen führte das Wochenende die Teilnehmenden durch die Themenblöcke „Geschäftsführung und –gründung“, „Gästebetreuung und Service“, „Vorstellung der Chef Alliance“ sowie „Marketing und Kommunikation“.
Zu den Vortragenden und Diskutanten gehörten neben Jens Witt und Josef Piwowarsky auch Simon Hanning (Gründer der ‚Esskultur’ in Passau mit zwei Restaurants, der ‚Umami-Bar’ und dem ‚Scirocco’), Moritz Fliegerbauer (Koch im Biowirtshaus ‚Zum Fliegerbauer’), Sebastian Junge, Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie 2017 und Gründer des Wolfsjunge Restaurants in Hamburg sowie Inés Lauber, Food Designerin, Köchin und ebenfalls Teilnehmerin der Akademie von 2017.
„Wenn von der Neuen Gastronomie die Rede ist, wird deutlich, in welch vielfältigen Formen und Konzepten sie uns begegnet“, resümiert Jens Witt die Veranstaltung. „Da gibt es ‚das neue Wirtshaus’, das Josef Piwowarsky mit Leben zu füllen versucht oder Simon Hanning, der die Verbindung von exotischer Küche und regionalen Produkten praktiziert und dabei das Crossover wohlweislich vermeidet oder Inés Lauber, die wiederum auf der Ebene ‚Food Experience Design’ mir regionalen Produkten unterwegs ist.“
Hier knüpfte auch Josef Piwowarsky noch einmal an. In zwei Wochen eröffnet er in Kooperation mit der Regiothek das essStudio. „Gedacht ist das Projekt als nachhaltige Manufaktur und Fermentationslabor für regionale Erzeugnisse, in der Bauern aus der Passauer Umgebung ihre Produkte direkt in der Altstadt verkaufen können“, erläutert der ehemalige Teilnehmer der Slow Food Youth Akademie sein Vorhaben. Auch dies möglicherweise ein Weg zu einer Neuen Gastronomie!
Text: Katharina Heuberger
Bilder: Slow Food