2012.10.21 Printenbäcker Klein
20.10.2012
Von Möppchen und Printillos
Napoleon sein Dank
Eine Printenbäckerei in Aachen zu besuchen? Das ist doch so etwas wie Eulen nach Athen tragen! Aber selbst eingefleischten Aachenern war nicht unbedingt bekannt, dass die Printe ursprünglich gar nicht für den Genuss gedacht war, dass Napoleon Schuld an der heutigen Printe ist und dass Kräuterprinten gar keine Kräuter enthalten.
Aber der Reihe nach: bei dem Besuch ging es zunächst um historisches. Die Printe war vom Ursprung her ein Pilgergebäck, für die bildliche Darstellung von religiösen Motiven gut geeignet, aber weniger zum Verzehr gedacht. Durch Napoleons Kontinentalsperre entfiel eine wichtige Komponente, nämlich der Rohrzucker und man musste auf andere Zucker ausweichen, was erst Jahre später mit der Zuckerrübe gelang. Dadurch wandelte sich das Gebäck zum Essbaren.
Der Bäckermeister diktiert uns die Zutaten: drei verschiedene Zuckersorten (dunkler aus Rübenkraut, Farinzucker und Kandis), Mehl der Type 1050 und Gewürze, wie Nelke, Kardamon, Anis, Piment, Koriander und Zimt. Das ganze wird bei 80° durchgemengt und der danach harte Teig mehrere Tage in Ruhe gelassen. Vor dem Backen wird noch Natron und Pottasche hinzugegeben. Dadurch wird der Teig weicher und kann verarbeitet werden. Bei 200° wird dann 20 Minuten gebacken.
Bei allen Details, die Herr Klein uns preisgab, die genaue Zusammensetzung der Gewürzmischung wurde uns nicht verraten.
Apropos Kräuter: möglicherweise wurden diese früher als ‚Kruiden’ (niederländisch für Gewürze) bezeichnet, daher der Name ‚Kräuterprinte’. Gleiches gilt für den Namen der Printe selber. Auch hier wird das niederländische ‚prent’ (‚drücken’), d.h. den Teig in die Form drücken als Ursprung angesehen.
Solo für die Printe
Klein war ursprünglich ein Betrieb mit der gesamten Produktpalette einer Bäckerei, doch der Markt und die Nachfrage zwangen zur Spezialisierung. So produziert Klein heute ausschließlich Printen, alle anderen Produkte sind hinzugekauft. Technisch wurde der Betrieb darauf eingestellt.
Inzwischen bedient Klein, neben dem Versandhandel, mehrere Filialen in Aachen und Weihnachtsmärkte. Letztere sogar in der Diaspora, in Köln, Essen Düsseldorf und sogar das Centro in Oberhausen! Das stellt laut Klein aber eine Reihe logistische Herhausforderungen an den Handwerksbetrieb. Der dynamische Bäckermeister nimmt es sportlich. Dennoch ist die Wachstumsgrenze für ihn hier erreicht. Immerhin ist die Backstube mitten in der Aachener Innenstadt und nicht draußen auf der grünen Wiese.
Harte oder weiche eine Glaubensfrage?
Keine Glaubensfrage, eher eine Kennerfrage. Aber jetzt wurde es richtig kompliziert! Wann ist die Printe hart, wann ist sie weich? Wie bekommt man eine harte Printe weich? Wie hält man sie hart und zu guter Letzt, welches ist die bessere Printe?
Am Anfang erst mal ein wenig Chemie: Printen enthalten (viel) Zucker und der ist durch das Schmelzen (siehe Karamell) zunächst hart und folglich auch die Printe. Lässt man die Printe offen liegen, zieht sie Luftfeuchtigkeit an und wird dadurch weich. Aber hier scheiden sich schon die Geister, welches ist der richtige Zeitpunkt für den Verzehr? Dichter am Kleinschen Epizentrum mag man es gerne härter.
Auf weit entfernten Weihnachtsmärkten in der Republik steht man eher auf die softe Variante. Bei Klein wird diese in speziellen Klimakammern bereitet. Daneben hat Klein eine ganze Reihe von Tricks auf Lager: Eine harte Printe bleibt hart bei vollständigem Schokoladenüberzug. Trotz Schokolade noch die Feuchtigkeit heranzulassen gelingt durch eine offene Unterseite und dergleichen mehr .
Sendungsbewußtsein ohne Grenzen
Bäcker Klein gibt sich alle Mühe die Printe und auch das Wissen über den fachgerechten Verzehr zu verbreiten. Klein weiß wovon er redet. Immerhin war er schon mal der tätlichen Attacke eines unwissenden und ignoranten Zeitgenossen ausgesetzt, der seine harten Printen als ‚alt’ bezeichnete. Das lässt Klein nicht ruhen! So erfindet er ‚Printillos’, die harte Stäbchen-Printe, aber leichter zu beißen. Sein Printenuniversum ist unerschöpflich. Verschiedene Schokoüberzüge, diverse Nussvarianten, unterschiedliche Formen, große Platten und kleine ‚Möppchen’ bis zum „Printenkonfekt“. Auf den Essener Weihnachtsmarkt werden sogar harte Printen in die hinteren Regale geschleust. Bereits angefixte Kunden werden dann, bei Nachfrage, mit harter Ware versorgt.
Dennoch zum Schluss die Frage was der Unterschied zur ‚Industrieprinte’ ist. Klein ist diplomatisch. Die Industrie verwendet Teig der schneller und leichter verarbeitet werden kann. Es werden anderen Zucker verwendet, damit die Printe schnell weich ist. Bei der Kleinschen Produktion werden die Printen in die Nüsse gedrückt und mitgebacken. Darüber hinaus sollte jeder selbst durch Probe und nach Geschmack entscheiden. Diesem Rat ist das Convivium anschließend gerne gefolgt.
Text: Peter Krüger - Künstlerische Impressionen Copyright: Peter Krüger
Fotos: Beate Zaengel