Schließung Schlachthof Kassel im Januar 2019
Stellungnahme des Fördervereins Nordhessische Ahle Wurscht e. V.
Die drohende Insolvenz des Schlachthofes in Kassel ist seit einigen Monaten bekannt, die Zeit für eine Rettung des Betriebes wird immer knapper. Unmittelbar betroffen von der drohenden Schließung sind auch einige Mitgliedsbetriebe des Fördervereins Nordhessische Ahle Wurscht, mittelbar betroffen von der immer geringe
ren Anzahl an Schlachtstätten sind alle regional verwurzelten Metzger in Nordhessen. Der Vorstand des Vereins „Nordhessische Ahle Wurst e.V.“ hat sich deshalb mit einer Stellungnahme an die Verantwortlichen in Wirtschaftsverbänden, Politik und Verwaltung in der Region gewandt, die folgenden Inhalt hat: Eine Ausstattung unserer Region mit einem Netz von überbetrieblichen Schlachtstätten ist aus mehreren Gründen nicht nur für die einzelnen Handwerksbetriebe von Interesse: Eigene Schlachtstätten sind den Metzgerbetrieben in der Stadt Kassel schon seit etwa 1880 aus gutem Grund verboten. Immer höhere EU-Anforderungen haben die eigene Schlachtung für viele Betriebe in allen Landkreisen Nordhessens unwirtschaftlich werden lassen. Die Wahrung von Umwelt- und Hygieneanforderungen kann in einer größeren und besser ausgestatteten Schlachtstätte besser und effizienter umgesetzt werden als im Kleinbetrieb. Handwerklich hergestellte Fleisch- und Wurstwaren lassen sich nur dann qualitativ von Warenangeboten der großen Lebensmittelketten abheben, wenn es eine Vermarktungskette vom Landwirt in der Region über die regionale Schlachtung zum Handwerksbetrieb am Ort gibt. Metzger müssen die Möglichkeit haben, Tiere entsprechend ihrer Qualitätsansprüche direkt bei Landwirt zu erwerben und regional schlachten zu lassen. Kurze Transportwege vom Bauernhof zur Schlachtstätte sind ein wesentlicher Aspekt des Tierwohls. Verbraucher legen glücklicherweise zunehmend Wert auf Achtung von Tierwohlaspekten. Das kulinarische Premiumprodukt der Nordhessen – die Ahle Wurscht – ist in Ihrer traditionellen Herstellung zwingend auf die schlachtwarme oder schlachtfrische Verarbeitung angewiesen und damit auf kurze Wege zwischen Schlachtstätte und weiterverarbeitendem Betrieb. Wichtiger Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung sollte der Verbund an Tourismus, Gastronomie, Lebensmittelhandwerk und Landwirtschaft sein. Nur wenn hier die Zusammenarbeit funktioniert, wenn alle Bestandteile der Wertschöpfungskette regional vorhanden sind, können wir eine landschaftlich attraktive Region, eine kulinarische Tradition und eine hohe Aufenthaltsqualität für Einwohner und Gäste anbieten. Über die fleischverarbeitenden Betriebe und die Innungen hinaus müssen sich unseres Erachtens auch die politischen Gremien in Stadt und Landkreis Kassel, das Regierungspräsidium und das Regionalmanagement für die Erhaltung eines nordhessischen Netzwerkes an Schlachtstätten engagieren, dies gilt nicht nur für den jetzt akut bedrohten Schlachthof in Kassel. Die Erwartung an die Politik gehen dabei nicht in Richtung einer dauerhaften Subventionierung der Schlachtstätten. Vielmehr geht es um eine Ausgestaltung der Rahmenbedingungen, die finanzierbar ist, um ein Zusammenbringen und fachlichen Beistand für das Zusammenfinden der einzelnen Betriebe, die ohne diese Unterstützung nur schwer eine funktionierende Lösung finden können und möglicherweise um Zwischenfinanzierungen bis zur Umsetzung neuer wirtschaftlicher Lösungen. Zu den Rahmenbedingungen gehören insbesondere die Anforderungen der Veterinärämter an die Betriebe, die in den einzelnen Ämtern sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Hier gibt es offensichtlich große Auslegungsspielräume für die einzelnen Fachkräfte, die zu sehr unterschiedlich hohen Nachrüstungsanforderungen in den Betrieben führen. Hier eine „nordhessische Lösung“ zu finden, die Wahrung der gesetzlichen Vorgaben und Lebensmittelsicherheit auf wirtschaftlich verkraftbarem Niveau bietet, wäre ein wichtiger Beitrag der steuernden Ebenen – nicht nur für den Kasseler Schlachthof. Bitte unterstützen Sie nach Ihren Möglichkeiten den Erhalt des Schlachthofes Kassel bzw. die Schaffung eines effizienten Nachfolgebetriebes und insgesamt die Erhaltung einer hinreichenden Anzahl von Schlachtstätten in der Region Nordhessen.
Matthias Pflüger
Erster Vorsitzender
Förderverein Nordhessische Ahle Wurscht e. V.