Workshop 2: Zucht – der vernachlässigte Aspekt der Fleischqualität
Gut Temmen wurde 1995 neu gegründet und auf ökologischen Anbau umgestellt. Heute bewirtschaftet der Verbund aus fünf juristisch eigenständigen, organisatorisch jedoch eng verbundenen Betrieben rund 3.300 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, davon rund 600 Hektar Grünland. Dort weiden 600 Uckermärker Rinder. Und genau diese interessierten die Expert*innen des Slow-Food-Workshops. Diese widmeten sich der Rinderzucht, einem bislang stark vernachlässigten Aspekt der Fleischqualität. Dr. Rupert Ebner, Tierarzt und Leiter des Conviviums München, erläuterte in seinem Impulsvortrag die historischen Veränderungen in der Rinderzucht und erklärte, dass die zunehmende Spezialisierung zu einer Trennung von Milch- und Fleischproduktion führte, wodurch die jungen männlichen Kälber schließlich zu einem „Nebenprodukt“ wurden. Ein nachhaltiges Ernährungssystem hingegen sollte den Zweinutzungsrindern wieder eine große Bedeutung beimessen, da sie zwar weniger Milch, dafür aber auch gutes Fleisch liefern und somit einen Weg ebnen für eine naturnahe Milch- und Fleischerzeugung sowie für eine klimafreundliche Reduktion der Tierhaltung.
Nachhaltige Qualität
Der Rindfleischmarkt ist heute bestimmt durch die Jungbullenaufzucht und die darauf ausgerichteten Handelsklassen-Einstufungen. Fleischqualität im Sinne von Genussqualität und Nachhaltigkeit, so ein erstes Fazit aus dem Workshop, muss neu definiert werden und mit den Zuchtzielen abgestimmt werden. Gerade beim Rind setzt sich die Qualität aus vielen Faktoren zusammen: Rasse, Geschlecht, Haltung und Fütterung aber auch Schlachtung, Reife und Kühlung. Die Qualität setzt sich bei der Fleischzubereitung durch Köch*innen natürlich fort. Für die Landwirt*innen sind die Standorte bestimmend für die zu wählende Gebrauchskreuzung. Ob Moor-, Sandböden der Geest oder vorherrschend ackerbaulich genutzte Böden – jeder Standort braucht das passende Rind. Diversität spielt bei nachhaltiger Rindfleischerzeugung also eine essentielle Rolle. Wie also kann diese gelebt und wirtschaftlich genutzt werden?
Diversität ist gefragt
Die Workshop-Teilnehmenden waren sich einig, dass Diversität sowohl in politischen (Förder-)Maßnahmen als auch in Konsument*innen-Entscheidungen Ausdruck finden muss. Bei der Erarbeitung von Kriterien für nachhaltige Fleischwirtschaft würden pauschale Urteile und Kriterien zudem wenig helfen. Entscheidend sei es, einzelbetrieblich zu prüfen, welche Systeme an welchen Standorten tragfähig sind. Die Stärkung der Zweinutzungsrassen genießt für die Expert*innen hohe Priorität. Gemeinsam möchten sie außerdem ein positives Image für nachhaltiges Fleisch herausarbeiten.