Amazonasbrände treiben Klimawandel voran – EU verstärkt Tendenz durch Mercosur-Handelsabkommen
Was sich in Brasilien seit Amtsantritt des Präsidenten Jair Bolsonaro vor aller Augen abspielt ist dramatisch: Die Zulassung von Ackergiften unter der Regierung Bolsonaro hat rapide zugenommen, es gab allein 152 Neuzulassungen an Pestiziden in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit. Brasilien setzt somit weltweit am meisten Pestizide ein, der Pestizideinsatz pro Hektar ist dort achtmal höher als in Europa. Hunderte hochgiftiger Stoffe gelangen dort auf die Äcker, die hier aus Risikogründen gar nicht zugelassen sind. Auch die Geschwindigkeit der Abholzung des brasilianischen Regenwaldes hat seit Bolsonaros Amtsantritt deutlich zugenommen. Laut Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais (INPE) haben sich die Rodungen verdoppelt und im Juli im Vergleich zum selben Monat im Vorjahr sogar um 278 Prozent erhöht. Diese Entwicklungen konterkarieren ganz deutlich den Klimaschutz, denn Wälder gelten mit als wichtigste CO2-Speicher, der Amazonas sogar als wichtigster CO2-Speicher überhaupt. Was die anhaltende Rodung für das Weltklima und somit unsere Zukunft bedeutet, wollen wir uns gar nicht erst ausmalen.
Auch Europa trägt Verantwortung am Raubbau des Amazonas-Regenwaldes
Nun darf Europa aber die Schuld nicht einfach von sich weisen, auch unsere EU-Entscheidungsträger müssen sich endlich einer Mitschuld Europas an den aktuellen Entwicklungen bewusst werden und Verantwortung übernehmen. Europa ist ein großer Nutznießer landwirtschaftlicher Flächen in Südamerika, da reicht es, wenn man an den hiesigen Fleischkonsum denkt: Um den enormen Verbrauch tierischer Produkte zu schultern, werden Tiere hier hauptsächlich in Massentierhaltung gehalten. Die Agrarindustrie bedient sich dafür wiederum an importierten Futtermitteln. So liegen doch gut zwei Drittel aller Flächen, die dem Futtermittelanbau für die europäische Tierhaltung dienen, im Ausland. Wir importieren also mehr als die Hälfte der Futtermittel wie Soja aus dem Ausland. Und gerade für die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen für den Sojaanbau werden enorme Flächen Regenwald abgeholzt. Aber damit nicht genug, obwohl der politische Kurs Bolsanaros seit den Anfängen ziemlich klar war, hat die EU nun den Weg frei gemacht für das Mercosur-Handelsabkommen, das aus Klima- und Umweltsicht hoch bedenklich ist. So wurde Ende Juni von Seiten der EU und der Mercosur-Staaten eine politische Einigung für das Abkommen verkündet, auch wenn dies nicht bedeutet, dass das Abkommen schon ausverhandelt ist.
Die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson, kommentierte diese Entscheidung wie folgt: „Überspitzt gesagt bedeutet das Mercosur-Handelsabkommen, dass wir mehr Autos gegen mehr Fleisch und andere Lebensmittel tauschen. Profit first, Menschenrechte, Umwelt und Klima second oder gar nicht? Neben der indirekten Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch den Futtermittelimport trägt Europa schon so Mitverantwortung für die Rodungen des Amazonas. Durch die den Mercosur-Staaten im Abkommen zugestandenen erhöhten Ausfuhren von Rindfleisch, Geflügelfleisch, Zucker und Bio-Ethanol nach Europa würde diese Tendenz nur verstärkt. Slow Food fordert die EU-Entscheidungsträger nun auf, die Verhandlungen im Rahmen des Mercosur-Abkommens zu stoppen und sich der Mitschuld unseres Kontinents am Raubbau des Regenwaldes und der damit verbundenen Klima- und Umweltdesaster bewusst zu werden. Es braucht dringend eine Umstellung auf zukunftsfähige Lebensmittelketten hier vor Ort. Dazu gehört es, die Tierhaltung hier so umzubauen, dass die enormen Futtermittelimporte aus dem globalen Süden ein Ende haben“.