scheckentreff_151208

15.12. Ausflug: Konditorei Sindern, Recklinghausen

Wir trafen uns mit 12 Personen, wovon nur 4 Teilnehmer Mitglieder aus unserem CV stammten. Wir erlebten eine Demonstration durch den Konditormeister Andreas Sindern zum Thema Marzipan, Schokolade und feine Backwaren.

herne-sind2.jpg

Die Familie Sindern betreibt in der 3. Generation eine Konditorei, die mittlerweile aus der Innenstadt in ein Industriegebiet abgewandert ist. Hier haben wir wirkliche Genuss-Handwerker, ganz im Sinne von Slow Food, kennengelernt. Man verarbeitet ausschließlich Rohstoffe und Zutaten erstklassiger Qualität mit bekannter Herkunft. So setzt man ausschließlich Marzipanrohmasse und Schokoladen nach eigenen Rezepturen ein , die in der Traditionsfirma Minden & Bruhns, Lübeck hergestellt werden. Dieses alte Unternehmen ist einer der letzten Hersteller, die noch auf handwerklicher Basis, mit ausgesuchten Rohstoffen wie Süßmandeln aus Bari (Italien), Rohrzucker oder nicht entöltem Kakao usw. arbeitet.

herne-sind1.jpg

Sindern ist ein Verarbeitungsbetrieb, der aus den Rohmassen handwerkliche Produkte, auch nach regionalen Rezepturen herstellt. Hierzu verwendet er ebenfalls nur edle, natürliche Zutaten wie Vanille-Zucker, Konfitüren, Gewürzessenzen, Orangen oder Zitronen-Pesto, die im eigenen Hause handwerklich selbst hergestellt werden.

Einige Rezepte hierfür hat er uns verraten. Manchmal etwas traurig, sprach Andreas Sindern über die Probleme seiner Branche. Dabei zeigte er die Gründe auf, warum immer weniger Handwerksbetriebe dem Wettbewerb mit der Industrie stand halten können. Es geht immer mehr um den Preis anstatt um die Qualität der Produkte. Industrielle Produkte werden heutzutage mit sehr großem Werbeaufwand vermarktet und Kunden immer mehr zu gut steuerbaren Preiskonsumenten erzogen.

Die Übertreibungen und die Desinformation in der Werbung machen dem Käufer glauben, er würde im Handel gut und preiswert kaufen. Dies ist leider fast immer ein Trugschluss, da gute Rohstoffe gar nicht in Massen zu bekommen sind und durch Handelswege mit den damit verbundenen Haltbarkeiten die Qualität geopfert wird. Herr Sindern machte dies an einigen Beispielen deutlich.

Durch industrielle Technologien (Molekulare Prozesse) und Maschinengängigkeit kann man zwar in kürzester Produktionszeit sicher und billig produzieren, doch ein Großteil der möglichen Qualität bleibt dabei auf der Strecke.

Die Herstellungskosten einschließlich minderwertiger Massen-Zutaten machen oft für industrielle Markenprodukte weniger als 15 % des Verkaufspreis aus, 85 % sind Handelsspannen einschließlich Werbung.

Zudem kann man aus Abfallprodukten wie z.B. Nuss-Schalen oder Aprikosenkernen billige Füllstoffe herstellen und dann unter der deklarierungspflichtigen Menge von 0,2 % dem Produkt beimischen , so dass es der Verbraucher nicht erfährt.

Durch den Verzicht auf ein Ladenlokal in der bester Innenstadtlage und Werbung konnte das Preis-Leistungs-Verhältnis stark zu Gunsten der konsequenten Produktqualität optimiert werden.

Beim Vorlieferanten von Sindern, der Firma Minden & Bruhns aus Lübeck, werden ausschließlich Rohmassen in traditionellen Röstkesseln und Walzwerken produziert. Dieser Prozess benötigt bei Marzipan ca. 4 Stunden. Dabei werden die Rohstoffe schonend verarbeitet, so dass Zucker und Mandeln feinst verteilt und dadurch keine Nachkristallisation (sandiger Geschmack) eintritt. Sinderns Rohmasse besteht aus

50 % Bari-Süßmandeln, ca. 39 % Rohrzucker und ca. 11 % Wasser .

Modernes Marzipan hingegen wird in einem Schnellverfahren in nur ca. 4  Minuten im Mixer hergestellt. Dabei tritt jedoch das Mandelöl aus seiner natürlichen Struktur aus und macht das Marzipan bröselig, auch der Zucker kristallisiert sehr schnell und gibt der Masse dadurch einen sandigen Charakter.

Bei Sindern wird das Marzipan durch handwerkliches Kneten zu Tieren, Figuren auf Wunsch oder Torten verarbeitet. Völlig tabu sind Geschmacksverstärker oder Aromen und eingefärbt wird mit natürlichen Farbstoffen. So sind auch natürliches Rosenöl und andere Gewürzöle verpönt, da sie den natürlichen Geschmack und die Produktkomposition verfälschen.

Andreas Sindern gibt uns eine Kostprobe seines handwerklichen Könnens, indem er auf Zuruf jedes Teilnehmers diesem ein kleines Wunschtier modelliert.

herne-sind3.jpg

Neben Marzipanspezialitäten werden auch viele andere Artikel wie feinste Backwaren, Torten, Trüffel-Pralinen, Tafelschokoladen (5 Sorten) und selbst hergestellte Konfitüren angeboten.

herne-sind4.jpg

Für Trüffelpralinen hat man ein eigenes Herstellungsverfahren, um die unter-schiedlichsten Füllcremes geschmacksintensiv nur mit natürlichen Geschmacks-trägern ohne jeglichen Süßstoff herzustellen. Man versucht regionale Spezialitäten zu pflegen und den typischen, manchmal abweichenden Geschmack, zu erhalten. Vom modischen Mainstream-Produkten hält man sehr wenig.

Regionale Spezialitäten wie Pflaumen- und Quittentrüffel werden aus Likören der ansässigen Kornbrennerei Dörlemann aus Suderwich hergestellt. Auch alte Rezepte wie "Rehrücken" aus Biskuit und Schokolade, so wie ein Mandelkranz, werden im Vest Recklinghausen ganz speziell von alters her gebacken.

Wer wirklich handwerkliche Produkte von höchster Qualität sucht, die den Wünschen und Vorstellungen von Slow Food entsprechen, wird hier noch fündig.

Allerdings ist nicht immer alles vorrätig, da nur begrenzte Mengen hergestellt werden, um stets frische Ware anbieten zu können.

herne-sind5.jpg

Inhaltspezifische Aktionen