Historische Weinsorten
Am 17.10.2024 nahmen 26 Gäste des Slow Food-Conviviums Bonn an einer ganz besonderen Weinprobe teil. Sie stand unter dem Motto „Trinken, was gerettet werden soll“.
Der Weinexperte Thomas Riedl präsentierte einen Winzersekt und zehn hochwertige deutsche Weißweine aus den neun sehr seltenen, historischen Weißweinsorten Grünfränkisch, Grüner Adelfränkisch, Weißer Lagler, Früher Gelber Malinger, Gelber Orleans, Weißer Räuschling, Gelber Kleinberger, Roter Riesling und Roter Veltliner. Als „selten“ erachtet Riedl eine Keltertraubensorte, wenn sie auf weniger als 0,1% der deutschen Rebfläche von aktuell 103.500 Hektar angebaut wird, und als „historisch“ fasst er eine Sorte dann auf, wenn sie nachweislich schon vor Beginn der Reblauskatastrophe in Deutschland (1878) angebaut wurde. Der Weiße Räuschling steht hierzulande z. B. nur noch auf 284 m2, vom Frühen Gelben Malinger gibt es weltweit nur noch zwei Parzellen, eine in Walporzheim an der Ahr und eine in Königswinter-Oberdollendorf. Und selbst der „shooting star“ unter den historischen Rebsorten, der Rote Riesling, steht nur auf rund 80 Hektar.
Die meisten dieser Rebsorten galten vor dem bundesweiten „Erfassungsprojekt Rebengenetische Ressourcen“ (2007-2010), das der Biologe und Ampelograph Andreas Jung maßgeblich durchführte, auch unter Experten als verschollen oder gar ausgestorben.
Deshalb hatten nur wenige Anwesende überhaupt schon mal von den präsentierten Sorten gehört oder den einen oder anderen Wein getrunken. Da das Publikum außerdem sehr unterschiedliche Weinerfahrungen und Vorlieben mitbrachte, stießen die Weine erwartungsgemäß auf unterschiedliche Reaktionen. Sie reichten von Begeisterung bis Befremden.
Thomas Riedl erläuterte, anschaulich, warum die Erhaltung von Biodiversität auch bei Rebsorten so wichtig ist und welche Rolle Konsument*inn*en bei ihrer Erhaltung spielen. Das Publikum ermutigte er immer wieder zu Fragen, die er im Laufe des Abends zusammen mit dem anwesenden Biowinzer Kay Markus Thiel kenntnisreich beantwortete. Auch untereinander diskutierten die Anwesenden lebhaft.
Dank des tollen Zuspruchs wird es im ersten Quartal 2025 eine Fortsetzung geben, dann mit deutschen Rotweinen aus seltenen historischen Rebsorten.
Alle Teilnehmer erhielten obendrein umfängliche Informationen zu den Rebsorten, den Weinen und ihren Bezugsquellen und die Rezepte zu den Leckereien, die Thomas Riedl passend zu den Weinen vorbereitet hatte.