Warenkunde Blattsalat
Zu den Zichoriensalaten gehören der ganzjährig erhältliche rote Radicchio (sprich: Radikio), der zufällig aus der Muckefuck-Produktion entstandene weiße oder rote Chicorée, der im Dunkeln wächst, die grüne und die krause Endivie, auch Frisée genannt und ein paar winterliche alte Sorten aus dem venezianischen Raum, wie zum Beispiel den Radiccio rosso Tardivo. Salate der Zichoriengruppe enthalten im Gegensatz zu den Lattichen keinen Milchsaft - dafür aber Inulin, den gesunden Bitterstoff in den Blattrippen, der Appetit und Verdauung anregt und Leber und Galle bei der Arbeit unterstützt. Allgemein ist zu sagen: je bitterer, desto gesünder! Und auch wenn bei Gourmands Salatherzen so beliebt sind: inhaltsstoffreicher sind immer die äußeren, kräftigeren, dunkleren Blätter von der Pflanze.
Aber ist Salat wirklich so gesund?
95% Wasseranteil und sein großes Volumen machen möglich, mit einer optisch groß anmutenden Speisemenge sehr wenig Kalorien zu sich zu nehmen. Dafür Ballaststoffe, die den Darm aktiv halten, ein wenig Vitamin C, dafür viel Provitamin A, das Haut und Sehkraft stärkt. Folsäure und Flavonoide halten die Zellen jung, stärken Herz und Kreislauf, schützen vor Arteriosklerose und hohem Blutdruck. Salat hält also jung und macht schlank. Oder? Es kommt drauf an. Dazu eine wahre Geschichte aus meiner Lehrzeit als Köchin in einem recht schicken Restaurant - sie ist wirklich passiert, und zwar jeden Tag:
Zwei modisch herausgeputzte junge Damen treffen sich zum Sekt und haben sich so viel zu erzählen, dass sie gar nicht erst in die Speisekarte schauen. „Eigentlich habe ich gar keinen Hunger“. Zweiter Sekt: „Wir können uns ja einen Salat teilen - ach was, wir nehmen jede einen, ist ja nur Salat“. „Zwei Zisarsalate mit extra Dressing, bitte.“ Kellner: „Sie möchten das Dressing separat oder meinen Sie mehr Dressing?“ „Extra viel bitte, das ist immer so lecker bei Ihnen.“ Ich verrate mal warum: pro Person isst man eine knappe Tasse Öl, ein Eigelb, ein Buttertoast und ein daumendickes Stück Parmesan mit einer halben Knoblauchzehe, wenn man einen Ceasar‘s Salad isst. Einen ohne extra Dressing. Das haben die figurbewussten Damen nicht gewusst und sich, weil es ja heute nur Salat gab, zum dritten Sekt noch eine Panna Cotta bestellt.
Ja, Salat ist wirklich gesund, vor allem, wenn man ihn mit anderer Rohkost, Kräutern Nüssen oder guten Pflanzenölen kombiniert, die, wie zum Beispiel Walnuss-, oder Leindotteröl die gesunden Wirkstoffe aus dem Salat erst richtig herauslösen und obendrein unser Omega-3-Depot auffüllen, was besonders für Vegetarier:innen wichtig ist. Aber man kann sich auch was vormachen, wie die Geschichte der beiden Damen zeigt, die immerhin ein gutes, handgemachtes Dressing gegessen haben. Kaum vorstellbar, was sich in industriell hergestellten Dressings verbergen mag, allein in Anbetracht des Zuckers.
Ob ein Salat gesund ist, hängt natürlich auch von seiner Frische ab. Frische Kopfsalate gibt es aus dem Freiland nur von Mai bis Anfang Oktober, den Rest des Jahres kaufen wir Treibhausware. Freilandware hat mehr Nährstoffe und weniger Nitrat, das sich im Körper schädliches Nitrit umwandeln kann. Die beste Methode ist, sich einige Pflücksalate selbst zu pflanzen (das klappt auch im Kübel) und so die ganze Saison über immer frische Blätter zu haben und dazu das Wissen, womit sie nicht gedüngt oder gespritzt wurden. Im Garten sind gute Nachbarn Kohl, Radieschen und Zwiebeln. Vorgezogene Salatpflänzchen gibt es beim Gärtner, aber auch die eigene Aussaat und Anzucht mit samenfesten Sorten ist keine Zauberei - dankbare Sorten für Anfänger sind Batavia, Eichblatt, die Lollos oder der gute alte Kopfsalat. Für die Winterzeit sind dann Kohl-, Rübchen- und Rohkostsalate die Alternative.
Lagerung: nicht so lange und nicht so kalt
Gekauften Salat sollte man bald essen, er kann noch am Kopf oder schon gewaschen mit einem Tuch bedeckt im Gemüsefach ein paar Tage lagern, sofern es dort nicht unter 7 °C hat - sonst gibt es bei empfindlicheren Sorten schnell einen Kälteschaden. Alternativ kann man vom Strunk ein dünnes Scheibchen abschneiden und den Kopf in eine Schale mit einigen Milimetern Wasser am Boden setzen und an einen nicht zu warmen Ort stellen.
Mehr als eine Beilage
Dass Blattsalate in ihrer Vielfalt und Komplexität mehr können, als Dressingträger zu sein, können wir von den Küchen anderer Länder lernen. In Frankreich, Italien und Griechenland werden Salate viel häufiger als bei uns gedünstet, gebraten oder im Ofen geschmort. In Vietnam kommen sie in die Sommerröllchen und beim koreanischen Grillspaß ersetzen sie sogar Teller und Besteck, weil man Reis, Pickles und Grilgut nach Lust und Laune in ein Salatröllchen füllt, das man dann in Sesamöl stippt und abbeißt. Im Kasseler Raum gibt es eine „Kasseler Strünkchen“ genannte Spezialität, bei der die Stiele der namensgebenden, mit dem Römersalat verwandten Sorte, gedünstet und wie Spargel verwendet werden. Auch als Kaltschale oder herzhaftes Getränk ist Salat der Hit, was uns Chef Alliance-Koch Bernd Ratjen mit seinem grünen Crème-fraiche-Ayran zeigt. Experimentieren, kreativ kombinieren und auch mal Reste verwerten - Blattsalate offerieren tausend Möglichkeiten. Tipp: es muss nicht für jede einzelne Portion ein neues Dressing geschüttelt werden - warum nicht gleich ein ganzes Fläschchen pro Sorte herstellen und dann die Woche über verbrauchen, schließlich schmeckt es auch mit Getreide-oder Gemüsesalaten. Das gilt natürlich nicht für Dressings mit rohem Ei.
Schon gewusst?
Warum der Eisbergsalat Eisbergsalat heißt, hätten sich sicherlich auch unsere Großeltern gefragt, wenn es ihn damals schon gegeben hätte. Nein, er kommt nicht aus der Arktis, sondern ist eine kalifornische Züchtung. Die Köpfe sind so stabil, dass er sogar längere Schiffsreisen unbeschadet überstand, die er auf Eiswürfeln gelagert verbrachte, um möglichst lange genießbar zu bleiben.