Sensorikkurs MUVA
Ist Schmecken nur Geschmackssache?
Slowfood Allgäu testet Sinne in Sensorik-Schulung
Unter der fachkundigen Leitung von Mitarbeitern des Labor- und Dienstleistungszentrums muva kempten unterzogen sich die Mitglieder der Allgäuer Slowfood Conviviums einer Schulung ihrer Geschmackssinne. Doreen Kronfeld, stellvertretende Leiterin des muva-Bereichs Sensorik und ihrer Mitarbeiterin Juliane Klenk sorgten bei 25 Slowfood-Mitgliedern in privater und lockerer Atmosphäre für einige neue Erkenntnisse in Geschmacksfragen.
Dass nicht nur Zunge und Gaumen beim Schmecken eine große Rolle spielen und das sprichwörtliche Auge ebenfalls mitisst, war den Teilnehmern zwar bekannt. Doch am eigenen Geschmacksempfinden die Einflüsse aller Sinne zu erleben, war eine neue Erfahrung. Durch die aufwändigen Versuchsanordnungen der muva-Mitarbeiterinnen wurden alle Sinne der Kursteilnehmer/innen angesprochen. Bei einem Test der Grundgeschmacksarten an Gaumen und Zunge erfuhren die Besucher, dass die Lebensmittelwissenschaft neben den klassischen Geschmacksarten süß, sauer, salzig und bitter, die wir im Mund wahrnehmen, mittlerweile auch die fünfte Art „umami“ unterscheidet. Diese mit den Worten „würzig, fleischig“ am besten umschriebene Geschmacksart wird u.a durch Glutamat hervorgerufen, das in Lebensmitteln häufig als Geschmacksverstärker eingesetzt wird.
Die Wahrnehmung über die Augen, die Nase und unsere Tastsinne wurde in vielen weiteren Versuchen geschult. So wurde z.B. das Erkennen geringfügiger Unterschiede in Lebensmitteln getestet. Dabei erhält jeder drei Proben, wobei zwei gleich sind. Die abweichende Probe musste erkannt werden.
Dass auch das Riechen die Geschmackswahrnehmung beeinflusst, haben viele schon selbst erlebt. So werden z. B. Zucker und Zimt im Mund bei zugehaltener Nase nur süß empfunden, ihren ganzen Geschmack entfalten diese Lebensmittel jedoch erst durch die Beteiligung unseres Geruchssinnes. Bei einem Käsetest, bei dem die Käsesorten auch angefasst, ertastet werden mussten, wurde auch der Tastsinn geschult.
Den muva-Mitarbeiterinnen gelang es auch die Bedeutung von Lebensmittelverpackungen auf den Geschmack nachzuweisen. So verändert die Lichtdurchlässigkeit von Verpackungen den Geschmack erheblich. Wer z.B. auf unverfälschten Milchgeschmack Wert legt, sollte auf Lichtundurchlässigkeit der Verpackung achten.
Dass die beiden 9-jährigen Zwillinge der Familie Pfennig bei den Tests oft besser abschnitten als so manch älteres Slowfood-Mitglied, ist übrigens normal: die Geschmacksrezeptoren werden nämlich im Alter unempfindlicher. Umso wichtiger findet es Juliane Klenk von der muva kempten daher, bei Kindern möglichst früh die „Geschmackssensibilität“ zu fördern.
Die muva-Fachleute stellen ihr Wissen u. a. auch den Produzenten von Lebensmitteln in speziellen Seminaren deutschlandweit zur Verfügung. Der Lebensmittelindustrie hilft dies nicht nur bei der besseren Vermarktung ihrer Produkte, die wissenschaftlichen Erkenntnisse fließen dadurch auch in neue Produktionsverfahren und Verpackungsarten mit ein.
Für die beiden muva-Mitarbeiterinnen brachte der Kurs mit den Slowfood-Mitgliedern auch eine Menge Spaß, da es dabei „nicht so streng und hochwissenschaftlich wie bei den Lebensmittelspezialisten zuging“, so Doreen Kronfeld. Die geschmacksinteressierten Slowfood-Mitglieder bestätigten das, hatten sie doch nicht nur geselligen Spaß dabei, sondern auch erheblichen Erkenntnisgewinn.
„Die Wahrnehmung verändert sich; ich werde nun beim Einkauf und beim Kochen noch mehr auf die Unterschiede achten, schließlich ist Geschmacksvielfalt ja auch eine Bereicherung unseres Lebens“, so Herbert Richter, Vorsitzender von Slowfood Allgäu. Und Doreen Kronfeld bestätigt das und gibt den Profi-Rat: „nicht überwürzen, naturbelassene Lebensmittel und möglichst keine Fertigprodukte mit Geschmacksverstärkern, dann kann man auch Geschmacksvielfalt erleben.“