Italienische Feinkost - Mafia-befreit
Wer liebt sie nicht, die italienische Küche? Seit mindestens einem halben Jahrhundert ist sie bei uns im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Wir lieben Pizza und Pasta, weil – ja, warum eigentlich? Weil sie irgendwie gute Gefühle in uns wecken. Schon für Kinder sind „Nudeln mit Tomatensoße“ der Inbegriff eines leckeren Mittagessens. Viele der Zutaten, die im privaten Haushalt oder in der Gastronomie verwendet werden, wenn Cucina italiana angesagt ist, stammen tatsächlich aus Italien. Vieles wird in den südlichen Regionen angebaut und verarbeitet, dort, wo die italienischen Mafien nach wie vor mächtige Organisationen sind. Immer noch erpressen sie im großen Stil und bedrohen jeden mit dem Tod, der sich ihnen in den Weg stellt. Die Zahl ihrer Opfer ist ungezählt. Zahlreich sind inzwischen aber auch die Orte, an denen ihrer öffentlich sichtbar gedacht wird. Nach Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, zwei mutigen Untersuchungsrichtern, die im Kampf gegen die Mafia ihr Leben verloren, ist der Flughafen von Palermo, sind Straßen und Plätze benannt. Inzwischen setzen sich die Menschen in Sizilien, Kalabrien und Apulien mehr und mehr gegen die skrupellosen Clans zur Wehr. Wie, darüber sprach Martin Klupsch vom Fairhandelszentrum Rheinland am Donnerstag, den 26. September in der Veranstaltung „Lecker, aber bitte legal! Italienische Feinkost - Mafia-befreit“. Mit dieser Veranstaltung, zugleich ein Beitrag zur Fairen Woche 2024, setzte Slow Food Bonn in Kooperation mit dem Evangelischen Forum Bonn die gemeinsame Reihe „Essen ist politisch!“ fort.
Italien hat in den letzten Jahren immer schärfere Gesetze zur Bekämpfung der Mafia erlassen. Aber auch die Zivilgesellschaft hat mutige Methoden entwickelt, sich gegen die Mafia zur Wehr zu setzen. Immer häufiger findet man an Geschäften Aufkleber mit dem Aufdruck „Adio pizzo“, was übersetzt „Tschüss Schutzgeld!“ bedeutet. Denn aus der deprimierenden Erkenntnis „Ein ganzes Volk, das Schutzgeld zahlt, ist ein Volk ohne Würde“ ist die Überzeugung gewachsen „Ein ganzes Volk, das kein Schutzgeld zahlt, ist ein freies Volk.“ Es gehört großer Mut dazu, einen solchen Sticker in sein Schaufenster zu kleben, aber es werden immer mehr Ladenbetreiber*innen, die diesen Mut aufbringen. Staatlicherseits werden Ländereien aus Mafia-Besitz inzwischen konsequent konfisziert, wenn deren legaler Besitz nicht nachgewiesen werden kann. Umkehr der Beweislast! Die beschlagnahmten Agrarbetriebe werden dann von gemeinnützigen Organisationen und Kooperativen - meist biozertifiziert - weiter betrieben. Ihre Produkte können als garantiert „mafia-frei“ gelten. Es sind vor allem Weine, Olivenöle, Gemüsekonserven, Getreideprodukte, Marmeladen und Honig. Vermarktet werden sie unter eigenen Labels, etwa Libera terra (Befreites Land) oder Solidale Italiano Altromercato (Italienische Solidarität – anderer Markt). Außerhalb Italiens kann man sie in gut sortierten Weltläden, z.B. in Bonn und Remagen, und in manchen Bioläden, etwa bei MOMO, kaufen. Oder man bezieht sie direkt über den Online-Shop des Fairhandelszentrums Rheinland www.legalundlecker.de/shop . Für Slowfoodies sicher besonders interessant und ein zusätzlicher Kaufanreiz: Das Fairhandelszentrum ist schon seit vielen Jahren Unterstützer von Slow Food Deutschland, was wir an dieser Stelle mit besonderem Dank ergänzen.
Nach einem spannenden Vortrag mit anschließendem angeregtem Austausch mit dem Publikum gab‘s natürlich auch noch leckere Kostproben für alle. Martin Klupsch hatte eine kleine, aber feine Auswahl aus seinem Mafia-frei-Sortiment mitgebracht. Was für die etwa 25 Teilnehmenden eine verlockende Gelegenheit war, beim Probieren der Köstlichkeiten noch etwas in der angenehmen Atmosphäre des Kirchenpavillons an der Kreuzkirche zu verweilen.