Molekularküche

Informationen zur Molekularküche

Die "Molekularküche" ist seit einiger Zeit ein neuer Modebegriff, der  jedoch etwas beschreibt, was seit Jahrzehnten in der Nahrungsmittelindustrie Stand der Technik ist und sich ständig weiter entwickelt.

Durch den Erfolg des spanischen Restaurant "El Bully" mit seinem innovativen Koch Ferrand Adria eifern andere Spitzenköche diesem Beispiel nach. Verkürzt betrachtet, werden moderne "hightech"- Produktionsverfahren und neuartige Zusatzstoffe aus dem industriellen Bereich auf die handwerkliche Küche übertragen.

Technisch spielen verbesserte Garmethoden unter präziser Zeit- und Temperaturführung, Zerkleinerungsmethoden (Mixstab, beheizte/gekühlte Mixer), den Einsatz von Vacuumtechnik (um den Geschmack und Geruch zu verbessern), Tieftemperatur-Garmethoden (flüssiger Stickstoff) eine große Rolle. Hinzukommen neue Zusatzstoffe zur Einstellung der Konsistenz der Gerichte über weite  Temperaturbereiche z. B. Xentan, Agar-Agar, Pfeilwurzmehl, Cellulosederivate, Pektine, Alginate, modifizierte Stärken,   u.a. ersetzen sie natürliche Stärke, Gelantine, Mehl, die traditionell in der Küche verarbeitet werden.

Weiter gehören zur molekularen Küche: industrielle Backhilfsmittel, künstliche Aromen (auch naturidentische), Emulgatoren, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker usw., also die gesamte Zauberwelt der oft völlig unklaren chemischen/biologischen  Hilfsmittel. Die meisten dieser Hilfsmittel werden durch chemische oder physikalische Bearbeitung  von Naturprodukten abgeleitet. Sie werden dennoch als "natürlich" deklariert, was tatsächlich nicht der Fall ist (z. B. Hefeextrakt hergestellt in Bioreaktoren).

Weiter  gehören dazu die deklarierungspflichtigen Produkte aus den E-Listen, die als ungesund gelten. Man versucht diese Produkte durch andere Produkte zu ersetzen, die nicht in den E-Listen auftauchen.

Beispiel:  Maggie hat kürzlich eine neue Suppenserie gestartet unter dem Begriff

"Pure Natur", die nach diesen Prinzipien aufgebaut ist (Glutamat durch Hefeextrakt ersetzt).  Die Anreicherung von Wurst- und Fleischwaren mit Wasser (Herstellung von "Kochschinken" oder Fleischwurst aus Fleischabfällen), Schmelzsalze bei der Käseherstellung u.a. .

Diese Manipulationen sind  durch die Gesetzgebung  abgedeckt. Nicht mehr weit ist es zu kriminellen Lebensmittelverfälschungen, z. B. der chinesische Milchskandal (Melamin erhöht in den gängigen Meßmethoden den Eiweißgehalt und ist geschmacksneutral), der Einsatz von Gammelfleisch; Molekularküche macht`s möglich.

Die Spitzenköche, welche die "Molekularküche" aufgegriffen haben, machen dies, um den Geschmack, das Mundgefühl und die Qualität der Speisen zu verbessern. Sie wollen verantwortungsbewusst die neuen Küchentechniken und Zusatzstoffe  auf die Spitzenküche übertragen. Dabei werden eine Reihe von völlig neuen Speisen entwickelt z. B. stabile Schäume, Gemüse- und Fruchtgelees, Saucen, die über ein breites Temperatur-Spektrum stabil sind (z. B. grünes Ketchup aus frischen Gurken), sogenannte "Kaviar"-Perlen u.a..

Eine Verfälschung der Produkte und Rezepte liegen den Küchenmeistern fern.  Es geht um Kücheninnovationen, hoffentlich bleibt es dabei.

Aus der Slow Food Sicht entfernt sich die handwerkliche Traditionsküche durch solche Strategien immer mehr von ihren Ursprüngen. Slow Food ist einmal angetreten, genau dieses zu verhindern. Ziel war und ist es, die handwerklichen, nationalen Küchentraditionen zu erhalten und zu fördern.

von Manfred Meimberg, 25.09.08

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