Gestalten statt Verbrauchen
Seit 1983 wird alljährlich der Weltverbrauchertag begangen, um den Schutz der Rechte von Verbraucher*innen zu stärken. In Anbetracht der globalen Herausforderungen durch Klimawandel, Artensterben, Zerstörung fruchtbarer Böden und Pandemie, ist es aus Sicht von Slow Food jedoch an der Zeit, den Verbraucher*innen-Begriff einmal grundlegend zu überdenken. Dazu gehört es, die Konsummuster der letzten Jahrzehnte zu reflektieren und neu zu schreiben. Denn diese heizen einen übermäßigen Verbrauch an. Wir Verbraucher*innen berauben uns so zunehmend unserer eigenen Lebensgrundlagen – auch durch die Art und Weise uns zu ernähren.
„Die Logik des Verbrauchs unserer Lebensmittel steht im Widerspruch zur notwendigen Achtung der planetaren Grenzen.", sagt Nina Wolff, amtierende Vorsitzende von Slow Food Deutschland (SFD). „Deshalb muss eine zukunftsintelligente Gestaltung der Ernährungwelt an die Stelle des Verbrauchs treten. Und wir Verbraucher*innen können und sollten dabei aktive Mitgestalter*innen sein.” Gestalten statt Verbrauchen bedeutet aus Sicht von Slow Food, dass sich Menschen vorwiegend aus regionalen Netzwerken und im Einklang mit den planetaren Grenzen ernähren. Bürger*innen können eine nachhaltige Zukunft mitgestalten, indem sie regionale, saisonale und ökologisch produzierte Erzeugnisse einkaufen und akzeptieren, dass ständige Verfügbarkeit und Überfluss weder für eine gesunde noch für eine genussvolle Ernährung nötig und förderlich sind. Aus Sicht von Slow Food liegt in der Post-Corona-Zeit die Chance, dieses ‚Umdenken‘ zu beschleunigen.
Für mehr Fairness und Durchblick
Der enorme Preisdruck im Lebensmittelsystem führt zu neuen Formen der Ausbeutung. In der Obst- und Gemüseernte sprechen Expert*innen von neuen Formen der Sklaverei in Europa, Corona-Ausbrüche in Schlachtbetrieben haben ein Schlaglicht auf die teils unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten vor unserer Haustür geworfen. Hier sind wir gefordert, durch unser Handeln als Gestalter*innen einer gerechten Lebensmittelwelt aktiv zu werden und ausbeuterische Praktiken nicht länger mitzutragen – weder in Supermärkten, noch in Wahlprogrammen. Auch Transparenz und Aufklärung sind die Basis für die nachhaltige Gestaltung unserer Lebensmittelwelt. „Menschen haben das Recht zu erfahren, was in ihren Lebensmitteln steckt“, so Lea Leimann, SFD-Vorstandsmitglied. „Das gilt nicht nur für Inhaltsstoffe, sondern auch für Anbau und Produktionsbedingungen.“ Aufklären würden hier „wahre Preise“. Denn die Preise z.B. für “Billig-Fleisch” spiegeln bei weitem nicht die (Folge-)Kosten der Erzeugung wider. „Solche systemischen Schieflagen müssen offengelegt werden, um den Menschen bewusste Entscheidungen zu erleichtern,“ fordert Leimann.
Das an vielen Stellen sich wandelnde Selbstverständnis der Menschen, gerade innerhalb der jungen Generation begrüßt Slow Food. Der Verein möchte mehr Menschen ermutigen, sich von ihrer Rolle als Verbraucher*innen zu emanzipieren und stattdessen zu Gestalter*innen einer zukunftsfähigen Lebensmittelwelt zu werden.