270509_testessen
Currywurst-Verkostung
Am 27.Mai 2009 trafen sich 37 Slow-Food-Mitglieder und –Freunde zur Currywurst-Verkostung in der Gaststätte der Kleingartensiedlung Herner Mark.
In rustikal-gemütlichem Ambiente widmeten sie sich einem Fastfood-Gericht, das wie kein anderes das kulinarische Bild vom Ruhrgebiet prägt.
Dabei ist die Currywurst erst in jüngster Zeit zum „Nationalgericht des Ruhrgebiets“ avanciert, wie Peter Krauskopf in seiner historischen Einführung erläuterte.
Anfang der 1980-er Jahre sang Herbert Grönemeyer das von Diether Krebs geschriebene Lied von der „Currywurst“, das allgemein als eine Anspielung auf die Bratwurst der Bochumer Metzgerei Dönninghaus angesehen wird, die mit einer pikanten Sauce im „Bratwursthäuschen“ mitten im Bochumer Kneipenviertel Bermudadreieck als Currywurst angeboten wird. Sie hat in Bochum und Umgebung Kult-Charakter. Erstmalig als ironisch-gebrochenes, regional-typisches Catering bei Kulturveranstaltungen wie Filmpremieren trat die Currywurst Mitte der 1990-er Jahre in Erscheinung. Als Verpflegung in den Fußball-Arenen der Region hat sie bereits eine längere Tradition. Seit sich Bundeskanzler Gerhard Schröder Anfang der 2000-er Jahre als Currywurst-Freund outete, findet man sie als „Berliner Currywurst“ auch auf Speisekarten der gehobenen Gastronomie – serviert auf Porzellantellern, die den Pappschälchen der Imbissbuden nachempfunden sind.
Denn erfunden wurde die Currywurst 1949 von der Imbissbetreiberin Herta Heuwer in Berlin, die sich das Rezept ihrer Currysauce 1959 sogar patentieren ließ. Doch anders als im Ruhrgebiet ist die Berliner Currywurst keine Bratwurst, sondern eine leicht geräucherte Brühwurst, die einer Bockwurst ähnelt. Sie wird wahlweise mit oder ohne Darm serviert.
Für die Verkostung hatte Christian Barke Bratwürste in verschiedenen Qualitäten besorgt: die legendäre Wurst der Metzgerei Dönninghaus in Bochum, den „Gebirgsjäger“ des Discounters „Lidl“ und die handwerklich hergestellte Wurst vom Direktvermarkter „Hof Böckmann“ in Herne. Werner Schlegel steuerte eine Bio-Bratwurst bei, die er aus der Pfalz mitgebracht hatte.
Diese Würste wurden im ersten Durchgang ohne Sauce serviert. Hier die Verkostungsnotizen, die aus der anschließenden Diskussion zusammengetragen sind:
Dönninghaus: sehr weich im Biss, sehr dezent gewürzt, helles Fleisch, wenig Kräuter/Gewürze innen zu sehen, außen sehr dunkel beim Braten.
Lidl Gebirgsjäger: fest im Biss, stark überwürzt, innen angenehme Farbe, viele Kräuter/Gewürze zu sehen, etwas hell beim Braten.
Pfälzer Metzger (Bio-Qualität): halbfest im Biss, Brät von körniger Textur, mittel gewürzt, innen sehr hell, Kräuter/Gewürze zu sehen, außen mittlere Farbe beim Braten.
Hof Böckmann: halbfest im Biss, Brät wässrig, sehr dezent gewürzt, innen hell, Kräuter/Gewürze wenig zu sehen, außen ideale Farbe beim braten, innen große Fettstücke, befremdlicher süßlich-stechender Nebengeschmack (zu alt?/ Fett?/ Milcheiweiß abgesondert?).
Anschließend erklärte Metzgermeister Herr Holzapfel vom Biohof „ Werkstatt für behinderte Menschen-Frauenheim Wengern in Wetter-Esborn“ die Herstellung von Bratwürsten.
Dazu wird das Fleisch im Kutter sehr fein gehackt, gewürzt, in Därme gefüllt und gebrüht. Besonders wies er auf die Zugabe von Eis beim Kuttern hin, da sonst durch die rotierenden Messer das Eiweiß des Fleisches zu heiß und verderben würde.
Je nach regionaler Spezialität besteht die Bratwurst aus Schweine-, Rind- oder Kalbfleisch, Lamm oder auch Geflügel, das feiner oder gröber zerkleinert wird. Wichtiger Bestandteil der Würzung ist Majoran.
Das Brühen dient der Haltbarmachung. Wenn der Salzgehalt der Wurst und des Brühwassers nicht übereinstimmen, kann die Wurst entweder austrocknen oder Wasser ziehen, so dass sie beim Braten platzt. Es gibt auch ungebrühte Bratwürste, die jedoch nur ganz frisch verkauft werden dürfen.
Die Bezeichnung Bratwurst stammt übrigens nicht von „braten“, sondern vom Begriff „Brät“, der sich vom althochdeutschen „brato“ für „schieres Fleisch“ ableitet.
In einem zweiten Durchgang wurden die Würste mit verschiedenen Currysaucen probiert. Auch da wurden unterschiedliche Qualitäten bereitgestellt: die Dönninghaus-Sauce mit Kultcharakter, „Knorr fix für Currysauce“ als Saucenpulver und eine von Julius Meimberg handwerklich kreierte, individuelle Sauce. Dazu kam das Fertigprodukt „Curry-King“ der Firma Meica, das sind Brühwurstscheiben in Currysauce für die Mikrowelle.
Hier die Verkostungsnotizen:
Dönninghaus-Wurst mit Dönninghaus-Sauce: Sauce vielschichtig-pikant, sämig, scharf
Lidl-Wurst mit „Knorr fix für Currywurst“: Sauce mit typischem Saucen-Pulver-Geschmack, laff
Meica Curry-King: Sauce sehr süß.
Böckmann-Wurst mit Sauce von Julius Meimberg: wohl komponierte Gewürzkombination, angenehm wenig süß.
Nach dieser Verkostung erläuterte Hartmut Julius Meimberg die Herstellung von Currysauce. Als Basis dient in der Regel eine Sauce aus Tomatenmark, der Currypulver beigefügt wird. Diese Gewürzmischung besteht in der Regel aus Kukurmawurzel, Pfeffer, Chili, Kardamom, Koriander, Ingwer, Kreuzkümmel, Muskat, Zimt, Bockshornklee, Piment, Nelken und Muskatblüte. Ihre besondere Schärfe erhält sie durch zusätzliches Würzen mit Chili. Wichtig für den pikanten Geschmack ist der Zusatz der richtigen Menge von Zucker. Zur Abrundung kann Worcestershiresauce hinzugegeben werden.
Peter Krauskopf