Helmuth Kleinschroth - Bauer und Bewahrer

Bauer und Bewahrer

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Bauer Helmut Kleinschroth (rechts) mit Bäcker Martin Schiffer (Foto: HW Bunz)

Als moderner Landwirt bäuerliche Tradition, alte Sorten und naturschonende Bewirtschaftung vereinen ohne ein Bio-Bauer zu sein?

Von Hans-Werner Bunz

Heute tragen alle jene Bauern, die keine Bio-Bauern sind, das Etikett „konventioneller Bauer“. Was eigentlich eine Verdrehung der Tatsachen ist: Denn eigentlich ist der heutige Bio-Bauer der konventionelle Bauer: seine Wirtschaftsweise ist die herkömmliche und Jahrhunderte alt. Erst im 20. Jahrhundert und vor allem nach dem 2. Weltkrieg setzte eigentlich das ein, was als typisch für die moderne Landwirtschaft gilt: Industrialisierung, Einsatz von Agro-Chemie und Agro-Pharmazie, starke Spezialisierung, Monokulturen, Massentierhaltung. Deren Umwertung in konventionell, also in herkömmlich, ist sicher nicht zufällig – ein Schelm, der nichts Arglistiges daran findet.
      Helmut Kleinschroth passt in keines der beiden oben beschriebenen Schemata; denn er ist ein unkonventioneller Bauer (und Slow Food Mitglied). Das fängt damit an, dass er einen vielfältig strukturierten Bauernhof hat – inmitten des kleinen Dorfes Fuchsstadt südlich von Würzburg. Er hält 40 Stück Rinder: Fleckvieh-Milchkühe und Ochsen vom Fränkisches Gelbvieh, einem Kandidaten für die Slow Food Arche des Geschmacks®. Erstere werden jedoch jetzt ersetzt durch eine Mutterkuhherde vom Fränkischen Gelbvieh. Nicht genug damit: auch Puten, Hähnchen und Hühner gehören beleben den Hof. Die 60 Puten haben zu Weihnachten ihr Schlachtgewicht, die 40 Hähnchen nach drei Monaten, so dass im Jahr 160 Tiere gemästet werden, während die 60 Hühner für Eier sorgen und natürlich auch köstliche Braten oder Ragouts ergeben. Drei Tierarten, die unterschiedlicher nicht sein können und deshalb auch gänzlich unterschiedliche Anforderungen an Vermarktung, Haltung und Futter stellen. Dass letzteres bis aufs Mineralfutter vom eigenen Hof stammt, ist für Kleinschroth selbstverständlich. Doch nicht genug damit: dieser Mann produziert zusätzlich auf rund 62 Hektar Ackerland ganz gewöhnliche Feldfrüchte auf ganz ungewöhnliche Art. Und ganz ungewöhnliche (weil seltene) Feldfrüchte auf ganz gewöhnliche Art.

Vielfalt als Erfolgsfaktor
Beginnen wir mit dem letzteren: Da ist zuerst Blaumohn (die morphinarme und samenfeste Sorte Mizko ist die bislang einzig zugelassene Mohnsorte in Deutschland) zu nennen – ideal für Mohnfüllungen, Mohnkuchen und Mohnbrötchen. Zugleich ist dieser Mohn ein hervorragender Bodenverbesserer, was der Folgefrucht zugute kommt und dem Bauer mehr Ertrag bei klimafreundlicherer Bewirtschaftung bringt. Die wunderschöne Blüte ist zudem eine wertvolle Bienenweide, was ein befreundeter Imker nutzt. Der Anbau dieser Frucht ist in Deutschland extrem selten; kein Wunder also, dass zum jährlichen Mohnday, einem Erntefest im August (2013 am 18.08.), Tausende nach Fuchsstadt pilgern, um die letzte Mohnernte mitzuerleben.
      Ausrichter dieses Festes ist die kleine Lebensmittelgemeinschaft von Helmut Kleinschroth als Bauer und Martin Schiffer (ebenfalls Slow Food Mitglied) als handwerklicher Bäcker und Besitzer einer größeren Bäckerei in Würzburg. Als Kunde kauft er den Löwenanteil des Mohns wie auch anderer kleinschroth’scher Spezialitäten und Raritäten. Da wäre der Populations-Roggen zu nennen, ein – und schon das ist ungewöhnlich – samenfester Roggen ohne (giftiges) Mutterkorn, aus dessen Ernte der Bauer wieder das Saatgut fürs kommende Jahr abzweigt; für Bäcker Schiffer sind die besonderen Eigenschaften des Roggens zum guten Aufbau des Natursauerteiges wichtig.
      Auch die Jahrhunderte alten Weizensorten Schwarzemmer sowie Rot- und Gelbweizen sind samenfest. Bauer Kleinschroth baut diese an (und ist weit und breit der einzige) und – nach altem Bauernrecht - mit dem aus der Ernte abgezweigten Saatgut auch nach; Bäcker Schiffer ist sein Hauptabnehmer und – durch seine schonend mahlende Zentrifugalmühle - zugleich auch der Müller für diese Sorten.

Bewahrer alter Landsorten und Erfahrungen
Mit dem Nachbau der alten Sorten können daraus mit den Jahren sogar Hofsorten werden, angepasst den speziellen Bedingungen der Landschaft südlich Würzburgs. Der Roggen und der Emmer wachsen so schnell hoch, dass sie dadurch das Unkraut unterdrücken. Darüber hinaus sind diese alten Sorten nicht so empfindlich wie viele moderne Weizensorten und benötigen deshalb kaum Dünger und Pflanzenschutz, zumal Kleinschroth nach dem klassischen Fruchtwechselprinzip seine Äcker bestellt: nur alle vier Jahre wächst dieselbe Frucht wieder auf dem gleichen Acker.
Winterweizen, Gerste, Mais und Zuckerrüben sind traditionelle Ackerfrüchte in dieser Region und Helmut Kleinschroth baut sie ebenfalls an. Freilich auf ganz eine Art, die ganz fortschrittlich erscheint, aber ihr Vorbild bei indigenen Völkern hat: sich stützende Pflanzengemeinschaften – Kooperation ist eben wesentlich nachhaltiger als Konkurrenz. So sät er Gerste zusammen mit Erbsen und Mais mit Bohnen. Für diese ist der Mais die Kletterstange, die Erbsen hingegen sind der Gerste ein Stützkorsett, das auch noch Unkraut niederhält. Außerdem bringen die Hülsenfrüchte reichlich ohne menschliches Zutun auf natürliche Weise Stickstoff in den Boden, was mächtig Kunstdünger erspart und zudem auch Pflanzenschutzmittel – ein großes Plus für die Umwelt!. Zugleich verbessert der Bauer seine Position im Marktgeschehen, weil er die Ernten für allerlei Zwecke verkaufen kann: als Lebensmittel, als Futtermittel oder als Energierohstoff. Eine für heutige Bauern seltene Wahlfreiheit.

Vielseitig diversifiziert
Doch Kleinschroth ist das noch nicht vielseitig genug. So hat er Streuobstwiesen mit alten Apfelsorten, darunter sogar ein Passagier der Arche des Geschmacks®, die zu Saft und Alkohol verarbeitet werden. Neu ist der Aufbau von Beerenobstanlagen. Und so ist auch seine Kundschaft vielfältig: Privatkunden z.B. fürs Ochsenfleisch, das Geflügel, die Eier und die Mehle (mit dem bald fertigen Hofladen wird diese Vermarktungslinie noch zunehmen), professionelle Lebensmittelerzeuger wie z.B. Bäcker, die Zuckerfabrik oder – für Rotweizen -sogar eine Brauerei, die direkt beliefert werden.
     Helmut Kleinschroth ist ein wahrhaft unkonventioneller Bauer. Und im besten Sinne modern, gerade weil er Bewährtes nutzt, mit klugem Marketing verbindet und Natur schonend arbeitet.

Bauernhof Helmut Kleinschroth, Dorfstr. 18, 97234 Reichenberg-Fuchsstadt, Tel: 09333-561

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