Hubert Retzbach: Ein Pionier der Slowfood -Küche in Hohenlohe
Hubert Retzbach ist einer der ersten hohenlohischen Sterneköche und gilt auch als einer der Pioniere der regionalen Küche im Sinne von Slow Food. Der Spitzenkoch, der zuletzt die Küche der Jagstmühle in Heimhausen prägte, geht jetzt in Ruhestand. Sein Nachfolger ist dort Steffen Metzger, der von 2014 bis 2020 als Küchenchef in der Residenz Winkler zwei Michelin Sterne führte. Ein Bericht von Bernulf Schlauch, unserem Regionalbetreuer für Hohenlohe.
Hubert Retzbach wuchs auf einem Bauernhof in Wachbach bei Bad Mergentheim auf. Als „Mittlerer“ von 7 Kindern musste er zuhause auf die kleinen Geschwister aufpassen, wenn die Eltern auf dem Feld waren. Dabei hat er der Oma oft in der Küche geholfen und so seine Neigung für das Kochen entwickelt. Nach seiner Lehre im Hotel Kurhaus in Bad Mergentheim zog es ihn nach Baden-Baden. Im renommierten Brenners Parkhotel verfeinerte er rund 6 Jahre seine Kochkünste und absolvierte bereits als 24-Jähriger das Meisterdiplom.
1981 folgte er dem Ruf Otto Geisels und kehrte in seine Heimat zurück als Küchenchef des Bad Mergentheimer Kurhotels Victoria. Dort konnte der talentierte Jungkoch seine Künste voll entfalten und erkochte sich 1993 den ersten Michelin Stern, den er 20 Jahre in Folge verteidigte.
Die 1980er und 90erJahre waren laut Retzbach noch geprägt von der „klassischen Küche“ mit Chateaubriand, Gänseleber, Hummer, Langusten etc. Ende der 90er Jahre brachte Otto Geisel, der Patron des Hotel Victoria, die Slowfood - Idee aus Italien mit. In der Küche sollten fortan nicht mehr Gourmetprodukte aus aller Welt zum Einsatz kommen, sondern ausschließlich qualitativ gute Erzeugnisse aus der Region und Umgebung. Retzbach : „Die Umsetzung dieser Slowfood - Idee war nicht einfach. Wir mussten übers Land fahren, die regionalen Spezialitäten auffinden und
die Erzeugnisse oft selbst von den Höfen abholen.“ Die Ziegen stammten aus Impfingen, der Landgockel aus Mäusdorf, der Grünkern vom Hofmann aus Schwabhausen, die Kartoffeln vom Kress in Gochsen, die Krebse aus Franken etc... Schwierig war am Anfang, laut Retzbach, die Beschaffung von gutem Gemüse, speziell in den Wintermonaten. Mit der Zeit fanden sich aber auch hier Gärtner und Höfe, so dass Hubert Retzbach im Jahr 2003 ohne Importprodukte aus Frankreich und Italien mit einer fast ausschließlich regionalen Genießerküche den Michelin Stern erkochen und danach noch weitere 10 Jahre halten konnte: „Da gab es dann als Vorspeise nicht mehr eine Hummersuppe oder Gänseleber, sondern Ochsenschwanzsuppe oder Kutteln und als Hauptgang Landgockel oder Fleisch von Weiderindern, Schafen und Ziegen aus Hohenlohe.“
Viele denken, dass eine Gourmetküche mit rein regionale Erzeugnissen günstiger ist, als die teure Importware, so Retzbach. Da die qualitativ guten Erzeugnisse aber weit über Hohenlohe verstreut sind und wir sie oft selbst abholen müssen, gebe es preislich kaum Unterschiede. Dass auch ein gutes regionales Erzeugnis seinen Preis hat, heißt bei dem bodenständigen Gourmetkoch: „Was nix kost, is nix wert“ . Die Hinwendung zu regionalen Rezepten und Erzeugnissen hält Retzbach für wichtig, weil damit die heimische Landwirtschaft gefördert wird.
Unter der Ära von Otto Geisel, der Anfang 2000 mehrere Jahre Slowfood Präsident von Deutschland war, präsentierte Hubert Retzbach seine Kochkünste auch beim Salone del Gusto in Turin oder bei vier Slowfood Veranstaltungen in Berlin.
Mit der Schließung des Hotel Victorias wechselte Hubert Retzbach im Jahr 2013 in die Jagstmühle nach Heimhausen, der er mit seiner regionalen Genießerküche seinen Stempel aufdrückte.
Das Convivium Slowfood Hohenlohe Franken, das mit Hubert Retzbach mehrere gelungene Veranstaltungen organisierte, wünscht dem 65-jährigen Koch einen schönen Ruhestand mit seiner Frau im Heimatort Wachbach.
Bernulf Schlauch