30.11.2013 - Weihnachtsmenü
Weihnachtsmenü - 30. November 2013
Einige Jahre lang, bis 2007, gab es im Convivium kurz vor Weihnachten eine Veranstaltung, bei der Mitglieder für Mitglieder kochten. Leider war der Kreis derer, die kommen und vielleicht sogar etwas beitragen mochten immer geringer geworden. So entstand die Idee, es Weihnachten 2008 einmal mit einem Kochseminar zu diesem Thema zu versuchen. Seitdem gab es nun schon zum 6. Male diese Veranstaltung. In diesem Jahr fand sie bewusst früh, Ende November, statt, weil der Zeitdruck für viele bis Mitte Dezember weiter zunimmt.
Kaum etwas hat sich geändert an dem, was auch schon im Bericht vom damaligen Weihnachtsmenü stand: Wolfgang Hack hatte ein Menü zusammengestellt, das traditionelle Zutaten teilweise in neue Zusammenhänge stellte und bei dem es vor allem auch um Perfektion in der Zubereitung und Würzung gehen sollte. Die Rezepte sollten sicher nachvollziehbar und auch ein wenig abwandelbar sein. Mindestens genauso wichtig war aber das Erlebnis gemeinsamen Zubereitens und Genießens.
Was sich weiterentwickelt hat: Nicht wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind fast jedes Mal dabei gewesen und sind begeisterte und routinierte Hobby-Köche. Auch Wolfgang Hack war nicht untätig: Mehr als drei Dutzend Kochseminare (nicht nur bei Slow Food) hat er in dieser Zeit ausgearbeitet und die eigene Fortbildung intensiv betrieben.
Die Nachfrage war so groß, dass wir die Maximalzahl ein wenig gestreckt haben. Leider konnten trotzdem nicht alle Interessenten teilnehmen. Auch das "Esszimmer" neben der Lehrküche, in dem wir die Früchte unserer Arbeit genossen, stieß an seine Grenzen. Andererseits können bei so vielen Teilnehmenden auch Aufgaben parallel bearbeitet werden. Und genug zu tun gab es: Ein Menü mit vier Gängen aus insgesamt 51 Zutaten sollte entstehen. Dazu hatte uns - wie viele Male zuvor - Martin Wurzer-Berger sehr gut passende Weine ausgesucht.
Natürlich diktieren die Garzeiten und Gefrierzeiten bei einem solchen Menü die Reihenfolge der Bearbeitung, es gab also einen sehr detaillierten Arbeitsplan, nach dem meistens drei Gruppen parallel beschäftigt waren.
Die Vorspeise bestand in Lachsforellenfilets, die zusammen mit einer Zanderfarce in Kräutercrêpes eingerollt zu einer niedrigen Kerntemperatur geführt wurden. Etwas Feldsalat mit einem leichten Dressing begleitete die Rollen auf dem Teller.
Es schloss sich eine Suppe an, ein Borschtsch vom Hähnchen. Das Traditionsgericht der russischen und ukrainischen Küchen (auch in anderen Ländern, selbst früher in Ostpreußen bekannt) wird meist mit Fleisch von Vierbeinern zubereitet und ist oft eine kräftige Suppe mit Eintopfcharakter, immer mit roten Beten und verschiedenen anderen Gemüsen, immer mit saurer Sahne dekoriert. In einem mehrgängigen Menü hätte das zuviel beigetragen. Bei uns entstand eine Suppe auf der Basis einer starken Hühnerbrühe mit Hähnchenfleisch und den typischen Gemüsen, jedoch insgesamt leichter. Die roten Bete wurden hier als Würfelchen getrennt in einer Pfanne geschwenkt und spät zugegeben, so dass nicht gleich eine "rote Brühe" entstand. Obenauf gab es einen Klecks Crème Fraîche (leichter als der russische "Smetana") und ein paar Tropfen eines selbst gemachten Würzöls mit Knoblauch und Dill.
Der Hauptdarsteller im nächsten Gang war der Damwildrücken. Der war in erstklassiger Qualität über einen persönlich bekannten Jäger beschafft worden. Nach kurzem Anbraten kamen die Rückenstücke bei etwa 100 Grad in den Backofen, bis "nach Gefühl" der gewünschte Gargrad erreicht war. In dieser Weise kann jeder die Zubereitung zu Hause nachvollziehen. (Anmerkung: Mit moderneren Küchentechniken wie Vakuumieren des Fleisches, Garen im 60-Grad-Wasserbad und zum Schluss anbraten kann zuverlässig und ohne allzu große Zeitgenauigkeit ein optimales Ergebnis erreicht werden, allerdings steht diese Technik nicht jedem zu Hause zur Verfügung.) Begleitet wurde unser Fleisch von "Badischen Bubespitzle" (Schupfnudeln aus Kartoffel-Mehl-Teig) und von Grünkohl, der kurz gegart und ohne deftige Würzung und Fettzugabe (die bei Vereinsgrünkohlessen üblich ist) gut passte. Dazu kam noch ein wenig karamellisierte Nuss auf den Grünkohl, etwas Mehl von Rauchmandeln auf das Fleisch. Nebenbei war aus den Rückenknochen und Röstgemüsen noch eine charakteristische Wildsauce entstanden.
Beim Dessert war die Vorüberlegung: Welche Produkte haben zu dieser Jahreszeit die beste Qualität? Heimische Früchte wären da Quitte (vor kurzem), Mispel (genau jetzt), Schlehe und Sanddorn. Nicht heimisch, aber jetzt bei uns in bester Qualität sind Zitrusfrüchte erhältlich. So kam es zur Entscheidung für drei Komponenten im Dessert: Zitrusfrüchte mit etwas Grenadine und einem Hydrokolloid für eine sehr schnelle Sauce, andere Zitrusfrüchte mit bitter-süßen Nuancen zu einem Bitterorangen-Parfait, als Drittes ein Soufflé von Mispel und Banane, die sich sehr gut ergänzen. Diese Kombination von Parfait und Soufflé klingt vielleicht nicht gleich plausibel; die Sauce war jedenfalls geeignet, die beiden zu verbinden.
An einem solchen Abend kann man glücklich sein, wenn alles so schmeckt und klappt,
wenn das Soufflé "nicht weiß", dass andere Soufflés gern zusammenfallen;
und wenn nach reichlich Arbeit auch gegen 24 Uhr noch alle im Gespräch und vor ihrem Wein sitzen, dann kann Weihnachten kommen.
(Wolfgang Hack)