"Tag des deutschen Brotes" soll nachdenklich stimmen
(3.5.2014) Den am 5.Mai begangenen „Tag des Deutschen Brotes“ will Slow Food Altmühlfranken dazu nutzen, den Konsumenten ihre Eigenverantwortung bei der Wahl der täglichen Lebensmittel ins Bewusstsein zu rufen. So wie Frankreich für jeden Tag einen anderen Käse anbieten kann, rühmt sich Deutschland der Vielfalt seiner Brotsorten. Dabei wird aber häufig übersehen, dass bei oftmals gleicher Mehlsorte lediglich eine Namensvielfalt entsteht oder eine Einfärbung bzw. ein Bestreuen mit Körnern ein rustikales Vollkornbrot vortäuschen soll. „Und wenn gar ein großer Teil der hierzulande angebotenen Laugenbrezeln täglich tiefgefroren am Münchener Flughafen ankommt, um dann bayernweit verteilt und als backfrische Ware angeboten wird, ist eigentlich ein kritisches Hinterfragen bei den Verbrauchern und Verbraucherinnen angesagt,“ mahnt Dieter Popp als Sprecher der Slow Food-Gruppe Altmühlfranken an und fordert auf, den täglichen Bäckereibesuch zu einer Demonstration des Kunden-Selbstbewusstseins zu nutzen. Die ehrlichen handwerklichen Bäckereibetriebe sind dankbar, wenn ihre Kunden solche Fragen stellen. Sie hoffen aber, dass die so informierten Verbraucher dieses Wissen dann auch konkret umsetzen und aktiv weitergeben.
Jährlich sinkt die Anzahl der noch selbst handwerklich arbeitenden Bäckereibetriebe in rasantem Tempo. Leider lassen sich eben immer mehr Verbraucher von den billigen Angeboten mit dem Backfrische versprechenden Duft der wie Pilze aus dem Boden schießenden „Back-Shops“ mit ihren Aufbackautomaten verführen. Dass dabei Qualität und echte Backfrische auf der Strecke bleiben, dass die so erzielten Umsätze zu Steuerabfluss in meist weit entfernt liegende Regionen führen und damit natürlich auch hier keine qualifizierten Ausbildungs- und Arbeitsplätze mehr angeboten werden können, wird vielfach nicht bedacht oder gar billigend in Kauf genommen. Es verbleiben der Region durch diese Konsumenten-Gleichgültigkeit dann natürlich auch nur die Billiglohn-Jobs der Aufback-Filialen. Da diese Spirale aber nicht auf das Backhandwerk beschränkt ist, arbeiten selbstbewusst auftretende Regionen mit gezielten Aktionen gegen diesen unheilvollen Trend. Wenn wir Altmühlfranken als perspektivische Zukunftsregion vermitteln wollen – wofür unsere Lebens-qualität ja spricht – dann muss auch hier ein Umdenken bei den Verbrauchern eintreten. HandwerkErLeben Altmühlfranken stellt z.B. eine solche Initiative dar.
Alexander Herzog, engagierter Handwerksbäcker aus Altmühlfranken sieht aber mit Sorge, dass immer noch zu viele Verbraucher nur auf optische Signale setzen. Eine kleinere, mit Qualitätsmehl gebackene und vollwertige Semmel wird oft verschmäht, wenn sich im Angebot auch die großen und mit viel Luft gefüllten Semmeln befinden, die nur von ihrer Größe her beurteilt werden. „Small is beautiful“ gilt auch hier“. „Wir wünschen uns mehr Kunden, die statt nach der Semmel-Größe vielmehr nach dem Backverfahren fragen oder auch kritisch die ihnen nicht nachvollziehbaren Preisen hinterfragen. Nur auf diese Weise haben wir handwerklich arbeitenden Bäcker die Möglichkeit, die Kunden über die Hintergründe des Geschmacks, des Herstellungsprozesses und der Preisbildung zu informieren,“ erläutert Bäckermeister Herzog seine Bemühungen, um die Kunden an die besondere Qualität der Backwaren heranzuführen. „Denn unsere einzige Chance gegen die Back-Industrie besteht darin, dass wir uns geschmacklich über die ausgewählten Rohstoffe unterscheiden,“ ist sich Alexander Herzog sicher.
Daher sind Backmischungen, Körner- und Gewürzvormischungen zunehmend bei verantwortungsvoll und handwerklich arbeitenden Bäckern tabu. Bei ihnen gilt das Bäcker-Reinheitsgebot, dass in schmackhaftes Brot-und in Backwaren nur Mehl, Wasser und Salz gehören. Gewürze und Körner werden daher auch mit eigener Rezeptur selbst gemischt. Und dabei ist es natürlich auch selbstverständlich, dass es sich z.B. beim Mehl um Produkte handelt, die aus regionalen Mühlen stammen, die ihrerseits auf die Qualität ihrer anliefernden Bauern beim Getreide setzen. Wer so arbeitet, gewinnt mit seinen Produkten dennoch ein eindeutiges geschmackliches Profil, wenn dem Teig die notwendige Zeit gelassen wird, nämlich die Zeit um zu reifen, um Aromen natürlich zu entwickeln und um Wasser zu binden. Slow Food Altmühlfranken ist sich sicher, dass hier der Schlüssel des Erfolgs guter Produkte liegt. Wir als Verbraucher müssen wieder lernen, wie Zeit schmeckt. Dies gilt nicht nur beim Brot, sondern bei nahezu allen unseren Lebensmitteln. Diese Zeit ist aber dann auch ihren Preis wert und dies ist etwas entscheiden anders als preiswert oder billig.
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