Wie schmeckt der Wald? - Ein Einblick in die Agroforstwirtschaft
Wie wichtig der Wald für uns Menschen ist, betonte die Slow Food Vorsitzende Nina Wolff direkt am Anfang der Veranstaltung: "Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, was wir dem Wald alles verdanken. Wälder reinigen die Luft, die wir atmen und filtern das Wasser, das wir trinken. Wälder reduzieren Stress und sorgen für unser mentales Wohlbefinden; sie verbessern unsere Gesundheit. Und ganz wichtig: Bäume binden CO2 in ihren Wurzeln, in ihren Stämmen und Blättern, sie sind also echte Klimahelfer. Und dann liefern die Wälder uns auch noch zahlreiche und köstliche Lebensmittel."
Doch wie können Landwirtschaft und Forstwirtschaft miteinander vereinbart werden? Dieser Frage widmete sich zunächst Isabelle Frenzel vom Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF). Sie erklärte, der Begriff bezeichne die Mischung von Gehölzstrukturen oder Bäumen, Ackerbau und/oder Tierhaltung. Im Einzelnen gebe es ganz unterschiedliche Formen der Umsetzung, wobei „Agroforst“ gar kein neues System sei. "Agroforstsysteme gehören mit zu den ältesten Systemen, die wir haben. Im Rahmen der Intensivierung und Modernisierung der Landwirtschaft im 19. Jahrhundert wurden viele Gehölze und Hecken aus der Landschaft ausgeräumt, um diese intensive Bewirtschaftung mit den großen Maschinen zu ermöglichen. Jetzt hat man aber gemerkt, dass diese Gehölze auch viele ökologische Dienstleistungen erfüllt haben [...] und jetzt versucht man diese als moderne Agroforstsysteme wieder zurück in die Landwirtschaft zu holen", so Isabelle Frenzel.
Auch Franziska Wolpert von der Universität Kassel und der Baumschule Wurzelwerk betonte die positive Bedeutung von Agroforstsystemen: "Wir sorgen [durch den Ackerbau] dafür, dass die Lebewesen unterirdisch nichts zu essen haben, dass der Boden verdichtet wird, dass der Humus wegweht oder weg geschwemmt wird. Wir haben 10-40 mal mehr Bodenerosion als Bodenneubildung weltweit auf Ackerflächen, was bedeutet, dass wir in näherer Zukunft nicht mehr genug Bodenfruchtbarkeit haben, wenn wir nicht ganz schnell etwas tun. Und das können wir tun, indem wir Bäume und Sträucher pflanzen. Das hält den Boden nicht nur, sondern es baut ihn auch auf."
Leider gebe es nicht viele Agroforst-Akteur*innen in Deutschland. Die Szene sei sehr klein „weil es dazu keine Ausbildung oder Studium gibt. Es gibt einzelne Module […], aber es ist gerade in Deutschland ein Riesenproblem, dass man nicht so gut an Wissen ran kommt und es nicht Standard bei der fachlichen Ausbildung ist.“, so Janos Wack der sich mit seinem Unternehmen Triebwerk für die Förderung von Agroforstsystemen und regenerativer Landwirtschaft einsetzt. Die Akteur*innen seien allerdings untereinander gut vernetzt.
Im zweiten Teil des Abends ging es dann um essbare Wildkräuter. Manuel Labig von Waldsamkeit erklärte, dass der Wald viele kulinarische Köstlichkeiten biete. Besonders die Übergangszonen zwischen verschiedenen Ökosystemen seien hier interessant: „Wenn man weiß wo man gucken muss, findet man das ganze Jahr über Pflanzen, auch im Winter […] unter der Schneedecke. Aber natürlich macht es während der Vegetationszeit am meisten Sinn [zu sammeln]. […] Jede Jahreszeit hat ihre besonderen Arten. […] Ich finde es im Frühling besonders interessant, weil viele Pflanzen da noch sehr zart sind, besonders frisch schmecken und im Salat sehr lecker sind.“
Zum Abschluss konnten die Teilnehmenden noch Wildkräuter- und Kiefernnadeltees von Waldsamkeit und Kräuterkontor verkosten sowie den Tannenspitzensirup von Sonnenkiefer und Erzeugnisse von der Walnussmeisterei Böllersen, die vorwiegend Walnüsse in agroforstwirtschaftlichen Systemen anbaut, probieren.