Essbares fränkisches Elfenbein
Zu einer wahrhaft majestätischen Veranstaltung trafen wir uns am 09.05.2009 in Buch, im Nürnberger Knoblauchsland. Wir hatten dort eine Audienz bei König Spargel und Königin Eva.
Ein sympathischer und gut gelaunter „Spargel-Hans“ (das ist nicht despektierlich gemeint!), der so gar nicht das Bild eines wortkargen fränkischen Bauern widerspiegelte, sondern das eines engagierten und vielseitig interessierten Menschen, empfing uns im Eingangsbereich seines Hofes. Wir erfuhren dort gleich einiges zur Geschichte des Betriebes, zu den Höhen und Tiefen eines qualitätsorientierten Produzenten und seiner Abhängigkeit von Großabnehmern. Während er früher auf Karotten spezialisiert war und durch die unvorhersehbare Firmenpolitik eines Abnehmers beinahe in den Ruin getrieben worden wäre, werden jetzt hauptsächlich Radieschen angebaut und überwiegend an EDEKA geliefert.
Zweites Standbein ist der Ab-Hof-Verkauf - auch anderer Gemüsesorten (aktuell natürlich ausgezeichneter Spargel), so wie Wein eines Verwandten aus Rheinhessen. Auf dem Hof findet sich sogar noch ein kleines Markthaus (das war früher übrigens so üblich), wo man die erntefrischen Produkte vor Ort erwerben kann. Hier daher gleich für alle, die gerne bei regionalen Produzenten einkaufen: Hans Höfler, Baststr. 14, Nürnberg Buch, Tel.: 0911/381294.
Wir begannen anschließend einen kleinen Rundgang über den Hof und schauten den fleißigen Saisonarbeitern über die Schultern, als sie Unmengen frisch vom Feld kommender Radieschen mit flinken Händen bündelten und in speziellen Klappboxen auf Paletten zur Auslieferung vorbereiteten. Amüsiert haben wir uns alle sehr über den „Whirlpool“, in welchem die roten Knollen vorher wie bunte Bälle im Wasser hüpften. Sie durften dort noch ein Entspannungsbad nehmen, bevor sie ihre anstrengende Reise auf dem LKW antraten – Quatsch: Sie wurden darin natürlich sehr schonend gewaschen. Mancher von uns kam bei diesem Anblick auf die Idee, in Zukunft sein Gemüse mit in die Badewanne zu nehmen...
Nach diesem spritzigen Vergnügen durften wir Frau Höfler und Schwiegertochter beim Duschen und Waschen zusehen... aber ... um jetzt irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen: Die erste Audienz bei König Spargel stand an und er wurde vor unseren Augen in einer „Spargelwaschstraße“ gesäubert und gleich etwas zurechtgestutzt (auf 22 cm). Man benötigt schon viel Übung und ein schnelles Auge, um die knackfrischen Stangen nach dem Waschen je nach Dicke gleich in die richtigen Boxen zu sortieren. Also auch hier ist viel anstrengende Handarbeit angesagt und es wurde wieder deutlich, dass Qualität ihren Preis haben muss!
(Gut! Sauber! Fair!)
Ja, und dann hörten wir ganz viele interessante Geschichten zum Thema Spargel: Zum Beispiel vom „Donauspargel“, der oft bei uns verkauft wird (natürlich ohne den Hinweis, dass die Donau sehr lang ist und dieser daher nicht aus Deutschland sondern aus Ungarn kommt). Wir erhielten Tipps zur Lagerung, zum Einkauf und zum Schälen. Wenn Ihnen z.B. Spargel angeboten wird, bei dem alle Stangen kürzer als 22 cm sind, dann wurde dieser mindestens schon einmal verkürzt, um wieder den Anschein eines frischen, saftigen Anschnitts zu haben. In Wahrheit ist solcher Spargel ab sicher schon älter und damit qualitativ deutlich schlechter (je älter bzw. überlagerter der Spargel, desto bitterer wird er).
Wir bekamen eine derartige Fülle an interessanten Informationen, dass ich diese gar nicht alle aufschreiben kann. Deshalb hier noch ein Hinweis: Bei Wikipedia findet sich ein recht guter Artikel mit weiterführenden Links!
Vom Hof ging's dann zum Feld und wir begaben uns auf Spargelsuche. Endlich wissen wir, wie man ihn findet und wie er gestochen wird (was für eine Knochenarbeit) – aber dieses Geheimnis behalte ich für mich...
Mit Informationen reichlich gesättigt, riefen die besonders Hungrigen unter uns, man möge den Spargel nun in Ruhe wachsen und seine bereits gestochenen Triebe endlich in unseren Mündern verschwinden lassen. Hurtig begaben wir uns daher zum Gasthof Bammes zur nächsten Audienz: Ihre Hoheit, Eva Boss, die fränkische Spargelkönigin, wartete bereits auf uns.
Ich hatte das angenehme Vergnügen, an ihrer Seite Platz nehmen zu dürfen, um freudig festzustellen, dass es sich um keine ältliche Queen mit überdimensionalem Hut in Form einer Pferderennbahn oder eines Blumenbeetes handelte, sondern um eine anmutige junge Dame, die klug, sympathisch und charmant des Spargels würdige Repräsentatin darstellte...
So, und bevor der Artikel noch länger wird, muss ich ihn jetzt abstechen, der Rest wird ganz schnell erzählt: Wir haben alle sehr guten Spargel gegessen, uns ebenso gut unterhalten und jeder von uns durfte zum Abschluss noch einen Spankorb voll mit erntefrischem Höfler'schen-Spargel und ebensolchen Radieschen mitnehmen. Das Wochenendessen war gesichert!
Ein ganz herzliches Dankeschön an unseren „Zeremonienmeister“ Hans Höfler, er hat das wirklich toll gemacht! Ebenfalls Danke an Ihre Hoheit Eva, die sich trotz vieler Termine (Studium an der WiSo Nürnberg und Mithilfe auf dem elterlichen Hof) Zeit für uns genommen hat. Dies war wieder einmal eine Veranstaltung ganz im Sinne von Slow Food. Regionalität pur (und ich werde die restliche Spargelsaison noch umfassend nutzen, um die interessanten Spargelrezepte nachzukochen, die wir als Faltblatt im Hofladen mitgenommen haben).
peter schubert / Bilder: Monika Tremel