Warenkunde Haselnuss
Botanik
Der Haselstrauch, an dem die Haselnüsse wachsen, gehört zu den Birkengewächsen (Betulaceae). Seine Heimat ist Europa und Kleinasien, er wird bis zu fünf Meter hoch und kann 80 – 100 Jahre alt werden. Er blüht bereits im März, die weiblichen Blüten sind geschlossene braune Knospen, aus denen lediglich die pinkfarbenen Naben (Geschlechtsorgane) hervorschauen. Die männlichen Blüten sind gelbgrüne, hängende, vor Pollen strotzende Kätzchen. Sie werden von Bienen bevorzugt angeflogen, denn die unscheinbaren weiblichen Blüten haben weder Duft noch Nektar, daher übernimmt deren Befruchtung der Wind, dem das egal ist. Erst nach der Blüte bekommt der Haselstrauch seine gezackten Blätter, die ersten Früchte trägt er aber erst im Alter von 10 Jahren, Erntezeit ist dann im September und Oktober. Nicht nur wir Menschen schätzen Haselnüsse, sondern auch für Eichhörnchen, Bilchen (Haselmaus und Siebenschläfer), Mäuse, Elstern, Kleiber und Häher sind sie sowohl eine saisonale Delikatesse als auch ein wertvoller Wintervorrat. Die Tiere tragen sie in ihre Vorratskammern - was dort vergessen wird oder auf dem Weg verloren geht, keimt im Frühling neu aus – so breitet sich die Hasel immer weiter aus. Und auch das Wurzelwerk hat was zu bieten: unterirdisch geht die Hasel Symbiosen mit verschiedenen Pilzarten ein – so sind nicht selten Trüffel, Steinpilze und der nach ihr benannte giftige Hasel-Milchling zu ihren Füßen zu finden.
Symbolik
Die Hasel steht für Lebenskraft und Liebesfruchtbarkeit, Weisheit und Unsterblichkeit zugleich, so erfreute sie sich als Teil von christlichen und heidnischen Grabbeigaben großer Beliebtheit. Im alten Rom symbolisierte sie Frieden – trug man einen Haselzweig bei sich, kam man in guter Absicht. Als frühblühende Frühlingsbotin steht sie noch heute in Palmbesen und Osterdekorationen für Neubeginn. Auch Kraftströme soll sie fließen lassen und umleiten können - so sagte man, sie schütze gegen Blitzschlag und schnitt Wünschelruten aus ihr. Und das Stiefkind Aschenputtel im Märchen der Gebrüder Grimm pflanzt einen Haselzweig auf die Grabstatt ihrer Mutter und nimmt so Kontakt nicht nur zur Ahnen- sondern auch zur Tierwelt auf. Dann gibt es noch das Volkslied von der schwarzbraunen Haselnuss, das ursprünglich gar kein Nazi-Lied war, sondern eins der Arbeiterjugend. Das Motiv des dunkleren, und herzlichen Frauentyps gab es schon im 16. Jahrhundert und im Gegensatz zu den drögen, blond dargestellten und besser gestellten Damen, wünscht der Sänger lieber eine aus einfachen Verhältnissen, dafür mit gutem Charakter, zu heiraten – das ist doch wünschenswert!
Gesundheit
Nicht alles, was gesund ist, macht auch schlank – Haselnüsse sind wie alle Nüsse kleine Kalorienbomben mit 628 Kcal pro 100 g, 61g Fett und 12 % Eiweiß. 60 % der Fette sind mehrfach ungesättigt, das heißt, sie wirken sich positiv auf unsere Blutfettwerte aus. Ihr Eiweiß- und ihr Vitamin-B-Gehalt machen sie zur Fleischalternative für Vegetarier:innen, an Mineralien hat sie Kalzium, Magnesium, Phosphor, Eisen und Zink in sich. Lecithin ist der Stoff, der sie zum sogenannten Brainfood macht: er fördert die Gedächtnisleistung und stärkt Gehirn und Nerven. Ballaststoffe in der Schale sorgen für eine reibungslose Darmfunktion. Durch den hohen Vitamin-E-Anteil sind sie natürliche Blutdrucksenker, wirken antioxidativ und schützen die Zellen vor freien Radikalen, sogar das Risiko, an Diabetes und Parkinson zu erkranken, sollen sie mindern können. Mit einer Handvoll Haselnüsse deckt man 50 % des Tagesbedarfs an Vitamin E. Allerdings hat man dann auch Fett gegessen – wenn auch ein Gutes. Wichtig ist: all das Gesunde ist nur drin, wenn die Nüsse frisch sind. Kaufen Sie also möglichst auf regionalen Märkten und lose Ware. Eine frische Haselnuss hat eine kräftig nussbraune Schale und einen weißen Samenkern.
Und selbst anbauen? Auch das ist möglich, zum Beispiel durch Auspflanzen einer Nuss im Herbst. Nach der für die Keimung notwendigen Kälteperiode des Winters sollte im Frühling ein Bäumchen zu sprießen beginnen. Auch eine Vermehrung über Stecklinge ist möglich. Zu bedenken bleibt aber die lange Jugendzeit des Haselstrauches, sodass die alte Regel gilt: 1. Generation sät, 2. Generation pflegt, 3. Generation erntet.
Anbau und Einkauf
Die meisten bei uns im Handel erhältlichen Haselnüsse stammen aus der Türkei und Italien, dort wächst die Lambertshasel, die eng mit der bei uns wachsenden Hasel verwandt ist, aber ein wärmeres Klima mag. Bei verarbeiteten Haselnussprodukten aus der Industrie, wie Streichcremes, Nougat oder Pralinen sieht das schon anders aus, denn wegen des hohen ganzjährigen Bedarfs können Haselnüsse auch aus USA, Chile oder Südafrika kommen, verantwortungsvolle Beschaffung und faire Arbeitsbedingungen werden nicht überall großgeschrieben. Es lohnt sich also, nach Herstellern aus der Region oder transparenten Projekten Ausschau zu halten, um nicht nur für sich selbst gesund, sondern auch planetengesund seine Nüsschen zu genießen. Es gibt zum Beispiel mehrere Haselnussproduzenten in Bayern, die auch online versenden, Ölmüller in Niedersachsen die Haselnüsse, Leindotter und andere gute Saaten zu kaltgepresstem Öl verarbeiten, eine Solawi bei Berlin, die auch Linsen, Walnüsse und Baumpatenschaften anbietet, und bei Crowdfarming kann man einen Haselnussbaum adoptieren. Hier ein paar Tipps, aber schaeuen Sie mal, bestimmt gibt es auch was in Ihrer Region. Denn Brainfood will auch mit Brain eingekauft werden.
https://www.franken-genuss.com
https://www.bayern-haselnuss.de
Zum Weiterlesen: von our food our future gibt es eine traurige aber augenöffnende Bildergeschichte dazu:
Und noch ein praktischer Tipp aus der Küche, für diejenigen, deren einziges Guilty pleasure die Nuss-Nougat Creme im Glas ist: probieren Sie mal ihre schönen gemahlenen Nüsse mit weicher Butter und Staubzucker und Kakaopulver glattzurühren. Es ist nicht dasselbe. Aber anders besser. Und Sie können abwandeln, mit Meersalz, Chili, Zimt, Vanille. Oder ein fertiges Bio-Nussmus nehmen und mit Ahornsirup und Kakao mischen.
In der Küche
Bei Haselnuss denken wir zuerst an Süßes. An Gebäck und Pralinés, an Nougat und Schokolade, an Eis, Konfekt und Krokant, an Frankfurter Kranz, Müsliriegel und Frühstücksbowls. Aber sie kann auch ein herzhafter Brotaufstrich werden, mit Beten oder Linsen, mit Dörrtomaten oder Paprika. Im Blatt, Gemüse- oder Getreidesalat kann sie ein knuspriges Topping sein oder in Gestalt eines kaltgepressten Öls Protagonistin im Dressing. Beim Gemüse mitgebraten, in der Currypaste, gemahlen und in Butter geröstet auf Karfiol und Forelle, im Brot- oder Brötchenteig… die Haselnuss fühlt sich mit fast allem wohl.
Aber: nicht jeder fühlt sich mit der Haselnuss wohl, denn es gibt immer mehr Menschen, die allergisch auf sie reagieren, gerade Pollen-Allergiker:innen entwickeln oft eine Kreuzallergie. Das heißt, dass das Abwehrsystem des Körpers sich das Protein des allergieauslösenden Stoffes, zum Beispiel bei Birkenpollen, merkt und einen Alarm einrichtet, der dann fälschlicherweise auf das Haselnussprotein reagiert. Daher: immer vorher die Gäste fragen, damit die gemeine Hasel keine gemeinen Probleme auslöst.
Schon gewusst?
Übrigens: wenn ein Koch über Nussbutter spricht, meint er die klassisch französische beurre noisette. Durch Erhitzen von Butter verdampft ihr Wasseranteil und ihr Micheiweiß karamellisiert im Fett, sodass eine goldbraune Farbe und ein nussiges Aroma entstehen. Beurre noisette wird durch ein Tuch passiert zu und zu Gemüse, Fisch oder hellem Fleisch genossen und enthält keine Nüsse.