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Slow Food Landpartie 2012: Natur-Erlebnis von der Wiese bis aufs Buffet

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Während der Öko-Aktionstage NRW öffnete im Oberbergischen der Klosterhof Bünghausen seine Tore. Gemeinsam mit dem Slow Food Convivium Bergisches Land luden "die Klosterbauern" Susanne Schulte und Peter Schmidt am 09. September 2012 zu einer Landpartie auf ihrem Biokreis-Betrieb ein.

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Nach einem prickelden Empfang mit bergisch pur-Apfelsecco ging es bei bestem Wetter in die Wiesen rund um den Hof, wo Weiße und Braune Bergschafe, Noriker-Kaltblutpferde und Rotes Höhenvieh grasen. Für die seltenen, von Aussterben bedrohten Rassen haben sich Susanne Schulte und Peter Schmidt bewusst entschieden. Denn sie möchten mit ihren Tieren zur Vielfalt der Bergischen Kulturlandschaft beitragen.

Seltene Rassen haben ihre Vorzüge

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Im Fleisch- und Milchbereich gibt es nur noch wenige Markt dominierende Rassen, die ehemals im Bergischen heimische Rassen wie das robuste Rote Höhenvieh verdrängt haben. Das Rote Höhenvieh, aus Mitteldeutschland stammend, ist aufgrund seines Körperbaus besonders an die hügelige Landschaft angepasst. Die Kühe kalben leicht und sind gute Mütter - erfahren die Hofbesucher. Dass die seltenen Rassen ihre Vorzüge haben, erläutert Schmidt auch noch einmal am Beispiel der Schafe:

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"Die sind fast das ganze Jahr draußen und sind sehr widerstandfähig. Eine Wurmkur pro Jahr - weiter brauchen die Tiere keine medizinische Aufmerksamkeit." Das freut nicht nur den Bauern, sondern auch den Genießer. Beste Fleischqualität ist das Ergebnis. Und davon konnten sich  die Besucher am Vesper-Buffet überzeugen. Bergisch pur-Metzger Holger Kleinjung aus Engelskirchen brachte eine Gulasch-Suppe sowie einen Burgunderbraten vom Roten Höhenvieh mit.

Es muss nicht immer Filet sein

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Bei Schulte und Schmidt war vor Kurzem Schlachttag und nun durfen die Gäste eines ihrer Tiere - rund zwei Wochen lang bei einer Temperatur von 1-2 Grad abgehangen und delikat zubereitet - probieren. Dass es nicht immer Filet oder Steak sein muss und dass auch wenig gefragte Fleischteile wie eine Unterschale durchaus butterzart werden - erläuterte Kleinjung an einigen Beispielen aus der Küchenpraxis und beantwortete auch gerne die Fragen der Besucher. Wie wird ein Tier geschlachtet? Was macht der Metzger mit den Knochen oder welche Teile wandern in die Wurst?

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Geschmacklich überzeugte der Metzger durch sein gelungenes Buffet. Wie ein Sauerbraten eingelegt und langsam gegart, war der Schulterbraten nicht nur würzig, sondern auch schön zart. Die Gulaschsuppe von der Unterschale empfiehlt der Metzger für Eilige im Schnellkoch- oder Dampfdrucktopf zu schmoren. Bereits nach einer dreiviertel Stunde sei das Fleisch nicht mehr zäh, sondern genauso zart wie ein edleres Teil. Nur wer alle Teile eines Tieres schätzt und die Qualität der Quantität vorzieht, kann dazu beitragen, dass Fleischerzeugung nachhaltig - zum Wohl der Tiere, der Menschen und der Natur - geschieht, so das Fazit.

Schützen durch Nützen

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Gemeinsamkeiten zwischen der Slow Food-Idee und der Klosterhof-Philosophie fanden Bernward Geier, stellvertender Convivien-Leiter, die Gastgeber und Metzger Kleinjung viele. "Schützen durch Nützen" ist ein Motto, dem sich das Slow Food Arche-Projekt verschrieben hat. Eine Liste erinnert an die in Vergessenheit geratenen und vom Aussterben bedrohten, aber regional bedeutende Lebenmittel. Neben bestimmten Sorten und Rassen - wie zum Beispiel der Maiwirsing vom Vorgebirge oder das Glanrind sind auch selten gewordene Rezepturen oder Spezialitäten Teil der Slow Food-Arche.

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So hat das Slow Food Convivium Bergisches Land im Jahr 2010 die Burger Brezel, eine zwiebackähnliche Spezialität aus Burg an der Wupper, in die Arche des Geschmacks gebracht. Seit 2011 kümmert sich ein Arbeitskreis vor Ort um das vom Aussterben bedrohte Gebäck. Wer die Brezel einmal "anders" probieren wollte, konnte sie in Form einer gestreiften Käsekuchen-Praline mit Brezelbröseln am Kuchenbuffet naschen. Denn auch kreative Rezepte regt der Arbeitskreis im Slow Food Convivium Bergisches Land bei Gastronomen und Verbrauchern an - damit die Brezel wieder öfter auf den Teller kommt. Einen weiteren Arche-Passagier, den Grünkern vom Bauerländer Spelz, gab’s am Abend in einer köstlichen Grünkernsuppe nach einem Familienrezept von Bernward Geier zu kosten.

Wollige Sache – rundes Event

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Eine fast vergessene Fertigkeit ist auch das Wolle-Spinnen. Susanne Schulte hat es vor einigen Jahren neu für sich und die Arbeit auf dem Klosterhof Bünghausen entdeckt. Im Rahmen einer Vorführung zeigte sie, wie man die auf dem Hof erzeugte Schafwolle reinigt, kämmt und zu Faden spinnt. Und wer mochte, durfte sich auch darin ausprobieren! Die Wolle der Braunen Bergschafe eignet sich besonders gut zum Filzen. Wer ein solches Hobby hat, ist beim Klosterhof an der richtigen Adresse. Für Interessierte gab's darüber hinaus weitere Adressen für Biokreis-Fleisch und auch Weihnachtsbäume aus der Region.


Schön war die diesjährige Landpartie und sie zeigte, Landwirtschaft kann auf mehreren Ebenen nachhaltig sein und gerade das macht sie spannend! Und: Nicht zuletzt kann jeder durch seine Kaufentscheidung dazu beitragen, wie die Tiere gehalten werden und was auf dem Teller landet.  

Text und Fotos: Ira Schneider

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