Besuch des Archehof Windeck
Man nehme: 14 Städter mit deutlicher Slow Food-Begeisterung (und einen gemütlichen alten Hund), einen wunderschönen Samstagnachmittag im April und eine Bäuerin und einen Bauern, die ihre eigenen Vorstellungen von Landwirtschaft und Gastfreundschaft leben: Unsere Frühlings- Landpartie führte uns zum Archehof Windeck, den Lisa Anschütz und Karl-Josef Groß im Bergischen Land betreiben.
Archehof bedeutet: Hier werden, nach dem Motto „Essen, was man erhalten will“, alte Nutztierrassen weiter gehalten, gezüchtet und vermarktet: Bei Lisa und Karl-Josef sind es Glanrinder, einst die Standard-Mehrnutzungsrasse auf deutschen Höfen, und die kurzbeinige Hühnerrasse Bergische Krüper. Die Schafhaltung musste leider aufgegeben werden, da wieder Wölfe in der Gegend heimisch geworden sind.
Pro Jahr werden neun bis zehn Rinder geschlachtet und nach dem „Nose-To Tail“-Prinzip – „Filetpickerei gibt es bei uns nicht“, so Lisa - in Fleischpaketen verkauft. Dazu wurde extra ein hochmodernes Schlachthaus gebaut, um den Tieren jeglichen Stress zu vermeiden. Es bleibt wirklich nichts übrig: Sogar die Häute der Rinder werden gegerbt und zu hochwertigen Taschen verarbeitet, für die Lisa Anschütz schon Designpreise eingeheimst hat.
„Wir arbeiten aus Tradition mit der Natur, wir brauchen keine Bio-Zertifizierung, die kostet nur Geld“ erläutert Lisa bei einem Rundgang über die üppig grünen Weiden. Ein Paradies für die Tiere, denn Ackerbau lohnt sich auf den Bergischen Hochlagen längst nicht mehr. Auch zu den Bauernprotesten, der EU-Subventionswirtschaft oder den Diesel-Zuschüssen haben die Arche-Bauern klare Auffassungen, weit ab vom Mainstream, aber solide verwurzelt im eigenen Boden: „Seien wir doch ehrlich: Der ganze Wust an Fördergeldern sichert unsere Existenz. Punkt. So haben wir dann die Freiheit, zu wirtschaften, wie wir wollen!“
Nach dem Rundgang bekam die Gruppe die volle Wucht Bergischer Gastfreundschaft zu spüren: Nach Kartoffelwaffeln und vielerlei Blechkuchen aus dem holzbeheizten Backes – ja einen solchen gibt es auf dem Archehof natürlich auch – wurden die letzten Lücken noch mit Flammkuchen-Variationen gefüllt, hervorzuheben die mit Kartoffeln und selbst gemachtem Sauerkraut. Dabei präsentierte Lisa noch Ihre imposante Kochbuchsammlung, von Henriette Davidis bis heute: „In den siebziger und achtziger Jahren wurde darin noch erklärt, wie man ganze Tiere zerlegt, das ist heute leider verloren gegangen!“
Und während alle so aßen und redeten, kam ein Nachbar vorbei, der gerade am Außenstall auf der Weide die problemlose Geburt eines putzmunteren Glan-Kälbchens erlebt hat. „Karl, Ihr seid gerade Eltern geworden“, so seine bergisch-trockene Meldung. Die Arche lebt.