Neuer Slow Food Unterstützer - Brauerei Mahr Bamberg

Die Individualität und Anzahl der Brauereien in und um Bamberg ist weltweit einmalig. Und mit dem Arche-Passagier "Bamberger Rauchbier" aus brauereieigener noch holzbefeuerter Malzdarre waren bisher zwei Stadtbrauer, der an Biertradition nicht armen Domstadt, eng mit Slow Food verbunden: Die Brauerei Spezial - am Rande des Gärtnerviertels - und die Brauerei Schlenkerla inmitten der Bürgerstadt im Sandgebiet.

Nun wächst die Slow-Brau-Familie: Die traditionsreiche Brauerei Mahr, im idyllischen Stadtteil Wunderburg, wird im wahrsten Sinne des Wortes ein "U"nterstützerbetrieb, denn die Familie Michel braut dort das berühmte "U". Ein ungespundetes, unfiltriertes und unverschämt gutes untergäriges Vollbier, das die Bamberger schlicht a "U" bei der Bestellung nennen. Und die schön gehopfte Spezialität ist letztlich die Identitätssorte der Brauerei, die ihren Qualitätskampf gegen die uniform und belanglos schmeckenden Industrie- und Supermarktbiere den zu Zeiten der Brauereikonzentration und des Brauereisterbens, für sich auf sympathische Weise entschieden hat.

Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Und der Trend zu regionalen Erzeugnissen, zu Handwerk und zu Craft-Beer haben das "U" aus der Nische der kleinen Wunderburg inzwischen zu einem Weltstar und das "Mahrs" mit dem idyllischen Kastanien-Biergarten zu einem Wallfahrtsort der Bierszene gemacht.  

Lange Zeit war das "U" vielen Biertrinkern aber suspekt. Denn es hat kaum Schaum. Da das "Spundloch" am Fass (heute ein Druckventil) beim Reifen des Biers nicht ganz geschlossen ist (daher Ungespundet). So entweicht die Kohlensäure, und perlt so nur angenehm vage, und betont dabei den weichmalzig, fast öligen Charakter des kaum filtrierten Gerstentrunks. Im Gegensatz zu den blitzklaren Biersorten ist es dadurch kürzer haltbar, bietet so aber mehr Geschmack. 

Letztlich ist es ein "Orange- oder Natural-Bier" - wenn man den Charakter und die Idee des Bieres mit Attributen aus der Weinsprache beschreiben würde. Traditionell wird das "U" im Steinkrug ausgeschenkt.

Spannend sind beim Mahrs Bräu dazu - neben der traditionellen Verwurzelung in dem alten Bamberger Stadtteil - manch Ansätze, die den Betrieb darüber hinaus noch interessant machen: Das Mahrs war eine der ersten Braubetriebe, die Malz nicht mehr vom Großhandel ungeklärter Herkunft beziehen wollten (z.B. aus der Ukraine oder aus Kanada) sondern Wert auf regionale Zutaten legten (Fränkische Schweiz). Zudem nutzen sie seit Kurzem hundert Prozent Ökostrom, kochten mit der Gaststätte im Lockdown für die Bamberger Tafel, servieren das berühmte fränkische Demeter-Bauernbrot der Bäckerei Schüller zu den Brotzeiten, setzen beim Schweinefleisch auf das Schwäbische-Hallesche Landschwein (Slow-Food-Arche-Passagier), sind Mitglied im "Qualitätsverbund umweltbewusster Betriebe" und wurden für ihr Engagement im "Umwelt- und Klimapakt Bayern" ausgezeichnet. 

Neben dem "U" hat das Mahrs natürlich noch einige weitere spannende Bierspezialitäten in petto. Gerade im Sommer kommt das erfrischende Helle süffig daher und für die Wintersaison braut jede Bamberger Traditionsbrauerei ihr spezielles Bockbier. 1670 wurde die Braustätte einst gegründet. Seit 1880 befindet sie sich im Besitz der Inhaberfamilie. 

Lohnend ist ein Besuch der historischen Wirtsstube mit Holzfass auf der Theke und dem schmucken Brauereihof. Dafür bietet sich ein Spaziergang vom Bahnhof an. Der Pfad führt fern von Altstadt und Dom direkt durch das historische Gärtnerviertel. Entlang alter Straßen und Stadtplätze der Vorstadt (Theuerstadt mit Gangolfskirche, Steinweg, Egelseestraße) gelangt man zwischen Feldern und Flächen des urbanen Gartenbaus (Welterbe!) direkt in diese kleine Welt. Dort gibt es noch Metzger und Bäcker, neben dem Mahrs sogar eine weitere Brauerei direkt gegenüber (Brauerei Keesmann), es gibt natürlich eine Kirche, (Maria Hilf), einen Brunnen, schattige Stadtbäume, im Sommer eine eigene Kirchweih und sogar eine Eisdiele.

 

Andreas Schneider 

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