2015.02.03 solidarische Landwirtschaft

Solidarische Landwirtschaft und neue Formen des Gärtnerns in Aachen

Silke Bosse, Andrea Springer und Manfred Lieber informierten 03.02.2015

Rund 20 Mitglieder und Freunde des Aachener Slow Food-Conviviums informierten sich über Solidarische Landwirtschaft, Urbane Gemeinschaftsgärten und weitere Angebote und Initiativen neuer Formen des Gärtnerns und des Umgangs mit Lebensmitteln.

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Im Mittelpunkt des Abends stand die „Solidarische Landwirtschaft“ (Solawi). Silke Bosse berichtete sehr lebendig und anschaulich über die Idee und die praktische Umsetzung der Solawi auf Gut Wegscheid in Aachen.

Die ersten sogenannten „solidarischen Höfe“ entstanden im deutschsprachigen Raum in den 1980er Jahren. Inzwischen gibt es in Deutschland zahlreiche Höfe – einer davon auch bei uns in Aachen: Gut Wegscheid im Vaalser Quartier

Gut Wegscheid

Dort baut Landwirt Daniel Bosse mit seinen Mitarbeitern seit 2013 auf ca. 20 ha Land eine große Vielfalt an Obst und Gemüse nach Demeter-Richtlinien an und hält ca. 100 Hühner.

Die Idee der Solidarischen Landwirtschaft ist, dass eine bestimmte Anzahl von Menschen die Abnahme der auf dem Hof produzierten Lebensmittel garantiert und finanziert. Alle teilen sich somit die Verantwortung, das Risiko, die Kosten und die Ernte. Der hierfür erforderliche monatliche Beitrag eines Mitglieds wird auf Grundlage der geschätzten Jahreskosten des landwirtschaftlichen Betriebs und der Anzahl der Mitglieder ermittelt. Das ermöglicht dem Landwirt, sich unabhängig von Marktzwängen seiner Arbeit zu widmen und bedürfnisorientiert zu wirtschaften.Die Mitglieder erhalten im Gegenzug wöchentlich die gesamte Ernte: saisonales, frisches Obst und Gemüse in bester Bio-Qualität, Eier von frei laufenden Hühnern, Bio-Obstsäfte und selbst gebackenes Brot.

Was und wieviel jedem Mitglied jeweils zusteht, ermitteln die Bosse`s auf Basis der Ernte jede Woche neu und schreiben dies auf eine große Tafel, die sie im Laden aufhängen. Daran kann sich jedes Mitglied orientieren und sich seinen Anteil während der wöchentlichen Öffnungszeiten abwiegen und mitnehmen. So ist garantiert, dass auch für den letzten „Kunden“ noch der ihm zustehende Anteil da ist. Bleibt etwas übrig, so gehen haltbare Produkte zurück ins Lager oder die Mitglieder werden informiert und können sich die Reste noch abholen. Da die Produkte nicht in einem Geschäft verkauft werden, finden auch krumme Gurken, kleine Kartoffeln und Kürbisse Verwendung, die ansonsten auf dem Acker liegen bleiben oder in der Tonne landen würden.

Auf Gut Wegscheid kostet derzeit ein Anteil monatlich 100 Euro, auch der Erwerb eines halben Ernteanteils in Höhe von 50 Euro ist möglich. Die Mitglieder sind bunt gemischt: Studenten und Rentner, Singles und Familien, Männer und Frauen zählen gleichermaßen zu den Menschen, die beim Projekt der Solidarischen Landwirtschaft mitmachen, sich mit den Lebensmitteln von Gut Wegscheid versorgen und somit dem Landwirt und seiner Familie mit ihrer Abnahmegarantie unabhängig vom Wetter und der Marktlage eine Planungssicherheit gewährleisten und somit den Lebensunterhalt sichern. Auf dem Hof mitzuhelfen, ist keine Bedingung für eine Mitgliedschaft, viele machen es aber gerne und Daniel Bosse freut sich über jede helfende Hand an den monatlichen Helfertagen. Somit leisten alle zusammen: Produzent und Konsumenten einen Beitrag zum Erhalt der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und gleichzeitig - ganz im Sinne von Slow Food - zum Erhalt der regionalen Nachhaltigkeit.

Nachdem Silke Bosse alle Fragen aus dem Publikum beantwortet hatte, berichtete Andrea Springer über die Aachener Initiative „Urbane Gemeinschaftsgärten“. Auf 1.500 m² bewirtschaften Anwohner aus dem Suermondt-Viertel eine derzeit nicht genutzte städtische Fläche an der Richardstraße. Bei regelmäßigen Treffen werden die gärtnerischen Aktivitäten geplant, bei denen auch neue „Gärtner“ gern gesehen sind. Neben teilweiser Selbstversorgung stehen gemeinschaftliches Arbeiten und Aktionen mit benachbarten Schulen und Kindergärten im Mittelpunkt. Einfach mal hingehen oder informieren unter www.essbares-aachen.de.

Manfred Lieber ergänzte die beiden Beiträge mit Hinweisen auf weitere vergleichbare Initiativen wie Selbsterntegärten, der Münchner Genussgemeinschaft Städter und Bauern sowie foodsharing.de (vgl. die Liste mit Links).

Zum Abschluss des Abends übten die Teilnehmer dann, eine von Silke Bosse gestiftete Kiste voll frischem Feldsalat solidarisch zu teilen.

Text und Foto: Christina Paulson

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