Flussfischerei an Sieg und Rhein
Von Fischbruderschaften und Flusstraditionen – Besuch des Conviviums Bonn im Fischereimuseum Bergheim
Nicht ohne Grund beginnt eine Führung durch das Fischereimuseum in Troisdorf-Bergheim im vierten Stock des erst vor wenigen Jahren neu errichteten Gebäudes. Vom Balkon in luftiger Höhe bietet sich den Besuchern ein wunderbarer Blick auf einen Seitenarm der Sieg, die hier, wenige Kilometer nordöstlich von Bonn, in den Rhein mündet. Romantisch glänzt das Wasser im Licht der tiefstehenden Herbstsonne. Ein paar Fischerboote und ein historischer Aalschokker, das größte Museumsstück, liegen vertäut im stillen Wasser. Kormorane und Graureiher hocken in Ufernähe auf den Bäumen. Und wie für uns bestellt, schwimmt eine stattliche Bisamratte von einer der vor uns liegenden kleinen Inseln zum Flussufer.
Bild oben: Aalschokker Maria-Theresia, das größte Ausstellungsstück des Fischereimuseums Bergheim, gebaut 1894 in den Niederlanden und bis in die 1960er Jahre auf Sieg und Rhein im Einsatz. | © Thomas Grossmann
Familiäre Fischereitradition an Sieg und Rhein
2011 wurde das Fischereimuseum der Fischerbruderschaft zu Bergheim an der Sieg, so die genauer Bezeichnung, (wieder) eröffnet. In mehreren Schausälen präsentiert es eine bemerkenswerte Ausstellung über das Leben und den beruflichen Alltag der Flussfischer, ihre Boote, Gerätschaften und Fangmethoden. Bis in die 1960 Jahre hinein lebten in der kleinen Ortschaft Bergheim noch mehrerer Familien von dem, was ihnen an Sieg und Rhein in Netze und Reusen ging. Dann wurde die Wasserverschmutzung so stark, dass niemand mehr die Hechte, Aale, Karpfen, Schleien, Barsche und alle Arten von Weißfischen kaufen wollte.
Im Bild: Mit dem Brotfisch ließ sich Geld verdienen, der Backfisch wanderte in die eigene Bratpfanne.. | © Thomas Grossmann
Die letzten neun Fischerfamilien gaben ihren Beruf auf. Aber nicht ihre Liebe und Leidenschaft zur Flussfischerei. Noch heute besitzen sie die Fischereirechte am Unterlauf der Sieg und an einem Flussabschnitt des Rheins. Und sie erhalten das Fischerhandwerk am Leben, wenn auch nicht mehr im Vollerwerb. Doch es geht den Bergheimern um noch weit mehr als um ein altes Handwerk. Es ist die Tradition einer über Tausend Jahre alten Bruderschaft, die sie lebendig erhalten wollen.
Im Bild: Flussbarsch und Aal sind sich nicht immer "grün". | © Thomas Grossmann
Seit dem Jahr 987 besaßen die Bergheimer Fischer das durch Kaiser Otto III. urkundliche verbriefte Recht, in den zum Kloster Vilich gehörenden Gewässern ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Jeder dritte Fisch war an das nahe Bonn gelegene Frauenkloster abzugeben. Die so privilegierten 14 Familien schlossen sich zu einer eigenen Bruderschaft, einer Berufs- und Glaubensgemeinschaft zusammen. Ihr Wappen ziert ein Abbild der heilige Adelheidis, die bis heute im Köln-Bonner Raum als wohltätige Äbtissin des mittelalterlichen Klosters Vilich verehrt wird.
Im Bild: Das Wappen der Fischerbruderschaft zu Bergheim an die Sieg: 14 rote Punkte stehen für die 14 Fischerfamilien, die ursprünglich dieser Zunft angehörten. Rechts ober die heilige Äbtissin Adelheidis, deren Kloster ein Drittel des Fischfangs aus Bergheim bekam. | © Thomas Grossmann
Karpfen, Zander und Bamberger Hörnla
Nach so viel Fischereikunde und spannendem Geschichtsunterricht war es Zeit für den praktischen Teil unserer Exkursion. Vorbei an einigen Aquarien mit Prachtexemplaren verschiedener Gattungen ging es in die bestens ausgestattete Küche des Museums. Hier wartete Küchenmeister Ralf Komitsch auf uns, unter dessen Anleitung wir in kurzer Zeit – ein bisschen vorgearbeitet hatte er schon – zwei echte Fischspezialitäten zubereiteten.
Im Bild: In ausgeprägten Windungen floss die Sieg in früheren Zeiten dem Rhein entgegen und änderte dabei immer wieder ihren Lauf, wie diese alte Karte deutlich erkennen lässt. | © Thomas Grossmann
Ein kalt geräucherter Karpfenschinken – selbstverständlich aus der Eigenproduktion eines Berghemer Fischerbruders - wurde hauchdünn geschnitten mit Schmand bestrichen in Crêpes eingerollt und so ohne viel Mühe in eine exquisite kleine Vorspeise verwandelt. Es folgte ein Zanderfilet auf Gemüse-Julienne, in Pergament gegart.
Im Bild: Kaltgeräucherter Karpfenschinken - eine rare Spezialität und echte Delikatesse - wird in Crepes eingerollt. | © Thomas Grossmann
Besonderer Clou: Den kleinen Päckchen war jeweils ein kleiner Rosmarinzweig und etwas Zimtbutter beigegeben. Dazu gab es La Ratte-Kartoffeln und unseren Archepassager „Bamberger Hörnla“. Köstlich! Schwimmen durfte der Fisch in einem trockenen Rheingauer Riesling. So beendeten wir gut gelaunt unseren Besuch im Bergheimer Fischereimuseum und waren uns einig: Das wäre auch für andere Slow Food-Covivien ein interessantes und genussvolles Ausflugsziel.
Im Bild: Hmmm ... Zanderfilet auf Gemüse-Julienne mit La Ratte | © Thomas Grossmann
Auch der Zander gehört(e) zu den Brotfischen an Rhein und Sieg. Hier warten schon 14 Filets auf hungrige Museumsbesucher/innen. | © Thomas Grossmann
Kein schlechter Fang! Neben Aal, Hecht und Stör auch ein Lachs. Lachse werden seit einigen Jahren in der Sieg erfolgreich wieder angesiedelt und sind dort inzwischen immer häufiger zu beobachten. | © Thomas Grossmann
Vom Wasser in die Pfanne - Flussfischerei an Sieg und Rhein
Zu einem lehrreichen Kochseminar zum Thema „Heimische Fische: Schleie, Karpfen, Hecht & Co“ lädt das Convivium Bonn für Samstag, den 15.11.2014, von 14 bis 17 Uhr in das Fischereimuseum nach Bergheim an der Sieg (Troisdorf) ein.
Aus der Einladung:
"Fische aus Rhein und Sieg gelten schon lange wieder als köstliche regionale Spezialitäten. Mehr darüber wollen wir an diesem Nachmittag erfahren. Es geht um den Alltag der Fischer an Rhein und Sieg – gestern und heute – und wir erfahren viel Wissenswertes über ihre Fangmethoden und den Einfluss der Fischerei auf das wirtschaftliche Geschehen in der Region.
Wir lernen heimische Fischarten kennen und können im Anschluss an einen geführten Rundgang durch ein spannendes Museum einem Fachmann beim Filetieren und Zubereiten der Fische über die Schulter sehen. Denn die seltenen, aber köstlichen Süßwasser-Speisefische (Angebot je nach Fang) werden für uns exquisit zubereitet und können anschließend verkostet werden. Das Seminar ist bereits ausgebucht."
Das Fischereimuseum Bergheim
Das Museum in Troisdorf-Bergheim, unweit der Mündung der Sieg in den Rhein
- zeigt die Geschichte der Fischerei-Bruderschaft, die Entwicklung des Naturraumes an der unteren Sieg und beschreibt den Fischfang in Sieg und Rhein mit zahlreichen Objekten und Multimedia Stationen.
- bietet als Veranstaltungsort rund um die Themen Natur und Kultur ein umfangreiches Programm mit Sonderausstellungen und Vorträgen.
- stellt als außerschulischer Lernort ein gut ausgestattetes Schülerlabor bereit und bietet zahlreiche Workshops und Projekttage sowie ein besonderes Ferienprogramm an.
Foto oben: Ein Fischerbruder zeigt stolz seinen großen Fang aus dem Discholl, einen Hecht von ca. 60 cm Länge, der in diesem Sommer ins selbstgestrickte Netz gegangen ist. | © Karen Lerch
Mehr Informationen:
Fischereimuseum Bergheim an der Sieg
Informationen zur Flussfischerei in der Region Rhein-Sieg
Informationen zur Fischereibruderschaft zu Bergheim an der Sieg
Das Fischereimuseum Bergheim an der Sieg zeigt eine Ausstellung zur Kulturgeschichte der Fischerei an der unteren Sieg. Vor mehr als 1.000 Jahren schlossen sich die Bergheimer Fischer zu einer zunftähnlichen Bruderschaft zusammen. Heute übernehmen sie Aufgaben im Bereich Bildung, Traditionspflege und Naturschutz in der Siegaue. | © Gerard Klinke
Schriftzug am Eingang des Museums. | © Uwe Wuller
Zum Räuchern vorbereitete Regenbogen-Forellen. | © Karen Lerch