Mustergeflügelhof Leonhard Häde
Seit 1927 züchtet Familie Häde in Alheim-Heinebach Hühner. Heute wird der Mustergeflügelhof von Leonhard Häde und seinem Sohn Fabian geführt. Seit 1975 werden Bio-Eier erzeugt, die seitdem über die Firma Heirler in Reformhäusern verkauft werden. Die Handelskette Tegut ist inzwischen als Abnehmer dazu gekommen, außerdem werden unter der Eigenmarke Sonnenei in vielen Lebensmittelmärkten der Region die Bio-Eier vermarktet. Hädes halten in 12 Ställen, die auf 20 ha Landfläche verteilt sind, etwa 35.000 Bio-Freiland Legehennen. Drei weitere Biobauern in der näheren Umgebung vermarkten gemeinsam mit Familie Häde ihre Produkte. Der Betrieb ist Naturland-zertifiziert, das Flächenangebot im Stall liegt im Durchschnitt bei ca. 4 Hennen pro qm Stallfläche deutlich über den Anforderungen von den Bioverbänden, die bis zu 12 Hennen pro qm erlauben.
Futtergetreide wird von Biobauern aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg und den Nachbarkreisen Schwalm-Eder und Kassel erzeugt. Durch feste Kooperationen bleibt der Kreislaufgedanke gewahrt, d.h. die Landwirte bekommen den Hühnertrockenkot als wertvollen Dünger und eine Abnahmegarantie für ihr Getreide. Ein Teil der Feldfrüchte geht direkt zur Futtermühle, und ein Teil direkt auf den Hof auf dem dann die Futtermischungen wöchentlich frisch geschrotet und gemischt werden.
Der Mustergeflügelhof ist in die starken Klimaschutzaktivitäten der Gemeinde Alheim gut integriert: Strom wird in der eigenen Solaranlage weitest möglich selbst produziert und neuerdings auch gespeichert um Überkapazitäten von Sonnenstrom nachts zu nutzen. Die Wärmeversorgung der Ställe wird über die Abwärme der nahegelegenen Biogasanlage gemanagt. Wenn die Sonne mal nicht scheint, wird auf Öko-Strom aus dem Netz zurückgegriffen, so dass kein zusätzliches Gramm CO2 bei der Produktion der Bio-Eier erzeugt wird.
Mit zwei Dingen ist insbesondere Juniorchef Fabian Häde noch sehr unzufrieden: Wie alle größeren Bio-Ei-Produzenten leben auch in ihrem Betrieb Hybridhühner , die als Küken von Bio-Brütereien geliefert werden. Die männlichen Küken werden auch im Bio-Bereich aussortiert und getötet. Die alten Zweinutzungsrassen wurden in den letzten Jahrzehnten züchterisch so vernachlässigt, dass ihre Lege- bzw. Mastleistung unter heutigen Marktbedingungen nicht wirtschaftlich ist. Unzufrieden sind Hädes auch damit, dass die Hühner am Ende der Legeperiode nicht ordentlich als Suppenhühner verkauft werden können. Leider stellen nur noch wenige Haushalte die eigene Hühnerbrühe her. So wird ein Großteil der Hühner für Centbeträge an Betriebe verkauft, die daraus Tierfutter oder problematische Produkte für den afrikanischen Markt herstellen.
Fabian Häde hat deshalb versuchsweise das Projekt Zweinutzungshuhn gestartet: In einem Stall werden 1.800 Hühner und Hähne gehalten, die aus den alten Rassen Les Bleues und New Hampshire gekreuzt werden. Die Hähne werden nach Marktlage nach und nach weggeschlachtet, die Hühnereier werden separat als Eier vom Zweinutzungshuhn vermarktet, auch für die Suppenhühner gibt es im überschaubaren Umfang Kunden, die einen angemessenen Preis dafür zahlen. Das Projekt zeigt, dass noch einige Jahre Züchtungsarbeit erforderlich sind. Nicht nur die Legeleistung soll gesteigert werden. Problem ist auch, dass die Eier recht groß sind und dadurch bedingt sehr zerbrechlich sind. Sie passen schlecht in die üblichen Verpackungskartons. Solche Rückmeldungen benötigen die Bio-Zuchtbetriebe, um ihre Bemühungen zum marktfähigen Zweinutzungshuhn weiter führen zu können.
Für die bessere Vermarktung der Bio-Suppenhühner haben Hädes gemeinsam mit anderen Bio-Hühnerhaltern eine Genossenschaft und die Marke „Bickus“ gegründet, die die Hühner zu hochwertigen Endprodukten verarbeitet. Neben dem klassischen Suppenhuhn gibt es Hühnerbrust sous-vide-gegart und Fertigsaucen in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Weitere Produkte wie Hühnerfond und Brühe mit Suppenfleisch sind in Planung. Die Vermarktung von Convenience-Produkten gehört nicht gerade zu den Zielen von Slow Food – vertrackt wird es, wenn die von uns hoch geschätzten Rohprodukte wie Suppenhühner von zu wenig Menschen gekauft und deshalb entsorgt werden. Da stehen noch spannende Diskussionen und Entwicklungen an: Wenn wir schon nicht von allen Leuten das grundständige Kochen erwarten können – was sind dann in unserem Sinne gute, sauber und faire Fertigprodukte?